Pilzdiebe machen reiche Beute

Hermeskeil/Kell · "2013 war ein gigantisches Pilzjahr", sagt der Leiter des Forstamts Hochwald, Bernhard Buss. Pfifferlinge, Steinpilze und Co. sprossen in Massen aus dem Boden. Das hat allerdings auch im Hochwald unter den Sammlern einige schwarze Schafe angelockt. Sie sind im großen Stil auf Plünderzug gegangen, obwohl das verboten ist.

Hermeskeil/Kell. In vielen waldreichen Gebieten geht ein heißer Herbst zu Ende: "Förster schlagen Alarm - Pilzdiebe räumen die Wälder aus", lautete beispielsweise am 15. Oktober eine Schlagzeile im überregionalen Teil des TV. Forstamtsleiter im Soonwald und bei Boppard hatten von diesem Phänomen berichtet. Noch schlimmer erwischte es einen Förster im Kreis Euskirchen (Nordrhein-Westfalen).Mit Messern bedroht


Als er vier gierige Pilzsammler zur Rede stellen wollte, bedrohten sie ihn mit Messern und fuhren ihm später mit dem Auto über den Fuß. Im österreichischen Bundesland Kärnten gibt es bei der Bergwacht sogar eine "Soko Schwammerl", die sich Pilzdieben auf die Fährte heftet.
Zugegeben: So gravierend stellt sich die Situation in der Region nun doch nicht dar. Allerdings betont Bernhard Buss, der Leiter des Forstamts Hochwald mit Sitz in Hermeskeil: "Auch hier haben wir schon größere Gruppen beobachtet, die mit dem Kleinbus über gesperrte Wege fahren und dann mit sieben oder acht Leuten Pilze sammeln gehen."Nur Handstrauß-Menge



Allerdings stellt Buss klar, dass es Diebstahl ist, wenn im großen Stil Pilze geerntet werden. Konkrete Kilovorgaben sieht das Landeswaldgesetz zwar nicht vor. In Paragraf 23 heißt es aber in Bezug auf die "Aneignung von Walderzeugnissen", dass Pilze oder Beeren "nur bis zur Menge eines Handstraußes für den persönlichen Bedarf entnommen werden dürfen". Das ist im Grunde nur so viel, wie eine Familie bei einer Mahlzeit verzehren kann. Gewerbliches Sammeln ist nur mit der Erlaubnis des Waldbesitzers gestattet.Bußgeld droht



Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele illegale Sammler ihre Ware an Restaurants verkaufen (siehe Extra). Die Pilz-Diebe auf frischer Tat zu ertappen, ist allerdings in der Praxis sehr schwierig.
"Wenn uns jemand auffällt, versuchen wir es erst mal mit einer Belehrung. Bei Wiederholungstätern können wir aber auch einen Bußgeld-Bescheid erlassen", sagt Buss. Die Strafe kann maximal sogar eine vierstellige Euro-Summe sein. Nach Aussage des Forstamtsleiters werden in seinem Zuständigkeitsbereich in der Regel pro Jahr etwa "in drei bis fünf Fällen" solche Bußgelder erhoben.Keine Banden unterwegs


Helmut Lieser ist als Leiter des Forstamts Saarburg auch für die Verbandsgemeinde Kell zuständig. Er sagt auf TV-Anfrage: "Ich habe mit allen Revierförstern gesprochen. Regelrechte Banden haben wir nicht beobachtet. Nach unserem Eindruck wurde in dieser Saison zwar sehr intensiv gesammelt, aber im Rahmen der zulässigen Menge für den Eigenbedarf."
Lieser betont, dass Pilzen kein Schaden zugefügt wird, wenn sich Sammler korrekt verhalten und den Pilz bodennah mit einem Messer abschneiden.
Für ihn und Buss verbindet sich mit dem Hochbetrieb im Wald aber ein ganz anderes Problem. Durch die vielen Sammler wird das Wild über einen langen Zeitraum hinweg aus seinen Ruhezonen verscheucht. Außerdem werde die Jagd gestört.
Zu Hilfe kommt nun jedoch das aktuelle Wetter: "Mit dem ersten Frost geht auch die Pilz-Saison zu Ende, und der Spuk ist dann vorbei", so Buss.Extra

Der TV hat mit einem Mann gesprochen, der jahrelang in großem Stil Pilze gesammelthat, allerdings anonym bleiben möchte. "Ich war vor allem im Bereich Kell, Hermeskeil und Malborn unterwegs." Er habe das als Student über einen Zeitraum von fünf Jahren gemacht, "um sich ein bisschen Geld dazuzuverdienen". Einmal habe er an einem Tag mit zwei Kollegen 60 Kilo Steinpilze gesammelt. Seine Abnehmer waren Trierer Restaurants, die er nicht nennen will. Verkauft hat er seine Ware zum Preis von 13 bis 15 Euro pro Kilo. "Bei mir hat keine Maschinerie dahintergesteckt. Man kann bei uns in der Region auch nicht von einer regelrechten Pilz-Mafia sprechen. Dafür haben wir hier - anders als beispielsweise im Raum Frankfurt - keinen Absatzmarkt, der groß genug wäre". Erwischt wurde er nie: "Man hat natürlich aufgepasst und wusste, dass man vor allem keinem Förster begegnen wollte." Mittlerweile habe er mit dem Sammeln aufgehört und sehe sein Handeln von damals selbst kritisch. Er betont aber auch: "Ich glaube nicht, dass ich der Natur geschadet habe. Letztendlich ist es beim Pilze sammeln ja nicht anders, als wenn ich einen Apfel vom Apfelbaum pflücke." ax

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