Mitarbeiter demonstrieren gegen Entlassungen

Hochscheid/Morbach · Die Belegschaft des Sägewerks Karl Decker in Hochscheid hat beim Besuch der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze protestiert. Die Hälfte der Mitarbeiter soll dort entlassen werden.

 Protestaktion beim Sägewerk Karl Decker: Die Mitarbeiter - hier ein kleiner Teil der Demonstranten - kämpfen im Dezember um ihre Arbeitsplätze.

Protestaktion beim Sägewerk Karl Decker: Die Mitarbeiter - hier ein kleiner Teil der Demonstranten - kämpfen im Dezember um ihre Arbeitsplätze.

Foto: Hannah Schmitt/Archiv

Hochscheid/Morbach. "Kein Holz, keine Arbeit", "Die Politik schaut nur zu" oder "Hartz IV dank Rot-Grün" steht auf großen Schildern, die die Mitarbeiter des Sägewerks Karl Decker am Montagmorgen in die Höhe halten. In ihren leuchtend gelben und orangefarbenen Warnwesten hat sich nahezu die komplette Belegschaft bei Eiseskälte versammelt, um für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren.
Das Unternehmen hat angekündigt, dass die Hälfte der rund 85 Mitarbeiter entlassen werden soll. Der Grund: Es gebe seit langem zu wenig Holz zum Verarbeiten, sagt Geschäftsführer Reijo Ranki. "Und die Aussichten werden noch schlechter." Bereits seit fünf Monaten gibt es im Sägewerk Kurzarbeit. Der geplante Nationalpark spiele bei den derzeitigen Überlegungen aber keine Rolle, betont Ralf Feierabend von der belgischen Fruytier-Gruppe, zu der das Sägewerk gehört.
Mit der Protestaktion wollen die Mitarbeiter auch gegenüber der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken ihrem Unmut Luft machen. Sie ist an diesem Tag zu Besuch in den drei Morbacher Sägewerken - eine Stippvisite, die allerdings schon länger geplant war (siehe Extra). Die Sägewerke hatten sie im Mai eingeladen, sich ein Bild von der Morbacher Holzindustrie zu machen. Karl Dhein, der seit zwei Jahren im Unternehmen ist, sagt: Die Minister hätten ihr Einkommen, was mit den Arbeitnehmern passiere, sei ihnen egal. Dabei stünden viele Existenzen auf dem Spiel. "Wir haben letzten Donnerstag von den geplanten Kündigungen erfahren", erzählt Christiane Jackowski, die seit viereinhalb Jahren im Sägewerk arbeitet. Es fehle am Rundholz, die Preise seien zu hoch. "Direkt vor Weihnachten ist das eine schöne Bescherung!"
Für den Betriebsratsvorsitzenden Karl-Heinz Künster kommen die angekündigten Entlassungen ebenfalls überraschend: "Es ist eine dramatische Entwicklung, die in dem Ausmaß nicht zu erwarten war." Er kündigt an: "Wir werden versuchen, jeden Arbeitsplatz zu retten, der zu retten ist."
Alternativen finden


Ministerin Höfken bedauert die Situation der Mitarbeiter. Es sei schlimm für die Menschen, sagt sie. Die Sägewerke hätten aber in den vergangenen Jahrzehnten Überkapazitäten aufgebaut; die Zahl der Betriebe liege weit über dem Bedarf. Zudem hätte die Sägeindustrie sich nicht auf das langfristig sinkende Nadelholzangebot eingestellt.
Verärgert ist Höfken über Plakate, die die rot-grüne Regierung beschuldigen. Denn: Die Situation der Säger in Hochscheid habe mit aktuellen politischen Entscheidungen nichts zu tun. "Die Leute werden jetzt aufgehetzt und instrumentalisiert." Stattdessen müssten Alternativen gefunden werden, wie es weitergehen könne.
Lösungen zu finden ist auch dem Betriebsratsvorsitzenden Künster wichtig. Und ebenso die Tatsache, dass die Ministerin sich Zeit für ein erstes Gespräch genommen hat. Künster: "Ich habe die Hoffnung, dass es nun weitere Gespräche geben wird, aus denen tragfähige Konzepte entstehen, die Arbeitsplätze sichern."
Bis Ende des Jahres will das Unternehmen Karl Decker die Kündigungen aussprechen. Die Kündigungsfristen lägen bei bis zu sechs Monaten, sagt der Geschäftsführer. Über die genaue Zahl der Entlassungen wird laut Ranki nun mit dem Betriebsrat diskutiert.Extra

Auf Einladung der Morbacher Sägewerke hat die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken vorgestern die Betriebe Karl Decker in Hochscheid sowie Eugen Decker und Elka Holzwerke in Morbach besucht. Hintergrund war laut Karl-Robert Kuntz von den Elka Holzwerken, dass sie die Unternehmen vor Ort kennenlernen sollte. Ein Auslöser sei auch der geplante Nationalpark im Hunsrück gewesen, den die Sägeindustrie ablehnt. Wie die Entwicklung bei den Elka Holzwerken weitergehe, dazu kann Kuntz zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen. Die Planung für 2013 sei noch nicht fertig; es müssten noch Gespräche geführt werden. Von der Firma Eugen Decker in Morbach war für eine Stellungnahme niemand zu erreichen. hsc

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