Mit Kleidern aus der Badewanne

Das Vereinsleben innerhalb der Verbandsgemeinde Kell am See ist rege und belebt die Region durch die Bereicherung der heimischen Kultur-Szene immer wieder aufs Neue. Heute stellt sich der Gesangverein "Lyra" Zerf vor.

 Eine eingeschworene Truppe: Der Gesangverein „Lyra“ Zerf. TV-Foto: Hans Muth

Eine eingeschworene Truppe: Der Gesangverein „Lyra“ Zerf. TV-Foto: Hans Muth

Zerf. "Am guten Alten in Treue halten." So lautet der Wahlspruch des Gesangvereins Lyra 1911 Zerf-Hochwald e.V., der nun seit 96 Jahren besteht. Als gemischter Chor gehören der Lyra 22 aktive Mitglieder an, die regelmäßig bei den Chorproben und zu Auftritten bei Festveranstaltungen in Zerf und Umgebung zur Verfügung stehen. Doch der Verein hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden Kurt Bierbrauer blickt der TV auf die Anfänge.Zur Zeit der Gründung des Musikvereins gab es weder Radio noch Fernsehen. Die Sänger saßen nach getaner Arbeit in geselliger Nachbarschaft zusammen und sangen die beliebtesten Volkslieder aus dieser Zeit.Nachwuchssorgen plagten den Verein

"Aus der Liebe zum Gesang haben sich zehn Männer der Gemeinde, die damals noch Amtssitz war, zusammengesetzt und gründeten im damaligen Gasthaus Becker einen Männergesangverein", erzählt Bierbrauer. Erst zwei Jahre später war es den Anhängern der Gruppe möglich, als inaktive Mitglieder aufgenommen zu werden, wie die Chronik des Vereins belegt. Während der Kriegsjahre 1914 bis 1918 ruhte der Verein und wurde 1919 reaktiviert. Zu Gegenbesuchen anderer Vereine gingen die Zerfer zu Fuß. War der Weg zu weit, fuhren die Sänger mit Pferdekutschen oder mit Lastwagen, auf die sie Bänke gestellt hatten. "Nicht selten passierte es, dass sie auf dem Rückweg in einer Wirtschaft eine Pause einlegten und die Vereinsmitglieder erst am frühen Morgen nach Hause kamen", erzählt der Chronist weiter. Doch Gesang und auch die Proben wurden sehr ernst genomen. "Jeder Sänger, der in der Gesangsstunde fehlte, musste fünf Mark als Strafe zahlen. Für damalige Verhältnisse ein horrender Betrag." Nachdem während des 2. Weltkriegs das Vereinsleben bis 1948 ruhte, wurde 1955 die Fahnenweihe mit einem großen Fest gefeiert. Auch karnevalistisch waren die Sänger aktiv und gründeten 1956 den Karnevalsverein "Lachende Bütt", den es heute jedoch nicht mehr gibt. Auch Nachwuchssorgen plagten den Verein, der sich aus diesem Grund 1957 zu einem gemischten Chor wandelte. Bierbrauer, der mehrfach das Amt des Vorsitzenden hatte, erinnert sich an die Feier zum 60-jährigen Bestehen. "Es war ein extrem heißer Sommer. Es war so heiß, dass der Aufenthalt im Festzelt einem Saunabesuch gleich ´wurde. Nur für zwei Damen, die für die Nachmittagszeit am Stand im Zelt eingeteilt waren, waren die Temperaturen erträglich. Sie hatten ihre Kleider vorher in der Badewanne gewässert und nass angezogen." Manche Auftritte bleiben in den Erinnerungen an vorderster Stelle. "Wir hatten viele schöne Zeiten und waren zeitweise richtig gut", erinnert sich Bierbrauer. "Bei der Grundsteinlegung der neuen Schule 1966 veranstaltete der Gesangverein ein großes Chorkonzert mit Heribert Steinbach, damals Tenor der badischen Staatsoper und Mitglied des Gesangvereins Zerf. Ein unvergessenes Erlebnis." 1988 wurde der gemischte Chor aufgelöst und wechselte in einen Männerchor, um 2002 wieder zu einem gemischten Chor zu werden. Bis zum heutigen Tage ist der Gesangverein, der bisher sieben Vorsitzende und neun Chorleiter hatte, mit federführnd bei den "Tagen der Hirschbrunft", beteiligt sich mit Auftritten bei Festen der Zerfer und der Nachbarvereine sowie bei den Karnevalsumzügen. Außerdem singt der Verein unter der Leitung von Edmund Hecktor bei Jubiläen, beim Seniorentag, Weihnachtsmarkt und bei den Gedenkfeiern für die Toten und Gefallenen. Somit erfüllt er seine Aufgabe, die in der Satzung mit Pflege und Förderung des Chorgesangs beschrieben ist.

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