Quartett fehlt - Sitzung geplatzt

Wellen · Die kürzeste Sitzung seiner Geschichte hat der Gemeinderat Wellen am Montagabend präsentiert: Weil die SPD-Fraktion fehlte, war das Gremium nicht beschlussfähig. Die Sitzung wurde auf den 15. April vertagt - dann wird der Rat auf jeden Fall beschlussfähig sein.

 Sanierungsfall: Kindergartenleiterin Susanne Hansen und Ortsbürgermeister Hans Dostert begutachten die freigelegten Kindergartenmauern, die von Nässe durchzogen sind. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Sanierungsfall: Kindergartenleiterin Susanne Hansen und Ortsbürgermeister Hans Dostert begutachten die freigelegten Kindergartenmauern, die von Nässe durchzogen sind. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Wellen. Die Sitzung des Wellener Gemeinderates sollte am Montag um 19 Uhr beginnen. Wenige Minuten nach 19 Uhr saßen die Fraktionen der Wählergemeinschaft (WG) Hans Dostert und der CDU weitgehend vollständig am ovalen Verhandlungstisch des Gemeindehauses. Wer komplett fehlte, waren die vier Mitglieder der SPD-Fraktion.
Ganz überraschend kam dieses Fernbleiben für die Anwesenden Ratsmitglieder nicht - schon Tage zuvor hatte in Wellen der Hinweis die Runde gemacht, dass die SPD-Fraktion an diesem Abend "verhindert" sein werde. Dies bestätigte auf TV-Anfrage am Freitag auch Ortsbürgermeister Hans Dostert. "Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wie es aussieht, wird die Sitzung am 8. April wohl wegen Beschlussunfähigkeit platzen", hatte Dostert schon am Freitag erklärt. Wenn dies so eintreffe, sei es bedauerlich, zumal eine äußerst dringende Entscheidung wegen der feuchten Mauern des Kindergarten-Gebäudes anstehe.
Warum die SPD nicht erscheinen werde? "Da hätte ich Vermutungen, die ich aber nicht belegen kann. Deshalb will ich dazu nichts sagen", erklärte Dostert am Freitag.
Als sich am Montag nach zehn Minuten des Wartens die Eingangstür zum Saal noch immer nicht regte, erklärte Ortsbürgermeister Dostert die Sitzung für beendet und vertagte sie auf Montag, 15. April, 19 Uhr. Dann dankte er den Anwesenden für ihr Kommen und wünschte "einen schönen Abend und eine ruhige Nacht".
Mit Gelächter beendeten die Anwesenden diese eher groteske Sitzung. Doch Ortsbürgermeister Dostert fand "das Ganze gar nicht zum Lachen" und meinte: "Ich habe in 20 Jahren Kommunalpolitik noch nicht erlebt, dass eine Fraktion komplett fernbleibt. Das ist umso bedauerlicher, weil wir dringend einen Vergabebeschluss für die Arbeiten am Kindergarten gebraucht hätten." Tatsächlich ist der neben dem Gemeindehaus liegende Kindergarten ein Sanierungsfall: Die Mauern des aus jüngerer Zeit stammenden Anbaus waren unzureichend abgedichtet und sind nun rundum von Wasser durchtränkt. Dies haben Grabungen und Mauerproben ergeben - sie müssten schnellstens saniert werden. Derzeit gleicht der Bau mit den zum Teil freigelegten Mauern eher einer verlassenen Baustelle.
Aus der Sicht der SPD-Fraktion stellt sich der ungewöhnliche Sitzungsverlauf anders dar.
Erreichbar war am gestrigen Dienstag nur SPD-Ratsmitglied Herbert Huber. Gegenüber dem TV erklärte er, dass alle vier Ratskollegen sich bei Dostert rechtzeitig abgemeldet hätten - wegen Urlaubs, Erkrankung oder Dienstreise.
Huber: "Wenn der Ortsbürgermeister meint, dennoch an diesem Termin festhalten zu müssen, dann ist das sein Problem."Meinung

Warum, wieso und weshalb?
Nach diesem gescheiterten Versuch einer Ratssitzung bleibt der Betrachter verwirrt zurück. Waren alle Mitglieder der SPD-Fraktion tatsächlich verhindert? Wenn ja, warum hat der Ortsbürgermeister dies nicht berücksichtigt, als er den Termin festlegte? Wollte er die Opposition durch einen "Schachzug" schlecht aussehen lassen? Oder hat die SPD-Faktion den Ortschef bewusst im Regen stehen lassen? Was, warum und wieso? Klare Auskünfte gibt es nicht. Nur bedauernde Kommentare auf der einen Seite und Hinweise auf Verhinderungsgründe auf der anderen Seite. Wie man es auch dreht oder wendet: Es riecht nach einem verdeckten Machtkampf zwischen Ortsbürgermeister und Opposition. Dieser Machtkampf ginge dann auf Kosten wichtiger Sachentscheidungen, wozu etwa die dringende Kiga-Sanierung zählt. redaktion@volksfreund.deExtra

Zur Beschlussfähigkeit sind nach Paragraf 39 Gemeindeordnung (Gem0) grundsätzlich mehr als die Hälfte aller Ratsmitglieder erforderlich. Für den Fall der Beschlussunfähigkeit sieht Paragraf 39 jedoch eine "Notfallregelung" vor: Danach kann die Sitzung auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden, wobei in dieser Folgesitzung keine beschlussfähige Zusammensetzung mehr erforderlich ist. Es reicht dann die Anwesenheit dreier Ratsmitglieder.

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