Nach Fast-Eklat und Kampfabstimmung: Lampadener Rat mehrheitlich für Ausbau der Kreisstraße

Lampaden · Die Mehrheit der Bürger im Ortsteil Obersehr will keinen Gehweg, wenn die Kreisstraße 45 neu gemacht wird. Die Mehrheit im Lampadener Rat sieht das aber anders und spricht sich für einen Ausbau inklusive Gehweg aus. Eine Kampfabstimmung entschied diese Streitfrage im Gemeindeparlament, wo es schon vorher fast zum Eklat gekommen wäre.

 Blick auf die Ortsdurchfahrt von Obersehr. Dort gibt es bisher noch keinen Bürgersteig. Das soll sich nun aber ändern, wenn der Kreis die Straße ausbaut. Viele Einwohner halten den Gehweg aber für überflüssig. TV-Foto: Axel Munsteiner

Blick auf die Ortsdurchfahrt von Obersehr. Dort gibt es bisher noch keinen Bürgersteig. Das soll sich nun aber ändern, wenn der Kreis die Straße ausbaut. Viele Einwohner halten den Gehweg aber für überflüssig. TV-Foto: Axel Munsteiner

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"Das Thema spaltet die Dorfgemeinschaft", sagt der Lampadener Ortsbürgermeister Martin Marx (Bürgerliste, BGL) mit Blick auf den geplanten Ausbau der Kreisstraße 45 durch den Ortsteil Obersehr. CDU-Fraktionschef Gerhard Willems stellt dazu fest: "Jeder scheint auf seiner Meinung zu beharren." Zumindest in Bezug auf diese Einschätzung herrscht in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Einigkeit. Ansonsten geht es den ganzen Abend lang aber äußerst kontrovers zu.
Mit einer Kampfabstimmung entscheidet sich die Frage, ob sich die Gemeinde an dem insgesamt 430 000 Euro teuren Projekt in Obersehr beteiligt und sie zusammen mit den Anliegern den Bau eines 270 Meter langen Gehwegs an einer Seite der Straße finanziert.Bürger fürchten zu hohe Kosten


Wegen der auf sie zukommenden Kosten wehrt sich der Großteil der Bürger von Obersehr gegen den Bürgersteig (der TV berichtete mehrfach).
Die CDU und die Fraktion GFL (Gemeinsam für Lampaden) stehen aber auf dem Standpunkt, dass ein Gehweg beim Vollausbau einer Straße "zwingend dazugehört". So formuliert es GFL-Sprecherin Heike Mergens. Für Petra Huwer von der CDU sind unter anderem "Sicherheitsgründe" wichtig.
Willems sagt: "Wenn wir die Straße mit einem Vollausbau richtig machen, haben wir für lange Zeit Ruhe."
Die BGL und Marx sehen das anders. Der Ortschef moniert, dass der Kreis und andere Fachbehörden bei einem Ausbau der K 45 auf einem Gehweg pochen. Sie würden nach dem Motto "So und nicht anders" verfahren, und das sei ihm "unsympathisch". Im Übrigen rechne er damit, dass es nicht beim veranschlagten Gemeindeanteil von 85 000 Euro bleibe und die Kosten noch steigen. Marx plädiert dafür, die Entscheidung zu vertagen.
BGL-Fraktionssprecher Georg Laaß sagt: "Wer für den Ausbau der Straße stimmt, stimmt auch dafür, dass der Wille der Bürger nicht gehört wird."
Letztendlich setzen sich CDU/GFL aber gegen die BGL mit 7:4 durch. Die Ratsmehrheit ist also dafür, dass die K 45 duch Obersehr inklusive Gehweg auf Vordermann gebracht wird.
Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung sind viele der Zuhörer, die in den Saal des Gasthauses Minn gekommen waren, schon gar nicht mehr da.Großer Graben im Gemeinderat


Denn schon gleich zu Beginn der Sitzung zeigt sich, dass zwischen den beiden politischen Lagern im Lampadener Rat ein großer Graben besteht.
Noch vor dem Eintritt in die Tagesordnung gibt es Uneinigkeit darüber, ob Willems wegen Verwandtschaftsbeziehungen und einer möglichen Befangenheit bei den Beratungen über das Projekt in Obersehr mitwirken und abstimmen darf.
CDU und GFL kritisieren zudem, dass sie schon am 24. April bei Marx den Antrag gestellt hätten, dass im Rat nicht nur über die weitere Vorgehensweise beim Ausbau der K 45 gesprochen wird, sondern auch eine Beschlussfassung erfolgen soll. Diese Erweiterung habe Marx beim Aufstellen der Tagesordnung nicht berücksichtigt, obwohl sie ihm rechtzeitig vorgelegen habe, so CDU und GFL.
Beide Fraktionen verlassen zunächst aus Protest den Saal, woraufhin viele Zuhörer mit Bemerkungen wie "So ein Kasperletheater" schon heimgehen. Nach einem Gespräch mit Marx im Gasthaus kehren sie aber nach etwa einer Viertelstunde wieder zurück.
Danach geht es aber weiter: CDU und GFL monieren, dass die Niederschrift der vorangegangenen Sitzung an einigen Stellen fehlerhaft sei.
Immerhin einigt sich der Rat später darauf, Projekte für den Investitionsplan aufzustellen. Dazu gehört als Ansatz für das Jahr 2016 auch ein Betrag von 80 000 Euro für die Sanierung des Bürgerhauses, dessen Obergeschoss derzeit auf Anordnung des Kreises wegen Brandschutzmängeln nur eingeschränkt genutzt werden darf. Wie dieses Problem möglichst rasch gelöst werden kann, ist jedoch weiter offen.Meinung

Eine Zumutung
Es gibt viele Orte, in denen Bürger oft jahrelang vergeblich darauf warten, dass ihre Hauptstraße erneuert und mehr für die Sicherheit getan wird. In Obersehr soll beides gemacht werden, aber viele Einwohner und ein Teil des Rats wehren sich vehement dagegen, weil sie keinen Gehweg wollen. Der sei zu teuer, sagen sie. Bei allem Verständnis dafür, dass Beitragszahlungen für manchen Anlieger in Obersehr eine schmerzhafte finanzielle Belastung sind. Das gilt aber auch für Bürger in einer ellenlangen Liste von Gemeinden, in denen früher Straßen ausgebaut wurden oder dies künftig geschieht. Als weiteren Grund haben die Obersehrer, siehe den TV-Bericht vom 7. Mai, angeführt, dass auf der K 45 "schon ewig nichts Schlimmes passiert ist". Das ist zwar erfreulich, aber mit Verlaub, kein überzeugendes Argument. Wenn der Kreis im 21. Jahrhundert eine Ortsdurchfahrt erneuert, dann ist - so wie es in Obersehr geplant ist - ein einseitiger Gehweg als Mindestausstattung an die Verkehrssicherheit eine Selbstverständlichkeit. Noch eine Anmerkung zur Lampadener Gemeindepolitik. Nach dem unsäglichen Dauer-Zwist zwischen dem früheren CDU-Ortschef Ewald Hermesdorf und Martin Marx, der damals noch Oppositionsführer war, hat sich auch nach der Wahl 2014 offenbar nichts zum Besseren gewendet. Jedenfalls lässt sich mit zwei Worten beschreiben, was die jüngste Sitzung eines tief gespaltenen Rats für viele Bürger, die schon frühzeitig entnervt das Weite suchten, war: eine Zumutung! a.munsteiner@volksfreund.de

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