Müsli-Schwur in der Frittenbude

SAARBURG. "Wir wollen sein ein kernig Volk von Brüdern." Die junge Dame aus dem Orientierungsstufenchor des Gymnasiums Saarburg hatte sich nicht versprochen. Vielmehr hatten sich im Mehrzweckraum der Schule nicht Schillers Eidgenossen versammelt, sondern Fritten und Tomaten. Und die schworen im Musical "Mahlzeit" den originellen Müsli-Schwur.

 Wenn der Apfel mit dem Schokoriegel: Am Ende des Musicals "Mahlzeit" verbrüdern sich Fast-Food und Gemüse.Foto: Peter Hacker

Wenn der Apfel mit dem Schokoriegel: Am Ende des Musicals "Mahlzeit" verbrüdern sich Fast-Food und Gemüse.Foto: Peter Hacker

Die Anspielung auf Friedrich Schillers Drama "Wilhelm Tell" war nicht der einzige gelungene Einfall einer Aufführung, die das Publikum am Ende mit beinahe frenetischem Applaus bedachte. Schon die Geschichte des "Musicals in fünf Portionen" von Mechthild von Schoenebeck war zum Schmunzeln: Schorschi, Besitzer einer Schlemmer-Stube, und die Naturkosthändlerin Elisabeth ("Ich bin Elisabeth, ich hasse Fleisch und Fett") können sich buchstäblich nicht riechen. Das geht ihren Auslagen nicht anders: Die einen seien nicht gesund, die anderen schmeckten nicht, so das gegenseitige Vorurteil. Und so ist die Schadenfreude bei Weißkohl, Radieschen & Co. groß, als das Gewerbeaufsichtsamt Schorschis Laden dicht macht, nachdem es Nemo, die Nematobe, entdeckt und "verhaftet" hat.Erstaunliche Talente

Für zwei Stunden verwandelten die Mädchen des Orientierungsstufenchors mit ihren im Kunstunterricht gebastelten Kostümen die Bühne des Mehrzweckraums in eine Frittenbude und einen Obststand. Mit oft erstaunlichem schauspielerischem Talent sangen und tanzten die 30 Darstellerinnen durch das Stück, das sie mit Chorleiterin Helga Sander und Dorothea Nusbaum eingeübt hatten. Dass sie dabei hie und da einen Ton nicht ganz trafen oder in der Aufregung den Text vergaßen, fiel kaum auf. Zumal das Drama ohne Längen seinem Happy-End zustrebte: Willi, der Apfel-Wurm, rettet mit einer List Nemo aus den Fängen des Gewerbeaufsichtsamts. Derweil machen sich Fischstäbchen, Salatgurke und all die anderen fettig-gesunden Nahrungsmittel Gedanken um ihre Zukunft und stellen schließlich fest: Nur zusammen sind wir stark. Deshalb wollen sie fortan Seite an Seite in einer einzigen Auslage liegen. "Für jeden etwas, heißt jetzt die Devise", von der sich nach einigem Zögern auch Schorschi und Elisabeth überzeugen lassen. Allein für Willi und Nemo ist in dem neuen Fast-Kost-Laden kein Platz mehr: Sie müssen weiterziehen. Dass Gutes und Gesundes auch in der Realität durchaus zusammenfinden können, davon konnten sich die Besucher in der Pause bei Snacks der Klasse 6 b überzeugen. Die Schüler serviertenCroissants und andere selbst gebackene Leckereien - auch das zweifelsohne leichtere Kost als Schillers Wilhelm Tell.Lesen Sie morgen in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" einen Spielplatzcheck von der Soulacstraße.

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