Prinzip Zuckerbrot und Peitsche

WELSCHBILLIG. Erst traktiert, dann renoviert, jetzt akzeptiert: Der Berreshauskeller, ein Domizil für Jugendliche in Welschbillig, das zeitweise ziemlich heruntergekommen war, ist mittlerweile zu einem beliebten Treffpunkt für junge Leute geworden. Einlass erhalten nur Teenager, die die Hausordnung unterschrieben haben.

"Da wurde frei Alkohol ausgeschenkt und gefeiert bis in die Puppen", sagt Peter Görge. Für den Welschbilliger ging es mit dem "alten" Berreshauskeller zu jenem Zeitpunkt bergab, als die jungen Erwachsenen als Betreuer ausgestiegen waren. Nun übernahmen Eltern diesen Job und nehmen ihn sehr ernst. Wer die Hausordnung des Jugendtreffs nicht unterschreibt, muss draußen bleiben. Insgesamt 38 Teenager im Alter von 13 bis 17 Jahren und deren Eltern unterschrieben bisher das Papier und akzeptierten damit, dass nach 22 Uhr die Musik auf Zimmerlautstärke zu drehen ist und alkoholische Getränke nur ab 16 Jahren konsumiert werden dürfen. Dass nur vor der Tür geraucht werden darf, haben die Jugendlichen selbst entschieden. Es herrscht das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche: So lange alles in geregelten Bahnen verläuft, haben die Jugendlichen freie Hand. Schlagen sie über die Stränge, gibt es Sanktionen. "Mit den Einrichtungsgegenständen ist sorgsam umzugehen", lautet nicht umsonst die erste Ordnungsregel im Berreshauskeller, einer Stiftung des in den siebziger Jahren in Welschbillig wirkenden Pfarrers Berres für die Dorfjugend. Von September 2005 bis Januar 2006 renovierten Eltern und Jugendliche mit Unterstützung der Gemeindearbeiter den 80 Quadratmeter großen Jugendtreff. Die Wände, faul geworden mangels ausreichender Belüftung, wurden neu verkleidet und gestrichen, Toiletten erneuert, Fußleisten angebracht, neue Einrichtungsgegenstände - meist Spenden von Dorfbewohnern - angeschafft. "Je mehr wir die Jugendlichen beteiligen, umso mehr passen sie auf die Sachen auf", sagt Görge. Er gehört neben Dorothea Bohr und den Familien Conrady-Eiden und Esten-Herzog zu den Bürgern, die im Berreshauskeller nach dem Rechten sehen und die Angelegenheiten mit dem Eigentümer, der Gemeinde, und dem Nutzer, der Kirchengemeinde, regeln. Auch haben sie die Schlüsselgewalt: zum Aufschließen (18 Uhr) und beim "Schichtwechsel" (unter 16-Jährige dürfen wochentags nur bis 20 Uhr und am Wochenende bis 22 Uhr bleiben, die Älteren zwei Stunden länger) sind jeweils Väter oder Mütter vor Ort; für Notfälle haben die Eltern einen Dienstplan aufgestellt. "Mit dem Engagement der Eltern steht und fällt das Ganze", sagt Ortsbürgermeister Helmut Becker, der erst kürzlich in einer Bürgerversammlung die nächtliche Lärmbelästigung und den Vandalismus durch Jugendliche im Ortskern thematisiert hatte (der TV berichtete). Auch den Vereinen, denen Becker eine hervorragende Jugendarbeit bescheinigt, steht das Berreshaus zur Verfügung. Die Jugendlichen haben sich bereits einen Teil der Wunschausrüstung erfüllt wie Kicker, Dartspiel, Eisfach, Kaffeemaschine und Monopoly. Wenn sie etwas Neues wollen, müssen sie dafür arbeiten. Was nun noch fehle, sagt die Gruppe, die sich gerade ein WM-Spiel anschaut, sei ein Billardtisch. Der ist teuer, doch immerhin realistischer als der Wunsch, den ein Jugendlicher beim Sammeln gemeinsamer Ideen an eine Pinwand geschrieben hat: eine Putzfrau. Denn das Putzen ist - wie sollte es im Berreshaus anders sein - klar geregelt: alle 14 Tage machen sich vier Jugendliche und ein Erwachsener ans Werk.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort