Bergbau Neue Lösung für gefährliche Stoffe in Wellen?

Wellen · Das wäre weltweit einmalig: Das Bergbauunternehmen TKDZ will  Blöcke in einem Stollen einlagern, die künstliche Mineralfasern enthalten. Manche der Fasern können Krebs erzeugen. Ein neues Verfahren soll sie aber unschädlich machen.

 In diesem Bergwerk der TKDZ in Wellen sollen künftig Blöcke lagern, die künstliche Mineralfasern enthalten. Werden die Pläne umgesetzt, sind die TKDZ das erste Bergbauunternehmen, das die Fasern recycelt.

In diesem Bergwerk der TKDZ in Wellen sollen künftig Blöcke lagern, die künstliche Mineralfasern enthalten. Werden die Pläne umgesetzt, sind die TKDZ das erste Bergbauunternehmen, das die Fasern recycelt.

Foto: vetter friedemann

Das Wellener Bergbauunternehmen TKDZ plant, sich von Firmen beliefern zu lassen, die gefährliche Abfälle verarbeiten. Künstliche Mineralfasern (KMF) sollen außerhalb Wellens von Partnerunternehmen mit einem Bindemittel und anderen Zutaten gemischt werden. In diesem neuen Verfahren werden sie zu festen Blöcken verarbeitet. Die Blöcke wollen die Trierer Kalk-, Dolomit- und Zementwerke (TKDZ) im Josef-Stollen Wellen versetzen, also unter Tage einlagern. Werden die Pläne umgesetzt, ist das Wellener Unternehmen das erste überhaupt, dass künstliche Mineralfasern recycelt und im Bergbau einsetzt.

Einige Sorten künstlicher Mineralfasern können in die Lunge gelangen und Krebs erzeugen. Deshalb gelten sie als gefährliche Stoffe und unterliegen entsprechend strengen Vorschriften. Sind die Mineralfasern aber mit dem Bindemittel fixiert, können sie laut TKDZ nicht mehr in die Umwelt gelangen. Das in Wellen verwendete Endprodukt – in Plastik eingepackte Blöcke von etwa einem Kubikmeter – muss deshalb nicht mehr als gefährlicher Stoff gekennzeichnet werden. Künstliche Mineralfasern werden vor allem zur Dämmung beim Bau verwendet.

TKDZ-Geschäftsführer Wolfgang Hirzi sagt: „Mit dem recycelten Material können wir unsere Stollen sehr gut stützen.“ Die TKDZ habe an der Entwicklung des Materials mitgewirkt, damit es die richtigen Eigenschaften für den Einsatz unter Tage aufweise.

Jörg Gröper ist Chef des Heilbronner Unternehmens Recycon, das die Rezeptur für die Mischung und das Verfahren entwickelt hat. Er sagt: „Unser Verfahren bietet künftig die einzige nachhaltige Alternative zu der aktuell praktizierten Beseitigung der KMF-Abfälle auf Deponien. Damit schont es natürliche Ressourcen.“ Die Mineralfasern würden in dem neuen Verfahren also nicht weggeworfen, sondern weiterverwertet. Nach derzeitigem Stand werden die TKDZ zunächst das einzige Unternehmen sein, das die weiterverarbeiteten KMF in Stollen versetzt. Recycon nennt sein Rezept für die Verwertung der künstlichen Mineralfasern Recy-KMF. Für die Entwicklung des Verfahrens erhielt das Unternehmen Fördermittel für Innovationen des Landes Baden-Württemberg.

Laut Gröper liegen schon alle behördlichen Genehmigungen für den Versatz, also das Einlagern, im Josef-Stollen in Wellen vor. Das zuständige Landesamt für Geologie und Bergbau bestätigte außerdem, dass es nach jetzigem Stand keine Genehmigung gibt oder geben soll, gefährliche Abfälle in Wellen zu versetzen. Das Amt überprüft den Betrieb stichprobenartig und unangekündigt.

Wellener Bürger und Politiker erfuhren erst im Zuge der TV-Recherchen von dem Vorhaben der TKDZ. Ortsbürgermeister Hans Dostert (FWG) zeigte sich überrascht über die Pläne. Er sagte: „Wenn es um gefährliche Stoffe geht, ist immer Vorsicht angebracht. Aber wir haben in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht.“ Er vertraue auch der Expertise der Behörden. Sollte das Verfahren tatsächlich eine sichere Alternative zur Entsorgung gefährlicher KMF auf Deponien darstellen, begrüße er das.

Auch Mitglieder des Vereins Sauberes Wellen zeigten sich überrascht über die Pläne. Man wolle aber erst mehr in Erfahrung bringen, bevor man sich dazu äußere. Der Verein hatte jahrelang dagegen gekämpft, dass TKDZ den Josef-Stollen bei Wellen mit Abfällen stützt (siehe Info).

Keiner der Beteiligten will sich auf einen ungefähren Zeitpunkt festlegen, zu dem der Versatz des neuen Materials beginnen könnte. Dieses Jahr wird aber wohl noch nichts umgesetzt. Laut Rezepthersteller Recycon laufen gerade Verhandlungen mit Entsorgungsfachbetrieben aus dem ganzen Bundesgebiet, die das patentierte Rezept herstellen und das fertige Material nach Wellen liefern wollen. Auch diese Betriebe müssen sich noch Genehmigungen für die Umsetzung einholen.

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