Mit Mützen, Strümpfen und Schals die Not von Menschen lindern

Hermeskeil · Gerlinde Hoegen ist in Sachen Ehrenamt kaum mehr zu bremsen. Bei der Hermeskeiler Tafel packt sie ebenso mit an wie bei Migranten-Treffpunkten wie dem Café International, und auch im Trierer Asylbewerberheim kennt sie sich bestens aus.

 Glücklicherweise ist die Diele des Hauses groß. Denn bei Gerlinde Hoegen stapeln sich immer öfter Kartons mit Kleidung, Decken und Spielsachen für das Trierer Asylbewerberheim. TV-Foto: Ursula Schmieder

Glücklicherweise ist die Diele des Hauses groß. Denn bei Gerlinde Hoegen stapeln sich immer öfter Kartons mit Kleidung, Decken und Spielsachen für das Trierer Asylbewerberheim. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hermeskeil. Binnen weniger Jahre hat sich ihr Leben gehörig verändert. Oberflächlich betrachtet läuft alles wie gewohnt bei Gerlinde Hoegen, Hausfrau und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Wären da nicht Einladungen von Ministerpräsidentin Malu Dreyer oder Bundespräsident Joachim Gauck. Erhalten hat sie diese wegen ihres ehrenamtlichen Engagements, das sie seit drei Jahren auch immer wieder ins Trierer Asylbewerberheim führt.
In der rheinland-pfälzischen Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende gibt sie etwa alle zwei Wochen Decken, Kleidung oder auch Spielsachen ab. Die Besuche sind ihr ein Anliegen, seit sie von der großen Not der dort lebenden Menschen erfuhr. Nebenbei packt die 55-Jährige in der Hermeskeiler Tafel mit an und steht Migranten ebenso mit Rat und Tat zur Seite wie hilfsbedürftigen Frauen oder Bewohnern von Mutter-Kind-Häusern. Sie begleitet sie zu Ämtern, Job-Center, Familienberatung oder Ärzten und hilft, Hausrat, Möbel oder auch mal eine Wohnung zu beschaffen. Auch beim Café International für Neubürger hilft die ausgebildete Altenpflegerin ehrenamtlich mit - ebenso wie bei dem demnächst im Johanneshaus öffnenden Migranten-Café.
All das hätte sie sich noch vor wenigen Jahren kaum vorstellen können. Zumal Hoegen kein Vereinsmensch ist. Ortsvereine konnten sie bisher nicht locken, und auch zu den Keller Strickfrauen fand sie eher zufällig. Denn gestrickt hatte sie zuletzt als junges Mädchen, weshalb eine der Älteren sie auch anlernen musste. Schwester Anna-Gertraud zuliebe schloss sie sich der seit 1971 aktiven ehemaligen "Missions-Strickrunde" an. Die Ordensgemeinschaft des Heiligen Franz von Sales lebt inzwischen in Österreich, hat aber in Kell Spuren hinterlassen, im Kindergarten wie in der Dorfgemeinschaft. Als sich ihr Abschied aus dem Hochwald abzeichnete, waren sie froh, die Leitung des Strickkreises Hoegen anvertrauen zu können.
Seit Mai 2011 leitet sie die Gruppe, die der örtlichen Kolpingsfamilie angeschlossen ist, organisiert Feste und führt eine Art Chronik fort (siehe Extra). Die derzeit etwa 50 Strickfrauen rangieren bei der gebürtigen Bescheiderin an erster Stelle. "Da hänge ich mit Leib und Seele dran", freut sie sich auf das erste Treffen nach der Sommerpause am 26. September - wie immer an einem Freitag, 14 bis 17 Uhr im ehemaligen Schwesternheim.
Etwa die Hälfte der Frauen, darunter vier 89-Jährige sowie Aktive aus Mandern, Luxemburg und Belgien, stricken zu Hause. Die Handarbeiten werden bei jährlich ein oder zwei Basaren - nächster Termin: Freitag, 3. Oktober - verkauft oder direkt an Bedürftige gegeben. Ursprünglich übernahmen das Missionsschwestern, später der Malteserhilfsdienst in Osteuropa. Als das nicht mehr möglich war, schauten sich die Strickfrauen nach anderen Abnehmern um, die sie dank privater Spender mit gebrauchter Kleidung und Spielsachen versorgen. Für Hoegen fügte sich mit der Zeit eines zum anderen. Über ihr Engagement für den Strickkreis lernte sie andere Menschen und Initiativen kennen und erfuhr, wo Hilfe nötig ist. Nach und nach übernahm sie weitere Aufgaben, von denen ihr keine zu viel ist: "Ich kann mir das ja einteilen", sieht sie ihr Engagement, für das sie fast täglich unterwegs ist, gelassen. urs
Extra

Für die Strickgemeinschaft Kell führt Gerlinde Hoegen eine von den Schwestern angelegte Liste der über die Jahre gefertigten Artikel fort. In der Stricksaison 2013/2014 bisher: 672 Mützen, 665 Strümpfe plus 372 Ministrümpfe für Geschenkkarten, 332 Schals, 129 Decken, 103 Pullover sowie Babysachen, Frühchendecken, Hütchen, Handytaschen, Pulswärmer, Halsketten, Bettschuhe, Bommeln, drei Stulpen und eine Strickpuppe. Am Ende der Saison addiert sie die Zahlen mit denen einer Liste der seit 1971 gefertigten Artikel - darunter auch Lepra-Binden oder Osterhasen. Spitzenreiter sind Mützen, bis Ende der vorigen Saison 8645, sowie 7545 Pullover oder 6385 Decken. urs

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