Mit Rosenkranz, Mäßchen und Schuh

Schillingen · Was zu Beginn anmutet wie die Losziehung bei einer Tombola, stellt sich schließlich als ernsthafte Holzverteilung im Wald heraus. Am Beispiel der Gehöferschaft Schillingen berichtet der TV über ein traditionsreiches altes Ritual.

Schillingen. Gehöferschaften sind Gemeinschaften aus einer Vielzahl von Personen, die überwiegend forstwirtschaftliche Flächen, teilweise auch landwirtschaftliche Flächen, gemeinschaftlich nach ideellen Anteilen besitzen. So weit die Definition. Doch das Besondere daran ist, dass man Gehöferschaften in Rheinland-Pfalz nur im Raum Trier, östlich der Saar und südlich der Mosel sowie im angrenzenden Saarland findet, insgesamt 26 an der Zahl mit einer Gesamtfläche von rund 2700 Hektar.
Die Gehöferschaft Jost und Genossen aus Schillingen ist eine von ihnen. Mit ihren rund 80 Mitgliedern verfügt sie über einen Waldbesitz von insgesamt 225,4 Hektar. Jährlich treffen sich die Gehöfer zur Holzteilung in einer Abteilung - gemeint ist damit der Teil des Waldes, der für die Teilung vom Vorstand "festgelegt und abgegangen" wurde. Otmar Mai ist Gehöferschaftsvorsteher und erklärt die Vorgehensweise. "Nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung über den Termin der Holzteilung wird vor Ort zunächst die Anwesenheit der Gehöfer geprüft, denn zum festgelegten Termin muss jeder Gehöfer oder sein Vertreter erscheinen", erklärt Mai.
Zur Grundausrüstung des einzelnen Gehöfers gehören ein Beil oder eine Axt sowie zwei Grenzpfähle mit dem eingezeichneten Gehöferschaft-Zeichen. Das ist das Hauszeichen der Gehöfer, wie es von Generation zu Generation weitergegeben wurde. In diesem Zusammenhang spielt der sogenannte Rosenkranz eine große Rolle. Bei ihm handelt es sich um die Aneinanderreihung der Hauszeichen und der Zuordnungsnummerierungen.
Nummerierte Würfel


"Die Gehöfer werden einzeln aufgerufen und nehmen sich einen nummerierten Würfel aus einem Leinensäckchen. Der Zieher der Nummer eins beginnt mit der eigentlichen Ziehung in der Reihenfolge der Teilungsliste", erklärt Mai weiter. "Die Nummer, die jetzt gezogen wird, ist maßgebend für die Verteilung der Holzstücke. Der Gehöferschaftsvorsteher begibt sich nun an den Anfang des zu teilenden Waldstücks. In der Reihenfolge, die sich aus der Losziehung ergibt, werden die Gehöfer nacheinander aufgerufen und ihnen nach der Anzahl der Mäßchen das Waldstück anteilig zugeteilt." Ein Mäßchen bestimmt dabei eine Breite von 30,48 Zentimetern - auch Schuh genannt, was genau einem Fuß im englischen Einheitensystem entspricht. Wegen der unterschiedlichen Breiten der Anteile der Gehöfer werden mit einer Messlatte, auf der die Mäßchenbreiten gekennzeichnet sind, die einzelnen zuzuteilenden Stücke errechnet und zugewiesen.
Mai erklärt, wie es danach weitergeht: "Der jeweilige Gehöfer muss einen Holzpfahl an den zugewiesenen Stellen einschlagen. Das gleiche Verfahren geschieht daraufhin auf der Rückseite des Waldgrundstücks, worauf wiederum mit der Nummer eins begonnen wird und die einzelnen Stücke in der Reihenfolge der zuvor erfolgten Teilung durch den zweiten Holzpfahl markiert werden. Der Brennholzeinschlag kann sodann beginnen und muss innerhalb eines gewissen Zeitraums erledigt werden."

Extra

In den Forstamtsbereichen Saarburg und Hermeskeil gibt es folgende Gehöferschaften. Forstamt Saarburg: Gehöferschaften Schömerich; Nilles & Genossen (Lampaden); Paschel; Hentern; Oberzerf; Irsch; Ockfen; Blees & Genossen (Mandern); Alten & Genossen (Mandern); Beurig; Jost & Genossen (Schillingen); Krutweiler; Oberemmel; Schoden; Serrig; Taben-Rodt; Göden & Genossen (Heddert); Hermesdorf & Genossen (Ollmuth); Kandel & Genossen (Ollmuth); Meiers & Genossen (Heddert). Forstamt Hermeskeil: Gehöferschaften Gutweiler, Holzerath, Korlingen und Lonzenburg. hm

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