Mit Wut und Verzweiflung

KONZ. Wenn nicht noch etwas Entscheidendes geschieht, steht das Konzer Kuag-Werk vor der Schließung, nachdem der Mutterkonzern Textilwerke Deggendorf (TWD) Insolvenz angemeldet hat. Aber die 169 verbliebenen Mitarbeiter kämpfen weiter – wütend und verzweifelt.

Die Emotionen schlagen hoch. "Man hat uns hingehalten", sagen die Beschäftigten, meist Frauen, am Tor des Textilwerks TWD Kuag. Die Rede ist von "schön abgezockt", "vorsätzlich kaputtgemacht", "verraten und verkauft". "Und schreiben Sie das auch bitte!". In einem Alter, in dem die Arbeitsplätze rar werden, nach oft jahrzehntelanger Zugehörigkeit zum Betrieb stehen sie vielleicht vor der Arbeitslosigkeit - wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Da ballt sich die Wut. Und einiges an Resignation ist auch dabei. Trauer und Zorn im Betriebsratsbüro

Das Mutterunternehmen, die Textilwerke Deggendorf (TWD), hatte vor wenigen Wochen Insolvenz angemeldet (TV vom 5./6. Mai). Davon ist auch die Kuag betroffen. Er sehe keine Zukunft für das Konzer Werk, hatte der Insolvenzverwalter verkündet. Damit freilich wollen sich Betriebsrat und Beschäftigte nicht abfinden. Drinnen im Betriebsratsbüro herrscht eine Mischung aus Trauer, Zorn und Widerstandswillen. Er habe ja viel miterlebt, sagt Franz Zebe, seit 25 Jahren Betriebsratsvorsitzender und 30 Jahre im Betrieb, aber so schlimm wie jetzt sei es nie gewesen. 1700 Mitarbeiter hatte das Unternehmen zu seinen Glanzzeiten in den 60-er Jahren. Die letzten 169 Beschäftigen sind jetzt von der Kündigung bedroht. Und deren Altersdurchschnitt liegt über 50. Aber auch Jüngere sind betroffen. Wie der 39-Jährige, Alleinverdiener in einer Familie mit Frau und vier Kindern. Oder das Ehepaar, 53 und 43 Jahre alt, mit der Aussicht auf den gemeinsamen Gang zur Agentur für Arbeit. Dort äußert man sich nur zurückhaltend zu den Beschäftigungschancen derer, die vielleicht arbeitslos werden. Er benötige jetzt zuerst die konkreten Daten der Arbeitssuchenden, sagt Dieter Reinsbach von der Arbeitsagentur in Saarburg. Zu ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt könne er vorher nichts sagen. Jedenfalls werde die Vermittlung "ein hartes Stück Arbeit". Immerhin bietet die Agentur ausdrücklich alle Hilfe an, damit die Betroffenen ihre Rechte wahren können. Sieht man auf den Tarif, verrichten die Beschäftigten bei der TWD Kuag in Konz Hilfsarbeiten. In Wirklichkeit benötigen sie lange Zeit zur Einarbeitung. "Angelernte Fachkräfte", nennt Franz Zebe sie. Übertragbar auf andere Unternehmen oder gar andere Branchen ist ihr Können kaum. Und der ursprünglich erlernte Beruf liegt weit zurück, oft mehr als 25 Jahre. Jetzt kämpfen sie um den Erhalt des Betriebs und um ihre Arbeitsplätze. Vielleicht gelingt ja doch die Übernahme durch einen Manager. Verhandlungen dazu laufen. Zebe: "Ich bin überzeugt, dass wir schwarze Zahlen schreiben". Überhaupt sind sich alle im Werk sicher: Von allen Betrieben der TWD hat Konz die besten Leute und liefert die höchste Qualität. Eine zaghafte Hoffnung richtet sich auch auf die Politik. Ja, Bürgermeister Manns stehe auf ihrer Seite, heißt es bei der Belegschaft vorm Werkstor. Der zeigt sich gedämpft optimistisch. Das Werk sei nach seiner Überzeugung aus eigener Kraft durchaus lebensfähig, und eine Chance zu weiteren Ansiedlungen auf dem Areal gebe es auch. Die Kommune versuche jedenfalls alles, um das Werk zu erhalten.Die Stilllegung der Kuag ist keine Privatsache

Tatsächlich wäre die Stilllegung des ehemaligen Großbetriebs keine Privatsache. Da wäre nicht irgendeine Fabrik betroffen, sondern ein Stück von Konz. Die Menschen bei der Kuag sind in der Stadt an Mosel und Saar heimisch geworden. "Es geht mir nicht um meinen Job", sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Xhelal Lokaj, "es geht mir um dem Betrieb, um Konz, um Trier-Saarburg". Und angesprochen auf einen Wechsel ins bayerische Werk Deggendorf: "Ich bin schon einmal ausgewandert. Ich habe jetzt hier meine Freunde. Meine Kinder sind in Konz zu Hause. Mit 56 Jahren werde ich nicht ein zweites Mal neu anfangen."

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