"Scherz" bringt Grenzraum in Wallung

Vorfälle in der Hexennacht, ein Schreiben mit einem gefälschten amtlichen Briefkopf und die Berichterstattung eines Luxemburger Wochenblatts über angeblichen "Ausländerhass" in Godendorf sorgen für Aufregung im deutsch-luxemburgischen Grenzraum.

 Aus Hexennacht-Aktionen von Jugendlichen im Godendorfer Baugebiet „Bel Air“ (links unten ausschnittsweise zu sehen) leitet eine luxemburgische Zeitung „Ausländerhass“ und neonazistische Aktivitäten gegen Neubürger aus Luxemburg her. TV-Foto: Friedemann Vetter

Aus Hexennacht-Aktionen von Jugendlichen im Godendorfer Baugebiet „Bel Air“ (links unten ausschnittsweise zu sehen) leitet eine luxemburgische Zeitung „Ausländerhass“ und neonazistische Aktivitäten gegen Neubürger aus Luxemburg her. TV-Foto: Friedemann Vetter

Ralingen-Godendorf. Im Godendorfer Baugebiet "Bel Air" ("Gute Luft") stehen acht schmucke Häuser, alle erst kürzlich bezogen von Luxemburgern. Diesen Neubürgern schlage massiver Fremdenhass entgegen, behauptet die Luxemburger Wochenzeitung "Lëtzebuerg Privat" in ihrer Ausgabe vom 15. Mai. Neben dem Artikel druckt das Blatt einen Brief ab, in dem die Bewohner von Bel Air fremdenfeindlich beschimpft und aufgefordert werden, Ralingen zu verlassen.

14-Jährige gesteht: Habe Brief geschrieben



Gestern hat das Polizeipräsidium bekanntgegeben, dass ein 14-jähriges Mädchen aus einem Nachbarort das Schreiben verfasst hat. Sie habe zugegeben, das Logo der Verbandsgemeinde (VG) Trier-Land aus dem Internet heruntergeladen und auf den Briefkopf kopiert zu haben. VG-Bürgermeister Wolfgang Reiland hatte Strafanzeige wegen Beleidigung und Urkundenfälschung gestellt.

Die 14-Jährige habe gestanden, den Brief alleine in der Hexennacht auf ihrem PC verfasst zu haben, um damit einen "Scherz" zu treiben, berichtet die Polizei. Als die Schreiben, die an zwei Haushalte von Bel Air gingen, durch die Presseveröffentlichung am 15. Mai an Brisanz gewannen, so die Polizei weiter, hätten die 14-jährige Schülerin und drei jugendliche Mitwisser ein schlechtes Gewissen bekommen und sich bei den Familien entschuldigt - zunächst schriftlich und anonym, dann am vergangenen Montag auch persönlich. Aus Sicht der Polizei ist bei den Jugendlichen keine nationalsozialistische oder fremdenfeindliche Neigung erkennbar; die Strafanzeige der VG ist mittlerweile zurückgezogen worden.

In die strafrechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft werden wohl auch andere Hexennacht-Aktivitäten einfließen. Dem Vernehmen nach sollen Eier gegen Hausfassaden geflogen sein; auf dem Wendehammer von Bel Air hätten Jugendliche ein Feuer gemacht. Es habe auch schon Beschwerden wegen Ruhestörung gegeben, weil Jugendliche aus Edingen und Godendorf an ihrem Treffpunkt am Gemeindehaus die Motoren aufheulen ließen, bestätigt Ralingens Ortsbürgermeister Oswald Disch. Das Bürgerhaus liegt nur gut 100 Meter von Bel Air entfernt. Nach Ermahnungen habe sich das Verhalten der Jugendlichen gebessert, sagt Disch. Er, VG-Chef Reiland und Rosports Bürgermeister Romain Osweiler betonen, dass Menschen, Vereine und Kommunen im Grenzraum seit Jahren freundschaftlich zusammenleben. Das wird auch in Godendorf bestätigt: "Wir haben ein gutes Verhältnis mit den Luxemburgern", betont die Deutsche Tanja Golz. Sheila Bronkhorst, Luxemburgerin und seit einem Jahr Neubürgerin in Bel Air, sagt: "Wir fühlen uns sehr wohl hier. Es war nicht in Ordnung, was die Jugendlichen an Hexennacht gemacht haben, aber sie haben sich ja entschuldigt."

Meinung

Falsches Bild

Unter dem Eindruck der aktuellen Steueroasen-Diskussion sind solche Aktionen wie in Godendorf natürlich Wasser auf die Mühlen derer, die aus politischen Gründen oder aus purer Effekthascherei an einem verzerrten und objektiv falschen Bild vom deutsch-luxemburgischen Verhältnis interessiert sind. Man darf das Verhalten der Jugendlichen nicht unterschätzen, es aber auch nicht zu einer fremdenfeindlichen Tat hochstilisieren. Das Fatale an der Sache ist, dass ausgerechnet die Sauer-Region in Verruf zu geraten droht, wo Deutsche und Luxemburger sich als Vorreiter eines vereinten Europas profiliert haben. a.follmann@volksfreund.de

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