Nachbarschaftshilfe mit dem Saartaler zahlen

Freudenburg/Kanzem · Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat in Freudenburg über die Entwicklung des ländlichen Raums zwischen Saar und Mosel gesprochen. Auf dem Podium dabei war auch der frühere Kanzemer Ortsbürgermeister Günter Frentzen, der den Saartaler der Gemeinde vorstellte.

Freudenburg/Kanzem. Wer eine Stunde Rasen in Kanzem mäht, bekommt 20 Saartaler gutgeschrieben. Die kann er beispielsweise einsetzen, um sich einen Kuchen für eine Geburtstagsfeier backen oder um sich eine Hose stopfen zu lassen. Die Währung Saartaler gibt es in dem Ort an der Saar schon seit mehreren Jahren. "Mich hat damals ein holländisches Ehepaar, das in der Gemeinde lebte, auf die Idee gebracht", erzählt Günter Frentzen, 17 Jahre lang Ortsbürgermeister von Kanzem, während der Diskussion "Leben im ländlichen Raum zwischen Saar und Mosel" in Freudenburg.
Rund 150 Gäste sind Montagabend auf Einladung der SPD in den Ducsaal gekommen, um das Thema Demografie mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu diskutieren. In einem Kurzvortrag skizzierte sie die Herausforderungen, die mit diesem gesellschaftlichen Wandel - auch für die Region - verknüpft sind.

Mobilität: Gerade im ländlichen Raum gibt es ein Nahverkehrsnetz, das schon gegenwärtig an seine Grenzen stößt. "Schon jetzt wird der öffentliche Nahverkehr auf dem Land wenig genutzt. Und das zulasten der Busfahrer in der Stadt Trier, die heute schon mit ihren teuren Tickets den Verkehrsverbund finanzieren", griff die Ministerpräsidentin eines der Probleme auf, die mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung verknüpft sind. Eine Lösung des Problems sei das Modell ehrenamtlich betriebener Bürgerbusse, wie es ihn in der Verbandsgemeinde Saarburg gibt. Günter Frentzen sieht weitere Möglichkeiten: "In kleinen Gemeinschaften lassen sich auch gut Mitfahrgelegenheiten organisieren."

Pflege: "Wer Hilfe in der Pflege braucht, weiß oft nicht, an wen er sich wenden kann, damit er sie für sich oder beispielsweise seine Eltern organisieren kann", erzählt Silvia Kugel. Sie leitet den Pflegestützpunkt Saarburg, an den Hilfesuchende sich wenden können, wenn es um die Beratung in Pflegefragen geht. Insgesamt - so Kugel - gebe es in der Region ein gutes Pflegeangebot. Saarburgs Stadtbürgermeister Jürgen Dixius fordert von der Landespolitik, dass sie sich für das Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg starkmacht. Eine Forderung, die auch Dreyer unterstützt; allerdings sieht sie hier neben der Landes- auch die Bundesregierung in der Pflicht.

Wohnen: Kontrovers diskutiert wurde auch die Frage, wie die Menschen künftig zusammenleben. Wobei sich alle Diskussionsteilnehmer im Grundsatz darüber einig waren, dass alternative Wohnkonzepte in der Region fehlen. Dreyer, die im Trierer Schammatdorf wohnt, wo Behinderte und Nichtbehinderte zusammenleben, sieht hier großen Handlungsbedarf. Eine Aussage, die Dieter Schmitt, Ortsbürgermeister der Gemeinde Fisch, angreift, da aus seiner Sicht das Land nicht danach handele. Er kritisiert, dass das Land die Förderung eines solchen Projekts für den Ort jüngst abgelehnt hat. Fisch hatte ein Gebäude geplant, in dem sich Kita-Kinder und die Bewohner eines betreuten Wohnens in einem Raum begegnen können. Es gibt in der Region auch private Initiativen, die diesen Weg gehen. So teilen sich etwa in Kirf zwei Nachbarn im Rentenalter ein Haus.Meinung

Debatte an Mosel und Saar eröffnet
Nachbarn helfen sich gegenseitig im Garten oder im Haushalt, sie fahren zusammen in die Stadt oder sie ziehen, wenn sie allein leben, ins gleiche Haus. In Dörfern funktioniert das oft noch. Aber auch hier gibt es Handlungsbedarf und die Gemeinden müssen Impulse geben und umsetzen. Gut ist, dass man sich zwischenzeitlich auch auf dem Land darüber Gedanken macht, wie sich gesellschaftliches Leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft organisieren lässt. In Kanzem und in Fisch gibt es Initiativen, die es wert sind, unterstützt zu werden. Aber das Thema "Leben im ländlichen Raum zwischen Saar und Mosel" lässt sich nicht nur auf die Themen Mobilität, Pflege und Wohnen reduzieren. Gefragt sind auch Konzepte zum Erhalt der Kultur- und Bildungslandschaft. Was geschieht künftig etwa mit Brachen und Kitas? Es wird Zeit, sich diesen Fragen zu stellen. Die Debatte ist eröffnet. a.schumitz@volksfreund.de

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