Neuer Hahn für alten Turm

SCHWEICH. Hans-Jörg Bender betreibt seit elf Jahren einen Kunstschmiedebetrieb in Schweich. Mit der Verbindung von altem Handwerk und kreativer Kunst hat er sich einen Ruf erworben, der weit über die Grenzen der Region reicht. Der jüngste Spezialauftrag kam aus Guerstling - einem kleinen lothringischen Ort nahe der Grenze zum Saarland.

 Fertig zur Reise nach Lothringen: Hans Jörg-Bender setzt den Hahn auf das neue Turmkreuz.Foto: Friedhelm Knopp

Fertig zur Reise nach Lothringen: Hans Jörg-Bender setzt den Hahn auf das neue Turmkreuz.Foto: Friedhelm Knopp

Der Betrieb an der Schweicher Oberstiftstraße beschäftigt sieben Mitarbeiter. Auch Ehefrau Dorothe Bender ist im Geschäft tätig. Ehrenurkunden im Büro zeugen von erfolgreichen Teilnahmen des Kunstschmiedemeisters an nationalen und internationalen Wettbewerben. Das große Zeichenbrett neben dem Schreibtisch steht dazu in enger Verbindung. "Ich zeichne sehr viel - der Entwurf ist unsere Stärke", sagt Bender. Leider gebe es nicht mehr viele Kunstschmiede, die "noch richtig mit Handarbeit schaffen, sondern die nur gekaufte Fertigteile zusammenfügen".Metallplastik für den neuen Schweicher Kreisel

Bender will aber seinen eigenen Ideen Gestalt geben. Es sind Formen aus Stahl, Kupfer und Legierungen. Die Objekte im Ausstellungsraum über der Werkstatt verdeutlichen, dass sie von Künstlerhand gestaltet sind. Und dann ist da noch die Metallplastik, die im Auftrag der Stadt Schweich bald den geplanten Kreisel am Kopf der Moselbrücke zieren wird. Ein Modell des Objekts steht auf einem Sockel im Ausstellungsraum. "Sagen sie mir ruhig, wenn ich sie nerve. Da hat nicht jeder Interesse dran", unterbricht der Meister seine umfangreichen Erläuterungen im Schauraum. Nein - er nervt gewiss nicht! Aber was ist mit dem jüngsten Auftrag? Benders Kunstschmiede ist schon an Kirchenrenovierungen in der Region und in Belgien beteiligt gewesen. Zurzeit gilt die Arbeit einer Barockkirche im Hunsrück. Und im Hof der Werkstatt steht ein gerade fertiggestelltes Kirchturmkreuz - dreieinhalb Meter hoch, aus Stahl geschmiedet, mit klarer Ornamentik aus vier französischen Lilien, der Wappenblume der untergegangenen Bourbonendynastie. Auf die Spitze des stählernen Kunstwerks gehört ein goldener Wetterhahn. Der stolze Gockel steht schon fertig und unübersehbar neben Benders Schreibtisch im Büro. Für ein Foto wird er im Hof auf seinen zukünftigen Stammsitz an der Spitze des Turmkreuzes platziert. Der aus Kupfer getriebene Hahn besteht aus zwei zusammengefügten Hälften, die dem Vogel eine plastische (dreidimensionale) Gestalt geben. Die Oberfläche ist mit fast 24-karätigem Blattgold überzogen. Bender: "Anders als Goldbronze hält das Jahrzehnte und dunkelt nicht gleich nach." Beworben hat sich der Kunstschmied um diesen Auftrag nicht. Die Auftraggeber aus dem lothringischen Guerstling standen vor etwa vier Wochen plötzlich an der Schweicher Oberstiftstraße "auf der Matte". Bender: "Der Ortsbürgermeister von Guerstling suchte nach einem Betrieb, der das alte Turmkreuz samt Hahn der historischen Dorfkirche im Niedtal wiederherstellen konnte." Die Guerstlinger hätten zuvor schon intensiv in Frankreich und im Saarland nach Fachfirmen geforscht - aber überall seien nur die üblichen Schmiedearbeiten aus industriellen Fertigteilen angeboten worden. Der Tipp sei dann von einem Handwerker aus dem Saarland gekommen, der von dem Schweicher Betrieb gehört hatte. Bender fertigte einen Entwurf an, der bei der französischen Orts- und Kirchengemeinde sofort Gefallen fand- die Arbeit konnte beginnen. So werden der goldene Hahn und die stählerne Kreuzblume aus Schweich in wenigen Wochen den historischen Kirchturm eines lothringischen Dorfs zieren. Morgen in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah": Die Post will nach nach mehr als 100 Jahren ihren Standort in Leiwen aufgeben. pr/r.n

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