Muhamed Agovic flüchtet dreimal aus dem Gefängnis und ist heute auf freiem Fuß

Konz/Berane · Muhamed Agovic ist ein Name, der in der Trierer Justiz nachklingt. „Er war ein hervorragender Schauspieler“, sagt ein Mann, der den Montenegriner kennengelernt hat. Agovic habe nicht brutal gewirkt, sondern hochintelligent. Ein Frauenversteher, sagt der Mann. Es klingt ein bisschen Bewunderung mit. Doch: „Er war ein eiskalter Verbrecher – das muss klar werden.“

 Muhamed Agovic auf einem Archivfoto

Muhamed Agovic auf einem Archivfoto

Foto: Archiv/volksfreund.de

Agovics Geschichte beginnt 1990: Jugoslawien zerfällt genau wie der reale Sozialismus. Der Vielvölkerstaat öffnet sich nach Westen. Bevor der langjährige Bürgerkrieg ausbricht, verlässt der 20-jährige Agovic seine Heimatstadt Berane in der Teilrepublik Montenegro. Er landet in Luxemburg - und wird dort zur Landplage. Mehrere Überfälle gehen auf sein Konto, und er handelt mit Drogen. Schon 1991 muss er ins Gefängnis. Doch er bricht zum ersten Mal aus.

Agovic wird wieder verhaftet und scheitert beim erneuten Ausbruchversuch. Es folgen zwei Gerichtsurteile: insgesamt zehn Jahre Gefängnis wegen Drogenhandels und Diebstahls. Die Zeit soll er im luxemburgischen Schrassig absitzen. Aber er flüchtet erneut. Es folgen zwei Raubüberfälle und eine Verhaftung in den Niederlanden, gemeinsam mit seiner Frau. Agovic kommt wieder in die JVA Schrassig. Zunächst scheitert ein Ausbruchsversuch. Am 6. Dezember 1995 überwältigt er aber gemeinsam mit drei Mitgefangenen einen Wärter und entkommt über eine Leiterkonstruktion aus Sportbänken aus einem Fenster. Nach dem Überfall aufs Tropical beginnt eine lange Flucht. Fast wird er 1996 verhaftet, doch er entkommt nach einer wilden Schießerei mit der Polizei bei Mainz.

1999 erwischen ihn aber Polizisten in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien. Von dort aus wird er nach Trier ausgeliefert. Das Landgericht verurteilt ihn am 15. September 2000 zu einer lebenslänglichen Haftstrafe. Zunächst sitzt er in der Trie8rer Justizvollzugsanstalt (JVA). Doch ihm gelingt eine spektakuläre Flucht: Agovic macht sich an eine Justizbedienstete heran. Sie - in komplizierter und unglücklicher Ehe - verfällt seinem Charme. Vor dem Ausbruch schmuggelt sie ein Paket für ihn in den Knast: Darin sind ein Hammer, ein Bolzenschneider, Kabelbinder und eine Pistole samt Munition. Agovic kommt nachmittags vom Hofgang zurück, streift die Handfesseln ab, zückt die Waffe und zwingt zwei Beamte zu Boden, fesselt sie und flüchtet. Die Fluchthelferin wird im Juli 2001 wegen Beihilfe zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Nach dem Ausbruch ist in der Trierer JVA alles anders. Es werde n schärfere Regeln eingeführt und höhere Mauern gebaut. Der Gefängnisdirektor wird ausgetauscht. Ein Insider meint heute: "Da hat keiner mehr dem anderen getraut." Alle hätten gewusst, dass Agovic Hilfe hatte - wer es war, sei erst später klar geworden.

Der Ausbrecher selbst wird im März 2002 in Montenegro verhaftet. Ein Gericht wandelt die lebenslange deutsche Haftstrafe in eine 20-jährige Gefängnisstrafe um. Abgesessen hat Agovic sieben Jahre. Seit 2009 ist er wieder auf freiem Fuß - vermutlich in seiner Heimatstadt Berane.
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