Rückbesinnung oder nur ein Modetrend?

KRÖV. Der in der Weinwirtschaft zurzeit häufig verwendete Begriff "Terroir" ist nicht einfach zu definieren. Er hat etwas mit Ursprünglichkeit, Unverwechselbarkeit, Wein- und Lagenkultur, Boden und Klima zu tun. Die Diskussion kommt der Mosel zugute, denn die Riesling-Steillagen "sind gewissermaßen Terroir". Beim Kröver Weinbautag stand das Thema im Mittelpunkt.

Thomas Richter bewirtschaftet in den bekannten Winninger Steillagen sechs Hektar Weinberge. Er macht hervorragende Weine, für die er gute Preise erzielt. Sein Winzerkollege Florian Weingart leitet in Boppard und Spay am Rhein ein elf Hektar großes Weingut. Auch er müht sich in den Steillagen ab, setzt konsequent auf Qualität, und auch er hat hervorragende Weine im Keller, für die es genügend Abnehmer gibt. Beide sprachen auf dem Kröver Weinbautag über das Thema "Terroir" - allerdings mit gänzlich unterschiedlichen Ansichten. Richter sieht in der "Terroir-Diskussion" eine große Chance für die Mosel, eine Rückbesinnung auf einen "traditionellen Weinbau" und einen Imagegewinn für die Mosel. Ganz anders Florian Weingart. Für ihn ist "Terroir" ein Fremdkörper in unserer Weinkultur. Die Terroirdiskussion habe in der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen lassen, man könnte damit einen weißen Fleck in unserer Kulturlandschaft ausfüllen und eine jahrzehntelange Fehlentwicklung korrigieren. Weingart befürchtet, dass man sich im Zuge der Terroirdiskussion einreden lasse, man müsse das französische Weinrecht kopieren. Weingart: "Der Begriff wird seit den 90er-Jahren weltweit für das Marketing von Wein ausgebeutet. Er ist zu einer Art Garantie geworden für die Authentizität und Individualität von Wein." Weingart wendet sich mit seiner Kritik nicht gegen die Aufwertung der traditionellen, historischen und kulturellen Werte, er will vielmehr warnen vor einem Missbrauch des Begriffs für Marketing und weinbaupolitische Zwecke. Deshalb kann er sicher Winzer Richter zustimmen, für den "Terroir" ein Zurück zur Lagenkultur an der Mosel bedeutet. Richter erinnerte daran, dass die berühmten Weine der Mosel, die vor 100 Jahren ähnlich berühmt waren wie die besten Gewächse aus dem Bordeaux, auf steinigen, kargen Böden wuchsen, und die nur mit den einfachsten Mitteln ausgebaut wurden. Richter erinnerte ferner an die Missstände, die in den 50er-Jahren ihren Anfang nahmen, als Neuzüchtungen angepflanzt wurden, als Reben in Wiesenflächen gesetzt wurden, als es nur darum ging, "süße Spätlesen" zu produzieren. Richter definiert "Terroirwein" unter anderem so: "Es sind Unikate aus den Mosel-Steillagen mit all ihren Eigenheiten, beeinflusst vom Boden, vom Klima, der Wasserversorgung, dem Alter der Reben. Terroirwein heißt für mich eigentlich nur Riesling." Richter sprach sich dafür aus, die Prädikatsbezeichnungen von Kabinett über Spätlese bis zur edlen Beerenauslese ausschließlich dem Riesling vorzubehalten. Außerdem müssten Prädikatsweine bei der sensorischen Prüfung mindestens drei Punkte erzielen. Nach der Theorie die Praxis: 16 Weine, die paarweise verkostet wurden, demonstrierten im Anschluss an die Vorträge die Vielfalt der Terroirweine. Weine aus allen Bereichen der Mosel präsentierten die Moderatoren Karl-Heinz Frieden, Ilona Schneider und die Winzer Richter und Weingart - allesamt Weine mit "Charakter", gewachsen auf unterschiedlichen Böden und Weine, die die Handschrift des Winzers erkennen lassen.

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