Sanierungsbedürftige Sanierer

TRIER. Schwierige Zeiten für die Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg: Der Stadtrat muss diese Woche dem Vorzeige-Projekt in Trier-Nord mit 300 000 Euro unter die Arme greifen, um Liquiditätsengpässe zu verhindern. Langfristige Strukturprobleme, aber auch durch Hartz IV bedingte Engpässe machen den Genossen zu schaffen.

Bernd Steinmetz ist kein Mensch, der zu martialischen Sprachbildern neigt. Aber wenn er von der Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg redet, deren ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender er ist, spricht er von "drei Schlachtfeldern", auf denen man derzeit kämpfe. Das preisgekrönte Vorzeige-Projekt steckt in Schwierigkeiten. Begonnen haben sie 1999, als die Gewobe nach erfolgreicher Sanierung des Beutelwegs eine Reihe weiterer Sorgenkinder aus dem Trier-Norder Wohnraumbestand der Stadt übernahm - für 4,1 Millionen Euro. "Unwirtschaftlich" sei die Übernahme gewesen, sagt Steinmetz heute, vor allem angesichts der hohen Zinslasten - man finanzierte ohne Eigenkapital. Schandflecke in Wohnraum verwandelt

Dank großzügiger Förderung und hoher Investitionsbereitschaft verwandelten sich etliche Schandflecke in brauchbaren Wohnraum. Doch das Rezept, das noch am Beutelweg perfekt funktioniert hatte, lahmte: Es gelang nicht, den vorgesehenen Anteil an Eigenleistungen der Bewohner einzubringen. Die Idee mit der "Muskelhypothek" klappte, soweit sie sich auf unmittelbare Bewohnerselbsthilfe bezog: Die Bereitschaft, bei der Renovierung der eigenen Wohnung mitzuarbeiten und dadurch den Eigenkapital-Anteil zu ersetzen, war vorhanden. Bei der Gesamtsanierung der Gebäude wurde der vorgesehene Eigenanteil durch großflächige Beschäftigungsmaßnahmen nicht erbracht. Dazu kam mangelnde Mietzahlungsmoral in den ehemals städtischen Häusern. Die Einnahme-Lücke von zunächst 100 000 Euro im Jahr verdoppelte sich, als im Gefolge der Hartz-Reformen die Miete nicht mehr automatisch vom Sozialamt an die Genossenschaft überwiesen wurde, sondern bei den Mietern landete. "Handwerkliche Mängel", die man derzeit behebe, sieht Sozialdezernent Georg Bernarding bei der Abwicklung. Als dann auch noch die für Sanierungsarbeiten zuständige Gewobe-Tochter HVS zum Jahresende 2005 durch verschobene Fremdaufträge in Engpässe geriet, blieb dem Vorstand angesichts der minimalen Kapitaldecke nur der Weg zur Stadt. 300 000 Euro Soforthilfe wird der Stadtrat wohl am Donnerstag genehmigen. "Es gibt keine Alternative zur Gewobe", sagt Bernarding unmissverständlich, "schon wegen des sozialen Friedens in Trier-Nord". Auch die meisten Ratsfraktionen signalisieren, dass sie die Genossen nicht hängen lassen. "Der Weg der Gewobe ist richtig", sagt SPD-Sprecherin Ingeborg Sahler-Fesel. Man müsse "nur mal hinsehen, was da alles schon geschafft worden ist". Die Schwierigkeiten seien "kein Problem der Wohnungsgenossenschaft, sondern eines der Stadt", glaubt auch Gerd Dahm von den Grünen. "Wir haben für einen Haufen Geld Wohnungen verkauft, die nichts wert waren." Auch CDU-Fraktionschef Berti Adams lobt das "tolle ehrenamtliche Engagement" bei der Gewobe und will den Nachschlag genehmigen. Dabei könne der Stadtrat allerdings nicht stehen bleiben. "Es muss alles auf den Tisch", fordert der Christdemokrat. Die UBM will laut Hermann Kleber sogar die Zustimmung verweigern, "solange kein nachhaltiges Sanierungskonzept vorliegt". Dezernent Bernarding setzt dagegen auf die "geschaffenen Werte, die man vor Ort sehen kann". Gelänge eine Entlastung der Gewoge von den Zinslasten und eine Verringerung der Miet-Einnahmelücken, seien bessere Zeiten für die Genossenschaft in Sicht.

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