Prämien für private Bauherren

Hermeskeil · Was tun, um das drohende Ausbluten der Ortskerne zu verhindern? Die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil sucht nach einer Lösung für dieses Problem. Sie will Privatleuten einen Zuschuss geben, wenn sie alte Häuser sanieren oder Lücken in der Dorfmitte mit Neubauten schließen. Ein in der VG Wallmerod (Westerwald) erfolgreiches Modell könnte dafür als Vorbild dienen.

 Sie haben es vorgemacht: Natalia Michels und ihr Mann Alexander haben ein altes Haus in Bescheid saniert und wohnen bereits darin. Zurzeit wird der Vorgarten neu gestaltet. Natalia Michels trägt die vierjährige Tochter Lara auf dem Arm. Alexander Michels hat seinen zweijährigen Neffen Milan hochgehoben. TV-Foto: Axel Munsteiner

Sie haben es vorgemacht: Natalia Michels und ihr Mann Alexander haben ein altes Haus in Bescheid saniert und wohnen bereits darin. Zurzeit wird der Vorgarten neu gestaltet. Natalia Michels trägt die vierjährige Tochter Lara auf dem Arm. Alexander Michels hat seinen zweijährigen Neffen Milan hochgehoben. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. Neben der evangelischen Kirche in Züsch steht ein Haus mit ständig verschlossenen Rolläden und verwildertem Garten. Direkt ans Bürgerhaus in Beu ren grenzt ein Altbau, der immer mehr verfällt. Diese zwei Beispiele sind willkürlich herausgegriffen. Denn das Problem, dass mitten im Ort verlassene Gebäude stehen, trifft praktisch auf alle 13 Gemeinden in der VG Hermeskeil zu. Die Entwicklungen der Vergangenheit haben dazu geführt, dass am Rand der Dörfer auf der grünen Wiese schmucke Neubaugebiete entstanden sind, während die Ortskerne zunehmend vergreisen und verwaisen.
Problem der Leerstände


"Die große Welle kommt erst auf uns zu. Es kann ganz schnell gehen, und dann steht ein ganzer Straßenzug leer", sagt beispielsweise Werner Weber, Ortsbürgermeister von Naurath/Wald. Sein Neuhüttener Kollege Peter Kretz, Chef eines 800-Einwohner-Ortes, sieht es genauso: "Mit Betonung auf dem Wort ,noch\' haben wir bei uns Glück mit Leerständen. Aber es gibt im Dorf 53 Menschen, die älter als 80 Jahre sind." Kurzum: Es droht das Ausbluten der Ortskerne.
Dagegen will die VG Hermeskeil etwas unternehmen. Eine Delegation hat sich kürzlich in Wallmerod umgeschaut, wo seit 2004 eine erfolgreiche Initiative läuft, um die Ortsmitten zu beleben (siehe Extra). Wie Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) betont, kann sich die VG Hermeskeil die Übernahme des Wallmeroder Modells vorstellen. Dazu hat sich erst vor wenigen Wochen auch die VG Saarburg entschlossen. Sie will schon 2012 Geld für zehn private Bauherren fließen lassen und dafür im kommenden Haushalt 10 000 Euro einstellen (der TV berichtete).
So weit ist man in Hermeskeil noch nicht. Der VG-Rat hat als ersten Schritt beschlossen, dass man sich in Zusammenarbeit mit der Uni Trier erst einmal einen Überblick über das Ausmaß des Problems verschaffen will. Es soll ermittelt werden, wie viele Häuser in den 13 Orten schon jetzt leer stehen und wie viele möglicherweise bald hinzukommen, weil in ihnen ältere Menschen wohnen und die Nachnutzung unklar ist. Eine Altersgrenze haben die Hermeskeiler noch nicht festgelegt - in Wallmerod lag sie bei 70 Jahren und mehr.
"Wenn die Ist-Analyse da ist und wir den Bedarf kennen, muss der VG-Rat entscheiden, ob wir das Förderprogramm anbieten. In diesem Fall müssen die 13 Ortsgemeinden die Aufgabe der Dorfinnentwicklung an die VG übertragen", sagt Hülpes. Somit könnten die Hermeskeiler frühestens 2013 damit beginnen, Bauherren Geld zuzuschießen.
Gusenburgs Ortsbürgermeister Josef Barthen (FWG) begrüßt die Idee - wie die meisten seiner Amtskollegen. "Es werden sicher keine Legionen an Bauwilligen auf dieses Förderprogramm warten. Wir können den Leuten damit aber eine finanzielle Starthilfe geben." Wichtig ist für VG-Büroleiter Werner Haubrich jedoch, dass es innerhalb der VG ein einheitliches Vorgehen gibt: "Es wäre sehr schlecht, wenn die eine Gemeinde den Schwerpunkt auf die Dorfkernsanierung legt und der Nachbarort ein Neubaugebiet ausweist. Dann ist die Konkurrenzsituation da", so Haubrich.
Mit Bescheid gibt es in der VG bereits einen Ort, der aus eigener Tasche privaten Bauherren Bares gibt. Die dank ihrer Windräder finanziell gesunde Gemeinde zahlt seit 2008 jedem Bürger maximal 5000 Euro, wenn er ein altes, vor 1950 gebautes Haus in der Dorfmitte umbaut. "Das hat sich sehr gelohnt. In der Hermeskeiler Straße stand auf einer Seite fast alles leer. Jetzt sind schon drei Häuser wieder neu bewohnt", sagt Gemeindechef Raimund Olinger. Und er fügt hinzu: So lange wir es uns leisten können, wollen wir unabhängig vom möglichen VG-Programm weiter diese Zuschüsse geben. So hätten die Leute in Bescheid sogar einen doppelten finanziellen Anreiz."
Extra

Das Wallmeroder Modell: In der VG Wallmerod, in der wie in Hermeskeil rund 16 000 Menschen leben, wird seit 2004 Privatleuten, die ein altes Gebäude in einem der 21 Dörfer der VG sanieren odes es abreißen und an gleicher Stelle neu bauen, finanziell unter die Arme gegriffen. Gleiches gilt, wenn auf einem bisher unbebauten Grundstück im Ortszentrum ein Haus neu errichtet wird. Fünf Jahre lang erhalten Privatleute von der VG Wallmerod einen Zuschuss von jeweils 1000 Euro. Gehören Kinder zur Familie, wird die Förderung verlängert, so dass die Bauherren maximal 8000 Euro erhalten. Bisher haben nach Auskunft von Sachbearbeiter Manfred Hehl 112 Bauherren vom Angebot der VG Gebrauch gemacht. Die VG Wallmerod bekommt für ihre Dorfkern-Initiative Geld aus dem Leader-Programm der Europäischen Union. Diesen Topf könnten auch die Hermeskeiler anzapfen. Zwar gönnt sich die VG Wallmerod mit ihren Zuschüssen eine freiwillige Leistung. Hehl betont allerdings, dass die VG damit unter dem Strich sogar Geld gespart hat. "Bei uns wurde seit 2004 kein Neubaugebiet mehr erschlossen, so dass diese Kosten wegfallen." ax

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