"Rentnerband" mit großem Erfolg

KASEL. Mit nur 13 Mitgliedern gilt die "Kaseler Winzergenossenschaft eG" als die kleinste Vereinigung dieser Art in Deutschland. Trotzdem ist sie weit über die Grenzen des Ruwertales hinaus wegen ihrer hervorragenden Erzeugnisse bestens bekannt und geschätzt.

Die 13 Winzer kommen aus Kasel sowie den benachbarten Orten Mertesdorf und Waldrach. Sie bewirtschaften ihre Weinberge im "Nieschen", dem "Herrenberg" oder der "Krone", liefern die Trauben in das eigene Genossenschaftsgebäude in der Kaseler Schulstraße und überlassen der "Kernmannschaft" den Ausbau des Weines. Diese "Kernmannschaft" besteht aus gelernten Winzern, die alle im Rentenalter sind. Aber: Der Nachwuchs würde schon "Gewehr bei Fuß" stehen und tatkräftig mithelfen, betont man bei der Winzergenossenschaft. Seit mittlerweile 70 Jahren besteht die Vereinigung der Kaseler Winzer. Ihr Vorsitzender ist Ludwig Scherf. Regelmäßig trifft er sich mit seinen Vorstandskollegen Josef Biewer und Leo Adams im Keller des Genossenschaftsgebäudes. Sauberkeit wird dort groß geschrieben. Die Edelstahltanks und der große Filter blitzen im Neonlicht, die Schläuche sind sauber und auf Vorrichtungen aufgehangen. Mit einem Blick in Richtung des Dachstuhles sagt Adams: "Den müssten wir ein wenig sanieren." Hauptsächliches Ziel ist es aber, einen guten Wein zu schaffen. Heute steht bei den Dreien die Probe der "Neuen" an. Sie schlürfen, schmecken und kauen den noch nicht blanken, aber schon vergorenen Wein. "Daraus hätte man früher eine schöne Spätlese geschaffen," sagt Scherf. "Wir machen aber einen guten, trockenen Kabinett daraus." Josef Biewer hat derweil beim nächsten Edelstahlbehälter Halt gemacht, in dem ein lieblicher Wein auf seine weitere Verarbeitung wartet: "Der ist schon eher mein Fall." Die Kaseler Winzer sind mit ihrem Wein, ob nun trocken oder lieblich, sehr zufrieden. Wegen ihrer Erfahrung und dem Geschick im Umgang mit dem Wein gilt die "Kaseler Winzergenossenschaft EG" als Geheimtipp und erhält in der Fachpresse uneingeschränkt lobende Kritiken. Bedenkt man, dass die Mitglieder diese Arbeit ehrenamtlich und als Hobby bewältigen, ist verständlich, dass die Flaschenpreise entsprechend niedrig kalkuliert werden können. Scherf: "Jährlich fallen bei uns nur rund 6 000 Euro an Lohnkosten an. Die entstehen, wenn wir an drei Tagen etwa 15 000 Liter Wein abfüllen." Mit dem weit unter Tarif bezahlten Lohn verdienen sich die Helfer der "Rentnerband", wie sie sich selbst bezeichnen, allerdings keine "goldene Nase". Die Winzergenossenschaft hat eine Lagerkapazität von zwei Ernten. Sie kann 140 000 Liter in Fässern und Flaschen einlagern und bietet dem Fachhandel, der Gastronomie, aber natürlich auch dem Privatkäufer Weine aller Güteklassen vom Qualitätswein bis zur edlen Auslese an. Die Bemühungen nach Qualität haben in den vergangenen sieben Jahrzehnten immer wieder Erfolge gebracht. So gab es wiederholt hohe Anerkennungen und Auszeichnungen der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Die Weine sind natürlich mit der Herkunftsangabe, also der Einzellagen in Kasel, Mertesdorf und Waldrach, ausgezeichnet. Als mittelgroßer Erzeugerbetrieb, er bewirtschaftet rund zweieinhalb Hektar Anbaufläche, ist die Kaseler Winzergenossenschaft in der Lage, dem interessierten Weinfreund in überschaubarer Weise den Werdegang des Weines von der Traube bis zur Flaschenfüllung bei einer Kellerführung zu verdeutlichen. Natürlich kann jederzeit nach vorheriger telefonischer Absprache eine Weinprobe damit verbunden werden. Eines ist der "Kernmannschaft" aber auch klar: "Mit dem Computer fangen wir nicht mehr an." Die Bewegungen im Keller, die Einnahmen und Ausgaben verbucht Ludwig Scherf wie eh und je von Hand im Kellerbuch und seinem Journal. "Und wenn ein Kunde zehn verschiedene Weine kauft, schreibe ich jede Sorte einzeln mit einem Kugelschreiber auf die Rechnung," sagt er.

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