Rissig-graue Haut auf morschem Gerippe

WELLEN/GREVENMACHER. Die alte Dame muss weg. Da ist nicht nur der Lack ab. Unter der rissig-grauen Haut ist das Gerippe morsch. Und buckeln kann sie kaum noch was. Ganze 24 Tonnen darf sie noch tragen – zu wenig für eine ordentliche Flussüberquerung. Die Mosel-Brücke Wellen/Grevenmacher hat ausgedient. Endgültig.

 Altersschwach und lastbegrenzt: Die Nachkriegsbrücke Wellen/Grevenmacher hat ausgedient. Noch in diesem Jahr soll entschieden werden, wie die neue Brücke aussehen wird. TV-Foto: Klaus D. Jaspers

Altersschwach und lastbegrenzt: Die Nachkriegsbrücke Wellen/Grevenmacher hat ausgedient. Noch in diesem Jahr soll entschieden werden, wie die neue Brücke aussehen wird. TV-Foto: Klaus D. Jaspers

Noch in diesem Jahrzehnt wird sie einer neuen Brücke weichen: möglicherweise einem eleganten bogenförmigen Tragwerk, woran zwei durch einen hohen Schrammbord voneinander getrennte Fahrbahnen nebst Fußgängerwegen aufgehängt sind. Anders als die noch existierende Nachkriegsbrücke, die drei Tragpfeiler im Fluss benötigt, soll sich das neue Bauwerk nur auf je einen Pfeiler an jedem Ufer stützen. Die Entscheidung über den Bau fällt in diesem Jahr.Luxemburg hat Planungshoheit

Träger der Planung ist - wie für alle Moselbrücken im deutsch-luxemburgischen Flussverlauf - Luxemburg; das Bundesverkehrsministerium ist zuständig für die Sauerbrücken und delegiert seine Aufgaben an den rheinland-pfälzischen Landesbetrieb Mobilität. Geplant wird binational, die zuständigen Landesbehörden arbeiten eng zusammen. Karl-Heinz Frieden, Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Konz: "Es hätte wenig Sinn, wenn jeder für sich herumbastelte, und am Ende träfen die beiden Brückenteile nicht zusammen." Soviel Ungemach ist nicht zu erwarten. Das Baukonzept ist bei viel weiter spannenden Flussbrücken erprobt, beispielsweise in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf. Dort musste in den 60er-Jahren die einzige, äußerst stark befahrene Brücke zwischen der rechtsrheinischen Altstadt und dem linksrheinischen Stadtteil Oberkassel "unter Verkehr" erneuert werden. Oberhalb des in den ersten Nachkriegsjahren gebauten Brücken-Provisoriums wurde eine neue Brücke zusammengeschweißt und -geschraubt und mit Behelfsauffahrten versehen. Während der Verkehr vorübergehend über die neue Brücke floss, wurde die alte Brücke demontiert. Dann wurden zuerst die alten Auffahrten der neuen Konstruktion angepasst, anschließend die neue Brücke mit starken Hydraulikstempeln auf Schienen sowie "aus der Raumfahrt stammenden" Rutschkissen (vermutlich Teflon) Zentimeter für Zentimeter an ihren vorbestimmten Platz verschoben. Zwischen Wellen und Mertert will man sich ähnlicher Technik bedienen. Ob das ebenso aufwändig sein wird wie vor fast einem halben Jahrhundert in Düsseldorf, ist unbekannt. Nur soviel steht fest: Während die alte Brücke abgerissen wird, montiert man die neue. Dann wird die an ihren endgültigen Standort verschoben. Drei Monate läuft zwischen Wellen und Mertert gar nichts. Ob sich eine Tankreise über Perl, Konz oder Trier lohnt, müssen Spritdurstige ausrechnen. Vielleicht ergibt sich ein Umsatzschub für die Oberbilliger Fähre "Sankta Maria". An allem gespart, weil nichts da war

Normalerweise wird Brücken ein hundertjähriges Leben zugerechnet. Weshalb Fachleute die Wellener Brücke schon jetzt als nicht mehr sanierbar ansehen, ist in den Besonderheiten der frühen Nachkriegszeit begründet. "Da wurde", so Karl-Heinz Frieden,"an fast allem gespart, was Beton haltbar macht. Nicht aus Geiz, sondern weil nichts da war." Daran soll und wird es jetzt nicht hapern. Das Ländchen und die Bundesrepublik teilen sich die Kosten, deren Höhe noch nicht feststeht.

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