Öffentlich den Rücktritt verkündet

BONERATH. Erst ein Jahr ist es her, dass die Bonerather Gudrun Koltes mit deutlicher Stimmenmehrheit zur neuen Ortsbürgermeisterin wählten, nachdem ihr Amtsvorgänger straffällig geworden war. Doch nun endete die Amtszeit der 37-Jährigen ebenfalls vorzeitig.

Allerdings musste die gelernte Landwirtin ihr Amt nicht zwangsweise abgegeben, sondern sie tat es in der vergangenen Woche freiwillig und auf spektakuläre Art und Weise: Zunächst erklärte die noch amtierende Ortsbürgermeisterin in der Verbandsgemeindeverwaltung in Waldrach gegenüber Bürgermeister Busch ihren Rücktritt. Anschließend lud sie - nun wieder als Privatperson - die Bonerather Bevölkerung zu einer öffentlichen Erklärung vor das Gemeindehaus ein. Die Presse war über die sehr ungewöhliche Aktion nicht informiert worden. "Bürgermeister Busch hatte mir davon abgeraten. Nach den Vorgängen um meinen Amtsvorgänger sollte der Ort nicht erneut in die Negativschlagzeilen geraten", erklärt Koltes gestern im Gespräch mit dem TV.Erklärung unter freiem Himmel

Die Versammlung, zu der etwa 50 Dorfbewohner kamen, soll recht "bewegend" verlaufen sein. Mit zitternden Händen, so heißt es, habe die Ex-Ortsbürgermeisterin zwei Blätter mit Gründen für ihren Rücktritt verlesen. Es ist eine Aufzählung von Vorwürfen, die die Ratsmitglieder gegen sie erhoben haben sollen. Die Rede ist auch von Sticheleien gegen sie, die sich auch zu boshaften Anfeindungen hätten steigern können. Schließlich heißt es in der Rücktrittsrede: "Die meisten Bonerather haben mich gewählt, aber die wenigsten haben mich dann im Rat akzeptiert, geschweige denn unterstützt. Ich kann diesem Druck nicht länger standhalten." Die meisten der vor das Gemeindehaus gezogenen Bonerather seien über ihren Schritt sehr betrübt gewesen, sagt Koltes und fügt hinzu: "Die Gemeinderatsmitglieder waren nicht erschienen. Das war vielleicht gut so, denn die Stimmung war sehr aufgeheizt." Und zu der Arbeit im Gemeinderat sagt sie: "Ich hatte von Beginn an das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Als mir jüngst nach einer gemeinsamen Sitzung mit dem Morscheider Ortsgemeinderat vorgeworfen wurde, ich hätte die eigenen Ratskollegen vorgeführt, wurde am 19. April eine Aussprache angesetzt." Diese Aussprache habe sich aber dann als Folge von einseitigen Anschuldigungen gegen sie entpuppt. Koltes: "Da bin ich aufgestanden und gegangen." Die gestern vom TV befragten Gemeinderatsmitglieder wollten sich zu den Vorgängen nicht äußern - mit Ausnahme des Ersten Beigeordneten Alfons Marx. Er weist die Vorwürfe zurück und meint: "Wir hatten im Grunde keine Probleme miteinander, der Rücktritt kam für uns überraschend." Doch ganz so problemlos scheint es dann doch nicht gelaufen zu sein. Marx erinnert an angebliche Koltes-Aussprüche wie "Herr ist Herr" oder "Hier werden nun andere Saiten aufgezogen". Und die Aussprache am 19. April sei in ruhigem und sachlichem Ton angegangen worden, bis laut Marx "Frau Koltes nach zehn Minuten aufstand und erklärte, dass sie nicht mehr wolle". Marx: "Ist ein Gemeinderat nicht auch ein Ort der Diskussion und des Austausches?" Bürgermeister Busch sagte gestern auf TV-Anfrage: "Ich hatte gehofft, dass mit der Wahl von Frau Koltes wieder mehr Ruhe in Bonerath einkehren würde. Und mit dem Ratschlag an sie, die Sache öffentlich nicht zu hoch zu hängen, wollte ich eine weitere Emotionalisierung im Ort vermeiden." Was Bonerath nun gewiss nicht brauche, seien harte, den Ort in zwei Lager spaltende Grabenkämpfe. Am 5. Mai, 20 Uhr, ist in der Gemeindehalle nun eine Bürgerversammlung mit allgemeiner Aussprache geplant.

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