Plötzlich war das Diebesgut wieder da

SAARBURG. Im Prozess um einen 37-jährigen selbstständigen Schreiner, den die Staatsanwalt wegen Vortäuschens eines Einbruchdiebstahls und Versicherungsbetrugs angeklagt hatte, erteilte das Amtsgericht Saarburg am Dienstag einen Freispruch.

"Im Zweifel für den Angeklagten" - nach diesem Grundsatz der Rechtsprechung fällte Richter Herbert Schmitz am Dienstag am Saarburger Amtsgericht das Urteil im Prozess um einen 37-jährigen selbstständigen Schreiner, gegen den seine Versicherung Anzeige erstattet hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn daraufhin wegen Vortäuschens eines Einbruchdiebstahls und Versicherungsbetrugs angeklagt. Zahlreiche Zeugen hatten in der gut dreistündigen Verhandlung ausgesagt - die Angaben und Beschreibungen derer, die den Angeklagten belasteten, reichten jedoch weder Richter Herbert Schmitz noch Oberamtsanwalt Thomas Grawemeyer als stichhaltige Beweise für eine Verurteilung des Mannes aus. Ihm wurde vorgeworfen, den Einbruch in seine Firma in Zerf am 28. August 2004 fingiert zu haben, um sich über das von ihm gemeldete Diebesgut eine Versicherungssumme von etwas mehr als 10 000 Euro "zu erschleichen". Der Selbstständige Müller (Name von der Redaktion geändert) hatte nach dem Einbruch zunächst bei der Polizei Saarburg die vermissten Dinge gemeldet und später bei seiner Versicherung eine umfangreiche Auflistung abgegeben. Jede Menge Werkzeug - darunter neben Schleifern, Hobeln, Zangen und Bohrern vor allem wertvolle Kreis- und Motorsägen - hatte Müller als gestohlen gemeldet. "Ich fand es selbst erstaunlich, was für eine Masse die Einbrecher geklaut haben", erklärte Müller zu Beginn. "Zum Teil auch völlig wertloses Zeug." "Die haben Massen mitgehen lassen"

Den Einbruch habe er bemerkt, als er an jenem Samstag im August gegen 8.30 Uhr in das neben der Werkstatt gelegene Büro in Zerf gefahren sei. "Weil es an diesem Morgen ziemlich frisch war, wollte ich in der Halle Holz für meinen Ofen holen. Dort war die Rolltür geöffnet, und ich habe bemerkt, dass es zog. Als ich ein Loch im Fenster und das zerstörte Metallgitter davor entdeckte, habe ich die Polizei gerufen." Wegen der gestohlenen Werkzeuge hätten die Mitarbeiter drei Tage lang nicht arbeiten können - nach Schilderung Müllers besonders ungünstig, da nach einem geplatzten Groß-Auftrag, in dessen Folge Müller drei Beschäftigte einige Zeit zuvor entlassen hatte, die Firma zum Einbruchs-Zeitpunkt gerade mit einem neuen größeren Projekt beschäftigt gewesen sei. Zwei der zuvor wegen der schlechten Auftragslage entlassenen und dann wieder eingestellten Mitarbeiter schilderten in der Verhandlung, das als gestohlen gemeldete Werkzeug sei einige Tage nach dem Einbruch plötzlich wieder aufgetaucht. Vom Richter befragt, woran sie erkannt hätten, dass es sich um das gestohlene Werkzeug handelte, antwortete ein Zeuge: "Wenn man jeden Tag damit schafft, kennt man doch sein Werkzeug.""Das wäre der Polizei aufgefallen"

Firmen-Chef Müller habe auf Nachfrage dieses Zeugen damals erklärt, die "zurückgekehrten" Sägen seien zum Teil in Reparatur gewesen, einen anderen Teil habe er aus einer Garage in Greimerath geholt, in der er Werkzeug lagere. Dem Einwand dieser beiden Zeugen, es habe sie stutzig gemacht, dass vor dem "Einbruchsfenster" das meterhohe Gras nicht heruntergetrampelt gewesen sei, entgegnete Richter Schmitz: "Es sollte mich sehr wundern, wenn diese Tatsache der Saarburger Polizei entgangen wäre. Auf unserem Foto ist zudem zu sehen, dass das Gras nicht meterhoch und so gewuchert war, dass sich die Einbrecher sicher auch eine Schneise mittendurch haben schlagen können." Oberamtsanwalt Thomas Grawemeyer meinte zusammenfassend: "Es bleiben Zweifel. Ich habe aber keine sicheren Beweise, dem Angeklagten Betrug nachzuweisen. Belastet wird er durch die ehemaligen Arbeitnehmer, die im Streit weggegangen sind. Die Polizeibeamten und der Schadensregulierer hatten jedoch keinen Verdacht. Und ob tatsächlich das geklaute Material wieder aufgetaucht ist oder Reserve-Material des Herrn Müller, ist nicht aufzuklären. Deshalb gilt: Im Zweifel für den Angeklagten." Richter Herbert Schmitz formulierte abschließend: "Mir reicht das alles nicht, um jemanden wegen Versicherungsbetrugs zu verurteilen. Ein Motiv, dass Müller gerade in dem Moment, in dem seine Firma wieder besser läuft, die Maschinen verschwinden lässt, sehe ich nicht. Er konnte mit dem Geld der Versicherung jedenfalls nicht seine Firma sanieren. Deshalb wird Müller freigesprochen." Die Kosten für das Verfahren trägt nach dem Freispruch der Steuerzahler.AZ 8003 Js 20843/05

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