Verkehr in Palzem Raser stressen Anwohner

Palzem · Palzemer sind genervt von zu schnell fahrenden Lastern und Autos auf der Bundesstraße 419. Einer überlegt sogar umzuziehen. Polizei und Behörden scheinen ratlos zu sein. Dabei ist die Raserei in vielen Orten der Region ein Problem.

 Yves Kühler lässt der Verkehr vor seiner Haustür in Palzem nicht mehr schlafen.

Yves Kühler lässt der Verkehr vor seiner Haustür in Palzem nicht mehr schlafen.

Foto: Marion Maier

Es könnte schön sein in der Obermoselstraße in Palzem – mit Blick ins Flusstal und auf angrenzende Weinberge. Doch die Trasse ist Teil der Bundesstraße 419, der wichtigsten Straße an der Obermosel, die viele Luxemburg-Pendler nutzen.

Die Anwohner Nicht nur die Masse der Fahrzeuge bereitet Anwohnern Probleme. Es ist auch deren Geschwindigkeit. Tempo 50 ist in der Ortsdurchfahrt zugelassen. Doch Anwohner Yves Kühler sagt: „Viele PKW und Laster donnern mit überhöhtem Tempo durch die idyllische Ortschaft. Fährt man vor einem dieser LKW mit vorgeschriebener Geschwindigkeit, so wird man nicht selten mit Lichthupe und zu dichtem Auffahren zum schneller Fahren gedrängt.“

Kühler ist 2017 mit seiner Frau in ein Haus in der Obermoselstraße gezogen. Seitdem habe der Verkehr zugenommen, sagt der gebürtige Luxemburger. Er überlegt, wieder wegzuziehen. Kühler: „Ich schlafe nachts nicht mehr, muss Schlaftabletten nehmen. Ohrenstöpsel verwende ich sowieso. Der Lärm macht mich krank.“ Nachts sei die Geschwindigkeit der Laster kaum zu überbieten. Sie würden mit Fernlicht durch den Ort rasen. Der Lärm durch das Hochschalten nach dem Berg am Ortseingang Richtung Nennig sei katastrophal. Er macht sich auch Sorgen, dass seine Frau umgefahren wird, wenn sie mit dem Auto eine Lücke abpassen muss, um in der langgezogenen Kurve auf die Straße zu fahren.

Auch Winzer Peter Schmitt von gegenüber kennt die Probleme. „Kurz vor 8 Uhr am Morgen stehe ich mit dem Traktor oft fünf bis zehn Minuten lang, bis ich auf die Straße komme.“ Schmitt ist sich sicher: „Der Verkehr hat in den vergangenen fünf Jahren enorm zugenommen.“ Und: „Es wird sehr schnell gefahren.“ Er habe sich an den nächtlichen Lärm durch die Laster gewöhnt, ziehe allerdings die Rollläden ganz fest zu. Seine Gäste in den Ferienwohnungen hingegen würden sich über die Lautstärke beschweren. Eine weitere Anwohnerin, etwas älter, sagt: „Die Speditionen fahren nachts hier durch, als wäre es eine Autobahn. Der Lärm ist katastrophal. Das merke ich, obwohl ich ohne Hörgerät nicht gut höre.“

Die Polizei Yves Kühler hat sich mit der Bitte um Geschwindigkeitskontrollen an die Polizei gewandt. Stephan Wagner vom Saarburger Polizeipräsidium erklärt, dass sich die Menschen in fast allen Orten Richtung Luxemburg über zu viel Verkehr und Raserei beschwerten. Er sagt: „Wir können nicht überall sein.“ Die Kontrollen würden dort konzentriert, wo sich Unfälle häuften, in Ausnahmefällen auch in schutzwürdigen Bereichen wie an Schulen und Kindergärten. Doch in Palzem sind die Unfallzahlen laut Wagner nicht signifikant auffällig. Die Beanstandungsquote bei drei Kontrollen 2018 hätte sogar weit unter den sonst üblichen Zahlen gelegen. Die Polizist räumt aber ein, dass der Blitzer auf der großteils recht geraden Strecke womöglich gut sichtbar gewesen sei. Die in vielen Orten blinkenden Geschwindigkeitsmessgeräte mit Smileys bringen laut Wagner „ein bisschen was“.

Der Ortsbürgermeister Palzems Ortschef Florian Wagner spricht von einem riesigen Verkehrsaufkommen im Ort und davon, dass der Schwerlastverkehr vor allem aus Luxemburg zunimmt. Er verweist darauf, dass die Raserei im Palzemer Rat schön öfters Thema war und bereits einiges dagegen unternommen wurde. Demnach wurde das Ortsschild in der nicht durchgehend bebauten Bundesstraße näher an die Ortslage gerückt, um einen Zusammenhang herzustellen. Zudem habe die Gemeinde ein Geschwindigkeitsmessgerät angeschafft. Am Ortseingang Richtung Wincheringen wurde ein Fahrbahnversatz (Engpass durch nahe beieinander liegende Ausbuchtungen auf jeder Seite) eingebaut. Dieser hat laut Wagner zunächst zu Unfällen und Konflikten geführt, zeige jedoch Wirkung. Richtung Nennig sei ein solcher Versatz nicht möglich, weil die Trasse zu unübersichtlich sei. Der Ortschef, der täglich auf der Luxemburger Seite beobachten kann, dass fest installierte Blitzersäulen die Raser nur punktuell zügeln, ist der Meinung, dass nur bauliche Anlagen helfen. Er sagt: „Es ist schon heftig, wo Herr Kühler wohnt. Ich bin ihm gerne behilflich. Aber wie?“

Die Straßenbaubehörde Klaus Wagner vom Landesbetrieb Mobilität Trier (LBM) ergänzt die Aufzählung des Ortschefs um wenige Punkte. Er nennt Schilder und Piktogramme auf der Fahrbahn, die auf das Maximaltempo 50 hinweisen. Zum Schutz der Fußgänger gebe es Mittelinseln. Wagner bekräftigt,  dass ein Fahrbahnversatz Richtung Nennig aufgrund der Sichtverhältnisse kaum möglich sei. Doch sieht er in dem Versatz auch Nachteile. Gerade das Anhalten und Anfahren von Lastern verursache erheblichen Lärm. Winzer Schmitt hat an dem Versatz Richtung Wincheringen noch ganz andere Dinge beobachtet. Zu Stoßzeiten werde dort die Vorfahrt missachtet und kräftig gehupt. Auch Wagner vom LBM sieht keine weiteren Möglichkeiten, den Verkehr in Palzems Ortsdurchfahrt zu beruhigen. Er nennt Zahlen: Laut Bundesverkehrszählung sind 2015 im Schnitt täglich 3660 Fahrzeuge durch Palzem gefahren, davon sechs Prozent  Schwerverkehr. Der Verkehr hat laut Wagner in den vergangenen fünf Jahren um etwa acht Prozent zugenommen.

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