Reise in die Romantik

KONZ-KARTHAUS. Der israelisch-amerikanische Pianist Menachem Har-Zahav begeisterte im Kloster Karthaus mit Werken von Frédéric Chopin, Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy und Franz Liszt.

 Pianist Menachem Har-Zahav beeindruckte mit Chopin, Beethoven und Mendelssohn Bartholdy das Konzer Publikum. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Pianist Menachem Har-Zahav beeindruckte mit Chopin, Beethoven und Mendelssohn Bartholdy das Konzer Publikum. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Im Vergleich zum großen Konzertflügel wirkt der Pianist aus Kansas-City fast schon schüchtern. Selten blickt er ins Publikum, spricht mit seinen Zuhörern kein Wort. Doch nicht die Stimme, sondern die 88 Tasten seines Arbeitsgerätes sind es, die an diesem Nachmittag im Kloster Karthaus für die Verständigung zwischen Akteur und Auditorium sorgen.Mal schnell und laut, mal gebunden und zart

Mit Chopins "Prélude" in E-Moll zeigt Har-Zahav gleich zu Beginn die ganze Bandbreite seines pianistischen Könnens. In hohen und tiefen Tonlagen finden die flinken Finger den richtigen Weg, arbeiten mal unisono, mal vielstimmig. Gleiches bei Chopins "Polonaise" in D-Moll. Lange Arpeggi - das Auflösen von Akkorden in ihre Einzeltöne - über mehrere Oktaven fordern nicht nur präzise Fingersätze, sondern auch konsequenten Einsatz des Sostenuto-Pedals. Dieses lässt die angeschlagenen Töne lange nachklingen - gerade Chopin machte sich diesen Effekt zu Nutze und kontrastierte das gebundene "legato" virtuos mit dem kurz gespielten "staccato". Dass Har-Zahav das perfekt umzusetzen weiß, zeigte er auch bei Chopins quirliger "Tarantelle" in As-Dur. Der Ausnahmepianist überzeugte ebenfalls mit Beethovens Sonate in C-Dur. Schnell und vor allem laut präsentierte Har-Zahav virtuos das "Allegro con brio" (italienisch für "schnell und mit steigendem Tempo"), die "Introduzione" mit dem langsameren "Adagio" und anschließendem Rondo in gemäßigter "Allegretto"-Geschwindigkeit. Boston, Mailand, Berlin und Konz

Den Höhepunkt des Abends war Felix Mendelssohn Bartholdys "Fantasie" in drei Sätzen. Schnelle Arpeggi und häufige Tonartwechsel machen die besondere Virtuosität des Stückes aus. Dabei hat sich der auf Romantik spezialisierte Har-Zahav, der mit vier Jahren mit dem Klavierspielen begann und später klassisches Klavier studierte, nicht zufällig Mendelssohn Bartholdy ausgesucht: Als gläubiger Jude findet Har-Zahav in Mendelssohn Bartholdy nicht nur einen ebenfalls jüdischen Komponisten, sondern auch einen mit besonderem Hintergrund: Nachdem Mendelssohn Bartholdy das Gewandhausorchester in Leipzig zu einem der besten Klangkörper Europas gemacht hatte, wurde der in Leipzig verstorbene Komponist posthum aus dem antisemitischen Lager Richard Wagners scharf kritisiert. Zur Zeit der Nationalsozialisten gänzlich verboten, erlebte er in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine beeindruckende Renaissance in der klassischen Klaviermusik. Mit dem "Totentanz" von Franz Liszt zeigte Har-Zahav den obligatorisch harten Anschlag und kontrastierte diesen mit weichen und melodischen Passagen. Mit langem Applaus bedankte sich das Publikum für die Leistung. "Ich habe Har-Zahav zum ersten Mal gehört und bin wirklich begeistert - nicht nur von seiner Spielweise, auch von der Person", sagte eine Zuhörerin. "Manchmal hat er etwas zu stark in die Tasten gehauen, aber das mag auch am kleinen Saal liegen", sagte ein Besucher. Und tatsächlich spielt Har-Zahav auch auf den ganz großen Bühnen. Aber es muss ja auch nicht immer Boston, Mailand oder Berlin sein. Har-Zahav ist wieder am 24. März um 20 Uhr in der Synagoge Schweich zu hören.

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