Orchidee ausgebuddelt Dreiste Diebe stehlen seltene Blume aus Naturschutzgebiet

Wasserliesch · Das Naturschutzgebiet in Wasserliesch ist einmalig in der Region. Nun wurde ein einzigartiges Gewächs ausgegraben. Laut Biotopbetreuern ist das nicht zum ersten Mal passiert. Die Umweltbehörde warnt vor fatalen Konsequenzen für die Artenvielfalt.

 Das Foto zeigt Teilnehmer einer Begehung des Naturschutzgebiets Perfeist in Wasserliesch. Im Vordergrund ist Mannsknabenkraut zu sehen.

Das Foto zeigt Teilnehmer einer Begehung des Naturschutzgebiets Perfeist in Wasserliesch. Im Vordergrund ist Mannsknabenkraut zu sehen.

Foto: Friedemann Vetter

Perfeist heißt das Gebiet oberhalb von Wasserliesch. Zurzeit blüht die Wiese in vielen Farben. Etliche Insekten und andere Tiere wie Weinbergschnecken oder Eidechsen haben dort eine Heimat gefunden. Perfeist ist das wohl bekannteste Orchideenschutzgebiet im Kreis Trier-Saarburg oder gar der Region Trier (siehe Info). Und es hat wegen seiner Artenvielfalt mit etwa 27 Orchideen- und verschiedenen Enzianpflanzen, die dort vorkommen, überregionale Bekanntheit erlangt. Gerade im Mai, wenn die vielen Blumen zu blühen beginnen, wandern Hunderte Naturliebhaber zum Perfeist, um sich an dem farbenfrohen Naturschutzgebiet zu erfreuen.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Kreisgruppe Trier-Saarburg, betreut das 22 Hektar große Kleinod seit den 1980er Jahren. Und etwas ärgert die Naturschützer enorm: Diebstähle von seltenen Pflanzen. Frank Huckert vom BUND sagt, dass immer wieder seltene Pflanzen ausgegraben und mitgenommen würden. Bei kleineren häufiger vorkommenden Blumen falle das kaum auf. Doch manchmal sind die Diebe besonders dreist wie am vergangenen Mittwoch: Dem ehrenamtlichen Biotopbetreuer Klaus Strupp ist am 1. Mai aufgefallen, dass eine außergewöhnliche Blume nicht mehr da war. Die blühende Orchidee sei ihm erst am 29. April wieder aufgefallen. Doch am Mittwoch entdeckte der vom Kreis Trier-Saarburg beauftragte Naturschützer nur noch ein Loch an einer Stelle, wo zuvor eine 40 bis 50 Zentimeter hohe prachtvolle Blume war. Jemand habe sie viereckig ausgestochen, sagt der 78-Jährige: „An einer Stelle war deutlich ein Spateneinstich zu sehen.“

Laut den Naturschützern war die Orchidee ein einzigartiges Exemplar. Die Pflanze habe weißlich-rötliche, ins Purpur übergehende Blüten gehabt, sagt Huckert. Es sei eine Mischung aus bis zu drei Orchideenarten gewesen, vermutet der BUND-Mann. Möglicherweise habe die Pflanze Gene des Helm- und/oder Mannsknabenkrauts sowie des Purpurknabenkrauts vereinigt, sagt Strupp. Nun ist die Blume für das Naturschutzgebiet Perfeist vermutlich für immer verloren.

Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass die Pflanze jemals wieder auftaucht, will Huckert öffentlich auf den Diebstahl hinweisen – gerade weil so etwas nicht zum ersten Mal passiere.  Huckert und Strupp berichten von mindestens zwei weiteren Fällen, bei denen sehr seltene Blumen verschwunden seien: die grüne Spinnenorchis und Brandknabenkraut. Strupp betont, dass es sinnlos sei, die Blumen wieder einzupflanzen: „Das funktioniert in der Regel auch gar nicht, weil die Orchideen bei ihrer Entwicklung an bestimmte Pilze im Boden gebunden sind.“

 Unbekannte haben diese Orchidee aus dem Naturschutzgebiet Perfeist in Wasserliesch gestohlen.

Unbekannte haben diese Orchidee aus dem Naturschutzgebiet Perfeist in Wasserliesch gestohlen.

Foto: BUND/Frank Huckert

Thomas Müller, Pressesprecher der Trier-Saarburger Kreisverwaltung, wo die Untere Naturschutzbehörde angesiedelt ist, bestätigt, dass der Pflanzendiebstahl kein Einzelfall ist. „Das kommt leider immer wieder vor – nicht nur bei Orchideen, sondern auch bei anderen Pflanzen“, sagt Müller. „Es handelt sich um eine Straftat.“ Die ehrenamtlichen Biotopbetreuer haben solche Taten laut der Kreisverwaltung im Blick und melden sie. Sie würden auch angezeigt, versichert Müller. Dasselbe Vorgehen gelte auch, wenn seltene Pflanzen außerhalb von Schutzgebieten gestohlen würden. Der Pressesprecher sagt: „Wenn Arten streng geschützt sind, dürfen sie nicht ausgegraben werden.“ Wie fatal das für ein Biotop sein kann, erklärt Müller anhand der Geschichte eines anderen Orchideenvorkommens im Kreis. Bei Ralingen-Kersch (Verbandsgemeinde Trier-Land) habe es früher auch viele seltene Blumen gegeben. Allerdings seien dort in den 1970er Jahren sehr viele Blumen ausgegraben und mitgenommen worden. Dieses Vorgehen und die parallele Aufforstung der Fläche hätten dazu geführt, dass Orchideen aus Ralingen-Kersch verschwunden sind. Es habe damals wohl zu wenig Verständnis für Artenschutz gegeben. Doch auch heute sehen Experten noch große Probleme bei dem Thema (siehe Info).

 Die Spateneinstiche sind deutlich zu sehen an der Stelle, wo die seltene Blume vorher gestanden hat.

Die Spateneinstiche sind deutlich zu sehen an der Stelle, wo die seltene Blume vorher gestanden hat.

Foto: BUND/Frank Huckert

Biotopbetreuer Strupp hat die Wasserliescher Orchideen hingegen schon immer geschätzt. Über das Naturschutzgebiet Perfeist sagt er: „Ich gehe auf die 80 zu und kenne das Gebiet seit 70 Jahren.“ Schon als Kind  sei er mit seinem Vater dort unterwegs gewesen. Heute sagt er: „Das Gebiet sollte auf jeden Fall erhalten bleiben.“

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