Revolution in den Rathäusern

Auch diesmal kannte das Narrenvolk kein Erbarmen: Am dicken Donnerstag haben die karnevalistischen Horden erfolgreich die Rathäuser in Hermeskeil und Kell am See gestürmt, die Bürgermeister zum Abdanken gezwungen und während der tollen Tage das Kommando an sich gerissen.

Hermeskeil/Kell am See. Es ist 11.11 Uhr in der Hermeskeiler Zentrale der Macht und noch verdächtig ruhig: Sollte Stadtbürgermeister Udo Moser tatsächlich das Schicksal von "Königin Ilona", seiner Vorgängerin, erspart bleiben, die alle Jahre wieder am dicken Donnerstag vom Thron gestürzt wurde?

Nein, es ist nur eine kurze Galgenfrist, die die närrische Truppe des Karnevalsvereins Ruck Zuck dem Stadtoberhaupt in der letzten noch verbleibenden Bastion des tierischen Ernstes vergönnt. Zwar hat sich Moser extra seinen Beigeordneten Willi Auler und VG-Verwaltungschef Michael Hülpes als Verstärkung mit in den großen Rathausssaal genommen.

Doch dem Ansturm der Narren-Armada hat auch dieses Dreigestirn nichts entgegenzusetzen. Mit einer halben Stunde Verspätung - beim Eroberungszug durch die anderen Behörden und Banken in der Stadt haben sie sich etwas verbummelt - rollt der blau-weiße Pulk mit Gardemädchen und Elferrat heran. Sie eskortieren das Prinzenpaar Torsten I. und Silke I., die Moser sofort zur Kapitulation auffordern: "Wir sind gekommen, und jetzt wird das Rathaus eingenommen. Vergebens ist die Gegenwehr. Bringt den Schlüssel zu uns her."

Keine Chance für den Bürgermeister



"Das fällt mir schwer", meint der Stadtbürgermeister zwar noch zerknirscht. Immerhin hat er selbst die Regierungsgewalt in Hermeskeil erst vor ein paar Monaten übernommen. Doch angesichts der närrischen Übermacht muss er einsehen: "Ich habe keine Chance und muss mich ergeben." Die Revolution im Rathaus ist somit auch diesmal im Handstreich geglückt. Die Ruck-Zuck'ler bejubeln das mit einem dreifachen "Helau", und das Prinzenpaar zeigt sich generös mit den Verlierern. Es verabschiedet sie mit Handschlag, Küsschen links, Küsschen rechts und dem Versprechen, dass sie am Aschermittwoch wiederkommen dürfen: "Dann ist wieder alles beim Alten, und ihr könnt dann nochmal schalten und walten."

Zwölf Kilometer weiter lässt die närrische Invasion bis zum Nachmittag auf sich warten. Doch auch im Rathaus in Kell ist gegen die geballten karnevistischen Sturmtruppen aus der gesamten Verbandsgemeinde kein Kraut gewachsen. Hausherr Werner Angsten und seine getreuen Verwaltungsmitarbeiter sehen sich Aug in Aug mit einer kostümierten Putschisten-Schar. Die Aufständischen kommen vom heimischen Karnevalsklub "Callida", aus Greimerath, Mandern, Schillingen-Heddert, Lampaden und Zerf.

Widerstand zwecklos



Dem alterfahrenen Bürgermeister wird schnell bewusst: Hier ist jeder Widerstand zwecklos, die Zeit seiner Regentschaft ist vorbei, und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als vorläufig abzudanken. Das macht Angsten aber nur, indem er sich in Galgenhumor flüchtet und seinen närrischen Nachfolgern zuruft: "Nehmt den Rathaus-Schlüssel und geht hin, in unserer Kasse ist sowieso nichts drin!"

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