Rat lässt Bürgerumfrage zur Windkraft zu

Hermeskeil · Ist beim Bau neuer Windräder eine Mindestdistanz von 1000 Metern zu Wohnhäusern genug oder müssen bei größeren Anlagen auch größere Abstände eingehalten werden? Darüber dürfen im Mai die Bürger von Hermeskeil abstimmen. Der Stadtrat hat sich am Dienstagabend geschlossen dafür ausgesprochen, dass eine solche Umfrage gemacht wird. Trotzdem wurden in der Debatte teils scharfe Töne angeschlagen.

 Abstimmung im Mai: Über den Abstand der Windräder zu den Wohnhäusern entscheiden nun die Bürger von Hermeskeil. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Abstimmung im Mai: Über den Abstand der Windräder zu den Wohnhäusern entscheiden nun die Bürger von Hermeskeil. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Hermeskeil. Alle Bürger von Hermeskeil ab 16 Jahre werden Anfang Mai Post von der Stadt erhalten. Sie enthält einen Stimmzettel und ein Begleitschreiben. Denn der Rat hat am Dienstagabend geschlossen einem Vorschlag zugestimmt, den Stadtbürgermeister Udo Moser (BFB) auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Die Hermeskeiler sollen auf dem Stimmzettel ankreuzen, ob aus ihrer Sicht beim Bau von neuen Windrädern ein Mindestabstand von 1000 Metern ausreicht oder größere Distanzen - nämlich mindestens die zehnfache Nabenhöhe eines Windrads - erforderlich sind (der TV berichtete).
Bei den derzeit gängigen Anlagetypen würde das einer Entfernung von mindestens 1400 Metern entsprechen. Bis zum 25. Mai, dem Tag der Kommunalwahl, können die Bürger den Stimmzettel abgeben. Das Ergebnis wird noch am Wahlabend ausgezählt.
Das Anschreiben enthält zwar den expliziten Hinweis, dass der Ausgang der Umfrage laut Gesetz für die Ratsmitglieder keine bindende Wirkung hat. Mehrere Politiker bekundeten jedoch, dass sie sich an das Bürgervotum auch gebunden fühlen würden. Im Vorfeld der Befragung ist am 3. April eine Einwohnerversammlung geplant, bei der den Hermeskeilern umfassende Informationen zum Thema Windkraft geliefert werden sollen.
Anders als es die einstimmige Entscheidung vermuten lässt, ging es in der Ratsdebatte phasenweise verbal heftig zur Sache. So fuhr Moser vor allem eine Breitseite gegen die SPD-Fraktion, die "sich in die Büsche geschlagen hat und nicht mehr zu ihren früheren Beschlüssen steht." Auf deren Grundlage habe die Stadt aber bereits mit Investoren Vorverträge zum Bau von Windkraftanlagen abgeschlossen. Moser warf der SPD vor, "sich von dem Thema entfernt zu haben, weil sich ein Altvorderer gestört fühlt".
Gemeint war damit der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Diller, der in der Interessengemeinschaft (IG) "Rettet den Hochwald" eine gewichtige Rolle spielt. Diese Gruppe übt lautstarke Kritik an dem in der ganzen Verbandsgemeinde bisher festgelegten 1000 Meter-Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern. Von der IG stammt auch die Forderung, dass größere Anlagen weiter weg stehen müssen.
Unerwartete Rückendeckung erhielt Moser von FWG-Sprecher Thomas Museler. Er betonte: "Wenn ich eine Entscheidung treffe, muss ich auch die Konsequenzen tragen." Museler verwies auf die möglichen Einnahmeverluste, wenn statt der bisher geplanten acht Räder durch andere Abstände fünf Anlagen nicht gebaut werden könnten. Erneut wurde im Rat die Zahl von sieben Millionen Euro bei der vereinbarten Vertragslaufzeit von 20 Jahren genannt (70 000 pro Rad und pro Jahr) Darauf könne die Stadt nicht verzichten, "nur weil einer keine Windräder vor seinem Fenster haben will", so Muselers Kritik an Diller.
Beatrix Becker wies für die Rats-SPD "diese Beschuldigungen aufs Schärfste zurück". Ihre Fraktion trete nach wie vor für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Region ein. Mit Blick auf die Abstandsdiskussion betonte Becker aber: "Wenn man merkt, dass sich viele Bürger - und nicht nur Herr Diller - Gedanken machen, dann muss man sich dieser Ängste und Sorgen auch annehmen."
Die CDU setzte in der Sitzung noch Änderungen im Bezug auf Formulierungen auf dem Stimmzettel und im Begleitschreiben an die Bürger durch. Denn nach Auffassung von Mathias Queck enthielt Mosers vorgelegter Text zu starke Wertungen - zum Beispiel, dass dort von "erheblichen" Einnahmeausfällen die Rede war.
Extra

Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete stieß etwas verspätet als Zuhörer zur Stadtratssitzung. Bei Mosers Kritik an seiner Person war Diller noch nicht im Saal. Im TV-Gespräch sagt Diller dazu am Mittwoch: "Die Vorwürfe sind schlichter Unsinn und billigste Polemik." Er und seine IG-Mitstreiter würden mit der Forderung "Je höher ein Windrad ist, desto weiter muss es von der Wohnbebauung weg" keine Einzelmeinungen vertreten, sondern es sei vielmehr so, "dass sich schon Hunderte Menschen mit ihren Unterschriften unserer Haltung angeschlossen haben." Die Bürgerumfrage selbst bezeichnet Diller zwar als "gute Idee". Da sie aber auf die Stadt beschränkt sei, "ist sie eigentlich zu kurz gesprungen" und müsste nach seiner Auffassung in der ganzen VG organisiert werden. ax

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