Reise durch Gefühle

SCHWEICH. (ae) Selten erlebte die Synagoge Schweich einen so großen Publikumsansturm wie zum Klezmer-Konzert der Klarinettistin Irith Gabriely und ihres neuen Quartetts im Rahmen der Jüdischen Tage. Und die Erwartungen wurden an diesem Abend voll unbändiger Lebenslust, Freude und Temperament mehr als erfüllt.

Der Begriff "Klezmer" ist aus aramäischen Wortstämmen abgeleitet und bedeutet: "Der Mensch macht sich zum Überbringer der Musik." Damit ist auch in Kurzform gesagt, was Gäste eines Konzerts mit der als "Klezmer-Queen" ausgezeichneten Irith Gabriely erleben. Zu Beginn des Auftritts ist sie zunächst nicht auf der Bühne. Stattdessen stimmen Komponist und Arrangeur Peter Przystaniak am Piano und Cellist Stefan Welsch mit einer fast klassisch klingenden Einführung von Max Bruch auf kommende Genüsse ein. Doch dann öffnet sich die Tür zum Konzertsaal und melancholische Klarinettenklänge, begleitet von einer gefühlvollen Geige, bahnen sich ihren Weg geradewegs in die Herzen der Zuhörer. Da wollen Tränen der Rührung aufsteigen, aber im nächsten Moment wandeln sich Rhythmus und Tempo und reißen mit in einen fröhlichen Tanz, wo Füße zu wippen und Finger zu trommeln beginnen. Das ist charakteristisch für diesen Abend. Er führt auf eine musikalische Reise durch Gefühle wie Freude und Melancholie, die geradezu etwas weltumspannend Verbindendes hat. Nicht umsonst, denn die Feidmann-Schülerin Irith Gabriely und ihr Ensemble verknüpfen den Ursprung von Klezmer, der Musik der osteuropäischen Juden, die auf Festen jeder Art gespielt und später von zahlreichen Kulturen beeinflusst wurde, mit klassischen und modernen Elementen. So entstehen eigene Arrangements und Kompositionen einer neuen lebendigen "Weltmusik" mit Zitaten von Klassikern wie Beethoven, aus Jazz, südamerikanischer Samba oder spanischer Folklore. Das alles gespielt von Musikern, über die Irith Gabriely sagt: "Ich gebe mich mit nichts weniger zufrieden als mit großen Solisten." Tatsächlich glänzen alle durch Virtuosität, auffallend die Violinistin Elisabeth Bogensberger, die zwei Konzerte des Wiener Kammerorchesters abgesagt hat, um mit Gabriely auf Tournee zu gehen. Doch dafür, dass der Funke endgültig überspringt, sorgt die Frontfrau selbst, nicht nur durch musikalisches Können. Mit funkelnden Augen, aus denen das Temperament nur so hervorsprüht, stellt sie Kontakt zum Publikum her, hüpft durch die Reihen, über die Bühne, erzählt Anekdoten und schlüpft dabei in die Rollen der Beteiligten. Dem kann sich niemand entziehen. Und so wünschen sich die Zuhörer noch unzählige Zugaben, spenden stürmischen Applaus und viele persönliche Dankesworte.

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