Pionier der Elternberatung
Konz/Saarburg · Lebewohl nach 28 Jahren: Josef Junk verlässt zum August die Lebensberatung. Morgen wird der Stellenleiter mit einem Gottesdienst und einem Empfang in Saarburg verabschiedet.
Konz/Saarburg. Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Saarburger Lebensberatung, die für die Verbandsgemeinden Konz und Saarburg zuständig ist, verändert. Mit der Gesellschaft haben sich auch die Aufgaben in der Erziehungs-, Ehe- und Familienberatungsstelle des Bistums Trier gewandelt. So stehen inzwischen nicht mehr nur Defizite und Einzelpersonen, sondern Lösungen und die komplette Familie rund um die Betroffenen im Zentrum der Beratung.
Nun steht in der kirchlichen Einrichtung ein weiterer großer Wechsel an: Ab August beginnt für Stellenleiter Josef Junk nach 28 Jahren an der Spitze der Lebensberatung der passive Teil der Altersteilzeit.
Frühe Elternberatung
Viele dieser Veränderungen hat Josef Junk mitgeprägt und miterlebt. Denn der Diplom-Psychologe und Pädagoge hat, wie seine Kollegin Birgit Wald erzählt, schon früh Elternberatung und Elternbildung in Kitas gemacht. Ein Angebot, das es vor seiner Anstellung kaum gegeben habe. "Inzwischen ist das ein wichtiger Schwerpunkt der Lebensberatung", sagt Wald.
Nach Saarburg hat den 59-Jährigen 1983 der Nachwuchs verschlagen. Seine Frau erwartete gerade das zweite Kind und die Familie brauchte "ein ganzes Gehalt", erzählt Junk. Seine zwei Halbtagsstellen, von denen eine keine feste Stelle war, boten nicht genug Sicherheit. Also bewarb er sich bei der Lebensberatung und innerhalb weniger Tage war ihm die Stelle in Saarburg sicher.
Wie schnell es damals gegangen war, daran erinnert sich auch Birgit Wald noch. "Ich habe kurz vorher noch den Wunsch nach einem Stellenleiter geäußert, weil ich fast alleine hier war", erzählt sie. "Und es hat tatsächlich funktioniert."
Überzeugungstäter
Nach 28 Jahren in Saarburg kann sich Josef Junk noch nicht wirklich ausmalen, wie sehr er die Lebensberatung vermissen wird. Vieles sei ihm schon sehr ans Herz gewachsen - wie die Arbeit mit den Kitas, Jugendlichen und Pflegeeltern. "Ich bin all die Jahre Überzeugungstäter gewesen", erzählt er. Seine fünf Kolleginnen wissen dagegen schon ganz genau, was ihnen fehlen wird. "Er kann wirklich ein Problem von allen Seiten betrachten und weiß, was man dagegen tun kann", sagt Wald.
Junk denkt inzwischen mehr darüber nach, wie es sich mit den neu gewonnenen Freiräumen leben lässt. Er habe zwar in der Regel keine Arbeit mit nach Hause genommen, aber "man zahlt schon den Preis, wenn man so viel Kümmernisse von anderen erlebt". Vor allem, wenn eine Beziehung zwischen zwei Personen so belastet gewesen sei, dass er nur noch Hass habe erkennen können. Das gehe an die Substanz, erzählt der Mann mit ruhiger Stimme.
Ein solches Erlebnis ist dem Diplom-Psychologen noch gut in Erinnerung geblieben: "Richtiges Muffensausen hatte ich, als ein Mann nach einer Trennung drohte, er bringe seine Frau um", sagt Junk und lehnt sich in seinem Stuhl nach vorne. "Ich habe sehr viel Angst gehabt, weil ich in dem Gespräch nicht genau wusste, was zu tun ist."
Aufatmen konnte er erst, als der Mann ihn beim Rausgehen gefragt habe, wie die Unterhaltszahlungen funktionierten. "Solche Situationen kosten Kraft", fügt der 59-Jährige hinzu.
Doch er habe auch viele schöne Augenblicke erlebt: die strahlenden Augen eines Mädchens, das gerade erfahren hatte, dass seine inzwischen getrennten Eltern sich mal geliebt haben. Die schnellen Erfolge mit Jugendlichen, denen schon ein wenig Aufmerksamkeit und Wertschätzung reichen. Alle Beratungen, die ein versöhnliches Ende gefunden haben. Er sei auch nach 28 Jahren noch erstaunt, wie viel man mit wenig bewegen könne, sagt Junk. "Insgesamt sind es nur rund 20 Prozent der Klienten, bei denen wir sagen, da hat sich nichts bewegt."
Dennoch wünscht er sich nun die Freiheit, neue Hobbys zu entdecken. "Ich will einfach mal in den Tag hinein leben." Seine Kolleginnen haben dagegen etwas ganz anderes im Sinn: Josef Junk soll als Ehrenamtlicher weiter für die Lebensberatung tätig sein.Zahlen, Daten, Fakten: 1107 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hat die Lebensberatung Saarburg im vergangenen Jahr schnell und unkompliziert geholfen. Damit ist der Beratungsbedarf im Vergleich zu 2009 leicht um rund 40 Personen gestiegen. Zusätzlich erhielten 576 Menschen als Teilnehmer von Vorträgen oder Elternabenden Rat und Unterstützung. Probleme nach Trennung und Scheidung machen dabei den größten Anteil der Arbeit in der Fachstelle aus. Inzwischen spielten aber auch Burn-out und Depressionen eine große Rolle in den Beratungen, sagt Diplom-Pädagogin Ingeburg Jungen. Die Beratungen machen rund 70 Prozent der Arbeit aus. "Der Beratungsansatz ist inzwischen viel breiter", erläutert Stellenleiter Josef Junk. Es werde bewusster nach Lösungen gesucht, statt lediglich die Defizite zu beheben. Die Beratungsdauer beträgt rund 7,5 Stunden. Neben den klassischen Beratungen bietet die Einrichtung auch eine offene Sprechstunde in den Kindergärten St. Laurentius Saarburg und St. Nikolaus Konz sowie Elterntraining und Fortbildungen an. Träger der Lebensberatung ist das Bistum Trier, das 43 Prozent der Kosten von rund 250 000 Euro trägt. Die restlichen 57 Prozent teilen sich das Land, der Kreis und die Verbandsgemeinden Konz und Saarburg. Auf die VG Konz und Saarburg entfallen im Detail etwa 10 000 Euro. hsc