Richter entscheiden erneut über Seilbahn

Tawern/Koblenz · Juristen aus ganz Deutschland blicken auf einen Präzedenzfall aus Tawern: Eine Frau klagt gegen eine Seilbahn auf einem Spielplatz in direkter Nachbarschaft zu ihrer Wohnung, obwohl Kinderlärm gesetzlich einen Sonderstatus hat. Am heutigen Mittwoch ist die Berufungsverhandlung am Oberverwaltungsgericht in Koblenz.

 Müssen Anwohner Kinderlärm und Geräusche der Geräte auf diesem Spielplatz tolerieren? Die Sache beschäftigt wiedr das Verwaltungsgericht.

Müssen Anwohner Kinderlärm und Geräusche der Geräte auf diesem Spielplatz tolerieren? Die Sache beschäftigt wiedr das Verwaltungsgericht.

Foto: Friedemann Vetter

Müssen Anwohner alle Geräusche tolerieren, die von einem Spielplatz kommen? Oder ist der Lärm, der von einem Spielgerät ausgeht, von dem Geräuschpegel der spielenden Kinder zu trennen? Das ist die Frage, über die das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz am heutigen Mittwoch, 24. Oktober, verhandelt. Ein Urteil folgt in der Regel innerhalb von vier Wochen.

Geklagt hat eine Frau aus Tawern, die behauptet, der Lärm von einer Rutschseilbahn auf einem Spielplatz neben ihrer Wohnung schade ihrer Gesundheit. Das Trie rer Verwaltungsgericht (VG) wies ihre Klage im Februar ab. Jetzt verhandelt das das OVG den Fall in zweiter Instanz.

Der Trierer Richter hatte entschieden, dass die Tawernerin mit dem Geräuschpegel leben muss. Der Lärm von der Seilbahn sei nicht von dem im Paragraf 22 des Bundesimmissionsschutzgesetzes geschützten Recht von Kindern auf Lärm zu trennen.

Nicht nur Lachen, Singen, Weinen, Rufen, Schreien, Kreischen, Laufen, Springen und Tanzen müssen Anwohner eines Spielplatzes laut dem Urteil tolerieren. Auch wenn die Geräusche von einem Spielgerät und nicht vom spielenden Kind selbst stammten, fallen sie unter den privilegierten Kinderlärm, urteilt das Trierer Gericht. Während viele Tawerner froh über das Urteil vom Februar sind, zeigte sich die Klägerin enttäuscht. Sie ließ nicht locker und beantragte schon kurz nach der Urteilsverkündung die Berufung. Das OVG gab dem Antrag statt.

Die Frau will nun eine Grundsatzentscheidung erzwingen und ihre Sicht auf das Spielgerät bestätigt wissen. Ihr Anwalt, Ralf Trilsbach, betont, dass die Seilbahn kein notwendiges Merkmal des Spielplatzes sei. Und als Gerät sei es dem normalen Immissionsschutz unterworfen - unabhängig von der Toleranz für Kinderlärm. Außerdem sei die Seilbahn viel zu nah an dem Grundstück der Klägerin gebaut worden - der Einzelfall müsse genauer geprüft werden, als es das Trie rer Gericht gemacht habe, meint Trilsbach. In der Zwischenzeit war auch die Gemeinde aktiv. "Wir sind deeskalierend tätig geworden", sagt der Tawerner Ortsbürgermeister Josef Weirich. So sei zum Beispiel - wie von dem Trierer Richter Reinhard Dierkes angeregt - als natürlicher Lärmschutz eine neue Hecke angepflanzt und ein neues Seil eingezogen worden. "Dem Empfinden nach ist es ein gutes Stück leiser als das alte." Bei einer Klage gegen einen Spielplatz in Bitburg im April waren solche Maßnahmen Bedingung des abschließenden Vergleichs. Dort wurden unter anderem Hecken gepflanzt und Spielgeräte versetzt.

Vor dem Koblenzer Gericht könnte jetzt eine Grundsatzentscheidung fallen, die Auswirkungen auf andere Spielplätze hat. Das Gericht könnte Ausnahmen festlegen - ob zum Beispiel der Seilbahn-Lärm vom Kinderlärm getrennt betrachtet werden darf. Die Konsequenz: Die Seilbahn in Tawern müsste um- oder abgebaut werden. Weitere Klagen in anderen Orten drohen. Sollte das OVG die Klage abweisen und eine Revision zulassen, könnte der Tawerner Fall am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig landen. Der Anwalt der Klägerin hat schon jetzt beantragt, eine Revision zuzulassen. Spätestens in Leipzig fällt dann eine Grundsatzentscheidung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort