Ohjee, mein armer, armer Martin

Nein, fragen Sie bloß nicht! Bitte verkneifen Sie sich die Frage, ob ich gut ins Jahr gerutscht sei. Denn wissen Sie, es hätte an Silvester alles so schön sein können. Ein leckeres Gourmet-Dinner bei Kerzenschein, ich in meinem kleinen Schwarzen und mein Martin in Anzug und mit Fliege.

So hätten wir es uns im muckelig-warmen Esszimmer gemütlich gemacht und um zwölf mit Schampus angestoßen. Stattdessen so was: Mein Göttergatte Martin liegt mit Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen in seinem schillernd bunten Jogginganzug aus den 60ern unter der Heizdecke von Oma Erna. Sie, verehrte Damen, wissen, was das bedeutet. Unsereins hätte mit zusätzlichem Tropenfieber immer noch kein Problem, auch bei Minusgraden die Fenster zu putzen, die Regenrinne am Dach zu reinigen und die Gartenmauer neu zu zementieren. Männer dagegen reißt schon eine kleine Erkältung gleich ins Delirium. Dahingerafft sind sie stolz auf jede Millisekunde ihres nun so elenden Lebens, die sie im Kampf gegen die Schmerzen tapfer überstehen. Wie Dolche stechen die Querelen durch Mark und Bein. Doch statt dieses Duell heroisch in aller Ruhe zu kämpfen, lassen sie ihre Frauen daran teilhaben. "Schatz, kannst du dir überhaupt vorstellen, wie ich mich fühle? Offenbar nein. Denn sonst hättest du mir gleich das Rumpsteak püriert", schallte mir mein Martin beim Essen entgegen. Und das natürlich nicht, ohne danach die Nase lautstark bis in die letzte Hirnzelle hochzuziehen. "Nein, es ist nicht mehr für lange", jammerte er vor sich hin. "Na hoffentlich", dachte ich mir. Doch in diesem Moment half nur eines: Martin betüdeln wie ein Kleinkind. "Du holst mich nicht ernst!", mahnte er mich. Und ich sage Ihnen, er hatte recht. Doch das ist das Einzige, was hilft. Denn je genervter er sich fühlt, umso früher wird er wieder gesund. Also, liebe Damen, umsorgen Sie Ihren Mann und schwören Sie sich still und leise Rache: "Schatz, lass mich in Ruhe, ich habe Migräne…."

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