Ruck-zuck wird die Sporthalle zum Wohnquartier

Gutweiler/Hermeskeil · Im Notfall sollen innerhalb von 24 Stunden in der Altenberghalle in Gutweiler bis zu 150 Flüchtlinge untergebracht werden. Warum gerade diese Halle ausgesucht wurde und wie das funktionieren soll, darüber informierten Gemeinde, Kreis, Rotes Kreuz und Polizei auf einer Bürgerversammlung..

Gutweiler/Hermeskeil. Derzeit werden in mehreren Orten des Kreises Trier-Saarburg Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge hergerichtet. Bis Ende März sollen so kreisweit etwa 800 Plätze für Asylbewerber geschaffen werden. Diese Gemeinschaftsunterkünfte und der Wohnraum, der von privater Seite zur Verfügung gestellt wird, können - soweit das jetzt absehbar ist - den Bedarf im laufenden Jahr decken. Doch was ist, wenn dem Kreis mehr Asylbewerber als erwartet zugewiesen werden?
Dafür hat der Kreis ein Notfallkonzept entwickelt. Es sieht vor, dass möglichst in jeder der sieben Verbandsgemeinden des Kreises eine Halle vorgehalten wird, in der innerhalb kürzester Zeit Flüchtlinge aufgenommen, versorgt und betreut werden können. Die Verbandsgemeinde Hermeskeil zum Beispiel hat dem Kreis die Sporthalle in Züsch als Notunterkunft gemeldet. Dort könnten nach Auskunft von VG-Bürgermeister Michael Hülpes im Ernstfall bis zu 100 Menschen untergebracht werden.
Voraussetzung ist, dass die Hallen nicht für den Schulsport gebraucht werden. Die erste Halle, für die der Kreis und das Rote Kreuz nun eine konkrete Planung für den "Ernstfall" vorgelegt haben, ist die Altenberghalle in Gutweiler. Sie wird derzeit von Vereinen für sportliche und andere Aktivitäten genutzt. "Wir gehen davon aus, dass die Halle nicht für Flüchtlinge gebraucht wird", sagte Sozialamtsleiter Detlef Schmitz von der Kreisverwaltung, "aber wir wollen für den Notfall gewappnet sein."
In Absprache mit der Verbandsgemeindeverwaltung Ruwer hatte Gutweilers Ortsbürgermeister Günter Jakobs die Altenberghalle beim Kreis angemeldet (TV vom 19. November 2015). Das Quartier in Gutweiler sei logistisch hervorragend geeignet, sagte Meik Matthias. Er ist Leiter des sozialen Dienstes beim Roten Kreuz in der Aufnahmestelle (Afa) Hermeskeil und hat das Notfallkonzept für die Altenberghalle miterstellt.Kein "Lagerkoller"


Laut Matthias sollen im Bedarfsfall binnen 24 Stunden 75 Doppelbetten in der Hallenmitte aufgestellt werden - im Stecksystem. Im Bereich der Nebenräume soll ein Aufenthaltsbereich geschaffen werden, ferner eine "Kinderstube", ein kleiner Sanitätsbereich und eine Ecke für die Essensausgabe. Im Außenbereich sollen Toilettencontainer aufgestellt werden. Ein Anbau an die Halle sei nicht nötig. Erfahrungsgemäß trete kein "Lagerkoller" auf, beantwortete Matthias die Frage eines Besuchers, der darauf hingewiesen hatte, dass es im beschaulichen Gutweiler mit seinen 700 Einwohnern kaum Beschäftigungsmöglichkeiten für Flüchtlinge gebe. "Der Tagesablauf wird erfahrungsgemäß gut angenommen", sagte der DRK-Leiter. Es werde eine Kinderbetreuung angeboten, die Erwachsenen beschäftigten sich viel mit ihrem Smartphone, um Kontakt zu ihrer Heimat zu halten, oder mit Gesellschaftsspielen. Die Reinigung der Unterkunft werde teilweise von den Flüchtlingen selber übernommen. Bürgermeister Bernhard Busch (Verbandsgemeinde Ruwer) ergänzte, dass die Asylbewerber, sofern sie denn nach Gutweiler kommen, auch bei der Säuberung des Ruwer-Hochwald-Radweges oder im Freibad Mertesdorf eingesetzt werden. Busch: "Die wollen arbeiten und nicht rumgammeln." Busch versprach, man werde die von Teilen der Bevölkerung geäußerten Ängste ernst nehmen, jedoch sollte "die Angst nicht unser Denken bestimmen".
Auch Polizeihauptkommissar Horst Hoffmann, der seit Jahren im Aufnahmezentrum Trier Dienst versieht, ist zuversichtlich: "Die Delikte nehmen nicht zu. 150 Flüchtlinge ist ein überschaubarer Rahmen, das wird eine Bereicherung für Gutweiler." So sehen das auch viele Bürger. Einige boten ehrenamtliche Hilfe an, darunter Hubert Ries und Herbert Tholl. Jutta Raab vom Flüchtlingsnetzwerk Ruwertal lud alle Anwesenden herzlich zum nächsten Café Welcome am 23. Januar ins Familienzentrum Waldrach ein: "Da können Sie die Flüchtlinge kennenlernen, die jetzt schon da sind." alfMeinung

Die Zuversicht ist gewachsen
Dass Hallen als schnell verfügbare Notunterkünfte für Flüchtlinge vorgehalten werden, ist strategisch unerlässlich. Wer kann schon voraussagen, wie sich die Flüchtlingsströme entwickeln? Konfliktherde gibt es viele, auch plötzliche Grenzschließungen oder Zaunbauten können die Zuzüge in Deutschland von heute auf morgen drastisch erhöhen. Alles schon da gewesen. Die Bereitschaft, die Altenberghalle im Notfall Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, muss man der Gemeinde Gutweiler und den Vereinen des Ortes hoch anrechnen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Halle über Monate oder gar Jahre benötigt wird, aber wenn der Bedarf da ist, dann müssen alle Nutzer von jetzt auf gleich raus. Das ist keine leichte Hypothek für einen Ort, der keine räumlichen Alternativen für Sport- und Freizeitevents hat. Die Angst vieler Bürger, das kleine Dorf könne mit 150 Flüchtlingen überfordert sein, dürfte seit Mittwochabend abgenommen haben. Die Zuversicht, es zu packen, ist durch den Zuspruch von Expertenseite größer geworden. a.follmann@volksfreund.de

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