Wawern Ein Traum von Versailles

Wawern · Die Zuhörer erleben mit dem Parnass-Ensemble in der Synagoge Wawern ein „Concert Royal“.

 Freude nach dem gelungenen Konzert: Das Parnass-Ensemble mit (von links) Klauspeter Bungert (Spinett), Cary Greisch (Gitarre), Claudia Dylla (Erzählerin), Stefan Reil (Akkordeon) und Angela Simons (Cello).

Freude nach dem gelungenen Konzert: Das Parnass-Ensemble mit (von links) Klauspeter Bungert (Spinett), Cary Greisch (Gitarre), Claudia Dylla (Erzählerin), Stefan Reil (Akkordeon) und Angela Simons (Cello).

Foto: Martin Möller

Waren das Zeiten – damals, als Ludwig der Vierzehnte (1642-1715) regierte  und ganz Europa nach Frankreich schaute! Es war eine Periode extremer Prachtentfaltung üppiger Kunst, eindrucksvoller Architektur und köstlicher Musik. Eine Zeit von Glanz, aber auch Elend, von höfischem Prunk, aber auch Militarisierung, von Festen, deren Reichhaltigkeit schwindeln machte, aber auch von militärischen Niederlagen und extremer Armut. In der Synagoge Wawern hat das Parnass-Ensemble diese Zeit wieder zum Leben erweckt – mit all ihren Höhen und Tiefen, ihren Schönheiten und Problemen.

Die Besetzung im Parnass-Ensemble hält sich nicht an Regeln. Klauspeter Bungert am Spinett, Stefan Reil am klassischen Akkordeon, Cary Greisch, Gitarre und die Cellistin Angela Simons – das ist eine ganz ungewöhnliche Instrumenten-Kombination. Aber die Zusammenstellung passt und die französischen Barock-Kompositionen wurden vom Ensemble so geschickt arrangiert, dass sie allen Glanz und alle Feinheiten aus jener Zeit zum Klingen bringen – damals, als der „Sonnenkönig“ allein das Sagen hatte im französischen Staat. Bei Jean-Baptiste Lully, Marin Marais und Marc Antoine Charpentier klingt die wunderbar feingliedrige und doch großzügige Architektur der barocken Festsäle mit. Noch bei Debussy und Gabriel Fauré wirkt der französische Barock nach. Und sogar Bach und Antonio Vivaldi klingen in diesem Zusammen feiner, „französischer“ als gewohnt.

Und dann Claudia Dylla.

Wie groß ist das künstlerische Risiko dieser Sängerin und Sprecherin, die auch gelegentlich die Drehleiter spielte! Wie rasch kann eine historische Erzählung trocken, langweilig, akademisch werden! Aber Claudia Dylla trägt ihre Texte zum Frankreich des Sonnenkönigs und zum Sonnenkönig selber mit enormer Energie, Prägnanz und Anschaulichkeit vor. Sie tritt dabei verkleidet auf – mal als durch und durch französischer Conferencier, mal als Hofdame des 18. Jahrhunderts.

Und der französische Akzent, den sie den deutschen Texten mitgibt, er wirkt echt, klingt völlig ungekünstelt. Claudia Dylla erzählt – von der Jugend des Königs, von seiner absoluten Herrschaft in Versailles, vom höfischen Leben und am Ende auch von Niedergang, Tod und dem zwiespältigen Urteil der Nachwelt.

Sie erzählt all das ungemein reich an geschickten Formulierungen, erwähnt die kleinen Begebenheiten genauso wie die großen, politischen Tatsachen. Und zieht Schritt für Schritt die vielleicht 30 Besucher hinein in die Welt des Sonnenkönigs und seiner Zeit. Vergangenheit wird zur Gegenwart.

Es war ein Traum von Versailles, der da aufkommt – ein Traum vom französischen Königsschloss mit all seiner überwältigenden Pracht. Am Ende gingen die Besucher beschenkt und beglückt aus der Synagoge, und draußen am Weinstand standen etliche noch einige Zeit in der lauen Frühlingsnacht.

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