Rechtsextreme Parolen in Saarburg - Bewegung verbreitet Plakate mit fremdenfeindlichen Inhalten

Saarburg/Kanzem/Trier · Die Identitäre Bewegung wird zum rechtsextremen Spektrum gezählt. Sie ist in der Region aktiv und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Jüngst hat sie beim Saarpedal-Erlebnistag bei Kanzem ein Banner an ein Gerüst angebracht. 14 Tage zuvor hatten sie eines an der Ruine der Saarburg aufgehängt.

Saarburg/Kanzem/Trier. Die Aussagen der Identitären Bewegung Trier auf ihrer Facebook-Seite sowie auf Plakaten sind eindeutig. Dort ist beispielsweise zu lesen: "Merkel muss weg - Heimat, Freiheit, Tradition - Multikulti Endstation" oder "Asylflut stoppen - Jetzt". Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hat jüngst der Rheinischen Post bestätigt, dass einige Bundesländer die Organisation beobachten. Man habe festgestellt, dass die Identitären "von reinen Internetaktivitäten zu Verabredungen im realen Leben übergegangen" seien.

Dass die als rechtsextrem eingeschätzte Bewegung in der Region Fuß gefasst hat, bestätigt das Multikulturelle Zentrum (MZ) in Trier. "Die Gruppe ist eine der aktivsten aus dem rechten Spektrum in der Region", teilt der Verein auf TV-Anfrage mit. Im Gegensatz zur Trierer NPD, die vor allem auf Demonstrationen setzt, versuchten sich die Identitären durch Aktionen zu profilieren.Holzkreuze und Banner


Dazu zählen beispielsweise etliche Banner, die sie immer wieder an Brücken aufhängen oder das Aufstellen von Holzkreuzen am Moselufer im September 2015. Aber auch in den Verbandsgemeinden Konz und Saarburg ist die Gruppe aktiv. So hat sie beispielsweise Ende Dezember ans Rathaus Konz ein Stofftuch mit der Aufschrift "Masseneinwanderung stoppen" und Anfang Mai an ein Gerüst auf der Saarburg eine Fahne mit der Aufschrift "Asylflut stoppen - Jetzt" angebracht.

Während die Konzer Verwaltung wegen des Vorfalls Strafanzeige erstattete (der TV berichtete), hat die Saarburger Verwaltung von der Aktion nichts mitbekommen. "Aus der Bevölkerung haben wir überhaupt keine Hinweise hierzu bekommen", sagt Susanne Rendenbach, Pressesprecherin der Verbandsgemeinde Saarburg. Möglicherweise sei das entsprechende Foto, das im sozialen Netzwerk Facebook verbreitet würde, eine Fälschung.

Mit Sicherheit keine Fälschung war das Banner, das die Identitären rund um den Erlebnistag Saarpedal Mitte Mai an einem Gerüst des Weinguts Canzheim in Kanzem befestigt hatten. Auf dem standen die beiden Buchstaben "I" und "B", außerdem war das Logo der Identitären Bewegung - der griechische Buchstabe Lambda - darauf abgebildet. "Das ist ganz schlimm, dass unser Gerüst von dieser Bewegung missbraucht wurde", sagt Anna Reimann, die Mitinhaberin des Weinguts. Das Stoffbanner sei sofort von Handwerkern entfernt worden, nachdem sie es bemerkt hätten. Zurzeit prüften sie, ob sie Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs stellen würden.Keine Strafverfahren


"Die Sachverhalte wurden jeweils nach Bekanntwerden durch das Fachkommissariat Politisch motivierte Kriminalität/Terrorismus in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Trier strafrechtlich bewertet", sagt Sabine Bamberg von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Trier. Allerdings seien keine Strafverfahren eingeleitet worden, da die Inhalte der Banner nicht strafbar seien. Rund 70 Prozent der im Jahr 2015 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Trier verfolgten, von Rechtsextremen begangenen Straftaten (117, landesweit 701) seien Propagandadelikte (76). In Bezug auf eine Verbindung zwischen Identitärer Bewegung und AfD oder deren Jugendorganisationen sagt ein Vertreter des MZ, "dass sich eine eindeutige Verbindung (der Organisationen) auf der Führungsebene nicht nachzeichnen lässt." Allerdings hätte beim Besuch des AfD-Vizes Alexander Gauland Anfang März ein Mitglied des Ordnungsdienstes einen Pulli mit dem Lambda-Logo der Identitären Bewegung getragen.Meinung

Augen auf
Die Identitäre Bewegung Trier spielt ein gefährliches Versteckspiel. Bislang steht in der Region zwar noch kein Gesicht für diese Bewegung, aber mit ihren Aktionen setzt sie Nadelstiche. Denn jedes Mal, wenn die Identitären erfolgreich Banner an Brücken, Gerüste oder Kulturdenkmäler anbringen, werben sie mit diesen - und das ist jetzt ironisch zu verstehen - Erfolgen. Deshalb sind alle in der Region aufgefordert, wachsam zu sein. Denn nur wenn alle die Augen offenhalten, kann sich das rechte Propagandagift gar nicht erst verbreiten. Dann verlieren diese Akteure ihre Masken und müssen sich der gesellschaftlichen Diskussion stellen. Nur so schützen wir dauerhaft Asylbewerber, Homosexuelle und Minderheiten vor rechtsextremen Gewalttaten, die im vergangenen Jahr auch in der Region Trier stark zugenommen haben. saarburg@volksfreund.deExtra

Die Identitäre Bewegung hat ihren Ursprung in Frankreich. Sie entwickelte sich aus dem Bloc identitaire, der 2003 gegründet wurde. Die Bewegung ist ein loser Verbund rechtsextremer und völkischer Gruppen. Aus Sicht der Identitären wehrt man sich vor allem gegen eine zunehmende "Islamisierung" Europas. So wird behauptet, dass die kulturelle Identität einer Nation beispielsweise durch Einwanderung von Muslimen bedroht sei. Ihr Zeichen ist der gelbe griechische Buchstabe Lambda auf schwarzen Grund, das symbolisch für den Kampf der Spartaner (Europäer) gegen die Perser (Muslime) an den Thermopylen steht. Der Sozialwissenschaftler Thomas Pfeiffer, Mitarbeiter der Abteilung Verfassungsschutz im nordrhein-westfälischen Innenministerium, sieht zum Teil Überschneidungen mit anderen rechtsextremen Gruppierungen. itz

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