Reformer in den Weinbergen der Saar

Serrig/Konz · Die Winzerszene verändert sich. Etliche Weingüter sind in neue, jüngere Hände übergegangen. Und in Serrig und Ockfen werden große Flächen nicht mehr mit Riesling, sondern mit exotischen Reben bepflanzt.

 Nicole, Dennis und Sarah Schmitt steigen mit in das elterliche Weingut König Johann in Konz-Filzen ein. TV-Foto: Alexander Schumitz

Nicole, Dennis und Sarah Schmitt steigen mit in das elterliche Weingut König Johann in Konz-Filzen ein. TV-Foto: Alexander Schumitz

Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"

Serrig/Konz Michael Schnur-Schmitt ist vor zwei Jahren schwer erkrankt. Knapp überlebte der Winzer eine Herzerkrankung. "Danach stellte sich die Frage, wie es mit unserem Weingut König Johann weitergeht", erinnert er sich im TV-Gespräch. Zunächst hatte er anschließend eine Weinberaterin eingestellt und wollte sich von dem Betrieb in Konz-Filzen trennen. Doch als ihm die "neue" Stilistik der Beraterin nicht gefiel, trommelte er den Familienrat zusammen. Für seine Kinder Dennis, Nicole und Sarah war es dann keine Frage. Sie wollten das Weingut halten und entschieden sich, in den Betrieb mit einzusteigen. Gemeinsam wurde die Marke DNS entwickelt. "Wir setzen jetzt wieder komplett auf spontan vergorene Weine", sagt Dennis Schmitt, der an der Hochschule Geisenheim Weinbau und Önologie studiert.

Dort lernt auch Felix Heimes. Er ist verantwortlich für den Ausbau der Weine im Serriger Weingut Würtzberg, das seine Familie vor einem knappen Jahr von Doktor Jochen Siemens übernommen hat (der TV berichtete). Siemens hatte im Sommer 2016 das Weingut aus Altersgründen verkauft. Ludger Neuwinger-Heimes ist bei der weltweit aktiven Freudenberg-Gruppe, einem Technologieunternehmen, für die Bereiche Finanzen, Informationstechnologie und Unternehmensübernahmen verantwortlich. "Wir wollen die beiden Lagen Herrenberg und Würtzberg mit ihrem jeweils typischen Lagen-Charakter setzen", sagt Felix Heimes, dessen beiden Geschwister ebenfalls im Weingut mitarbeiten.

Christiane Wagner aus Saarburg hat bereits vor einigen Jahren das Familienweingut übernommen. Seit diesem Jahr bewirtschaftet sie auch eine der exponiertesten Lagen in Saarburg: Den Laurentiusberg unterhalb der Laurentiuskirche. Josef Dienhart hat sich altersbedingt von einem Teil seiner Weinberge getrennt. "Der Laurentiusberg ist ein Wingert mit Geschichte und großem Potential", erklärt Christiane Wagner, während sie von einem Schieferfelsen aus auf die rund 1000 Rebstöcke blickt. Die Winzerin, die Mitglied im Verband der Prädikatsweingüter (VdP) ist, will die Lage mit den großteils wurzelechten Reben von diesem Verband klassifizieren lassen.

Wer zurzeit über die K 139 von Serrig in Richtung Greimerath fährt, sieht auf der anderen Seite des Serriger Bachtals große Veränderungen. Die Weinberge vor der früheren Weinbaudomäne (siehe Info) sind großflächig gerodet. Es laufen Vorbereitungen, die Flächen mit neuen Reben zu bepflanzen. Die frühere, 22 Hektar - das entspricht der Größe von etwa 30 Fußballfeldern - große Weinbaudomäne hat 2016 Markus Molitor aus Bernkastel-Wehlen (Landkreis Bernkastel-Wittlich) von Eric Le Moguen erworben (der TV berichtete).

Bewegung kommt auch in den Ockfener Geisberg. Hier werden zurzeit von Markus Molitor und Roman Niewodniczanski, Inhaber des Weinguts van Volxem aus Wiltingen, die Rebflächen bepflanzt. Beide hatten vor rund zwei Jahren die brachgefallenen Flächen von etlichen Eigentümern gekauft. Ihre damalige Vision war, eine der zu Beginn des 20. Jahrhunderts renommiertesten Lagen wieder wach zu küssen (der TV berichtete).

Während die meisten Winzerbetriebe an der Saar weiter auf Riesling setzen, geht Helmut Plunien, Inhaber des Weinguts Vols in Ayl, mit einer jüngst neu bestockten Fläche im Wiltinger Schlangengraben einen anderen Weg. Er hat dort gemeinsam mit dem Weingut Rinke aus Mertesdorf im Ruwertal Sauvignon Blanc-Klone gepflanzt und setzt auf eine Umkehrerziehung. Das ist eine Hochstamm-Erziehung, bei der die Fruchttriebe nach unten hängen. Abgeguckt hat er sich diese Idee vom Arbustum in Ayl. In der europaweit einzigartigen Versuchsfläche der Universität Freiburg wachsen die Weinreben zwischen Pappeln und Eichen. "Die Weine aus diesem Wingert sind fantastisch. Allerdings verzichte ich dann doch auf die Bäume in meinem Weinberg. Das würde die Arbeiten im Weinberg nur verkomplizieren", sagt Plunien.

Um den Riesling dreht sich dann wieder fast alles beim Weingut Cantzheim in Kanzem. Dort hat Anna Reimann das ehemalige Weingutshaus des Prämonstratenserklosters Wadgassen (Saarland) zu einem Weingut umgebaut. Ihren ersten Jahrgang präsentiert sie am Samstag, 24. Juni, und Sonntag, 25. Juni. Zeitgleich ist in Rheinland-Pfalz der Tag der Architektur, an dem sich auch das Weingut beteiligt, und es besichtigt werden kann.KommentarMeinung

Mythos Saarwein
Der Weinbau an der Saar erlebt zurzeit eine Renaissance. Er kann anknüpfen an die großen Zeiten vor dem Ersten Weltkrieg, als Weine von der Saar teurer waren als die aus dem Bordelais. Zeichen hierfür sind Rekord-Preise, die beispielsweise Egon Müller vor zwei Jahren mit einer 2003er Trockenbeerenauslese erzielte, und die vom Weinkritiker
Gault-Millau ausgezeichneten Winzer Florian Lauer (Kollektion des Jahres
2015) sowie Hanno und Dorothee Zilliken (Winzer des Jahres 2016). Es sind aber nicht nur diese Höchstleistungen, die den Saarwein pushen. Es sind sowohl junge wie erfahrene als auch mutige Winzer, die ihr Herz für die Steillagen am längsten Nebenfluss der Mosel entdeckt haben. Mit Leidenschaft setzen sie sich für die Kulturlandschaft ein und bauen so am Mythos Saarwein mit. saarburg@volksfreund.deExtra: ABLEGER DER TRIERER DOMÄNE


Die Staatliche Weinbaudomäne Trier wurde 1896 auf Initiative des Agrarwissenschaftlers Hugo Thiel (1839-1918) gegründet. Als Modellbetrieb sollten rationelle Weinanbaumethoden gefördert und zu Fragen des Pflanzenschutzes geforscht werden. Zur Weinbaudomäne Trier (im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz) gehörten ursprünglich auch die Domänenweingüter in Ockfen und Serrig. 1977, nach der Fusion der Domäne mit der Landes-Lehr- und Versuchsanstalt, wurden die Lagen Serrig und Ockfen privatisiert.

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