Dorfentwicklung Schnelle Hilfe mit Nachbarn und Notfalldose

Mannebach · In Mannebach wird derzeit ein Notrufsystem aufgebaut. Es soll das bestehende Rettungssystem ergänzen, indem es Laien vor Ort in die Lage versetzt, in schweren Fällen zu unterstützen. Mal wieder ein Projekt mit Vorbildcharakter aus Mannebach.

 Die Rentnerin Doris Voll zeigt bei sich zu Hause eine Notfalldose am geöffneten Kühlschrank.

Die Rentnerin Doris Voll zeigt bei sich zu Hause eine Notfalldose am geöffneten Kühlschrank.

Foto: picture alliance / Patrick Pleul/Patrick Pleul

Beim Saarburger Modell der aktiven Dorfgemeinschaft spielt das Thema Gesundheit, Vorsorge und Notfallversorgung eine wichtige Rolle. Mannebach, das mit seinem von Ortsbürgermeister Bernd Gard entwickelten Modell Vorbild beim Aufbau dieser Dorfgemeinschaft war, will nun das Thema Notfallversorgung vertiefen. Als erstes Dorf will es ein Notrufsystem aufbauen, das das bestehende Rettungssystem ergänzt. Gard hat das System zusammen mit dem in Luxemburg arbeitenden Notfallmediziner Dr. Bernhard Stein (Buchautor von „Das kranke System“) entwickelt. Der innovative Ortsbürgermeister mit Sendungsbewusstsein sagt: „Das System ist eine Blaupause für Kommunen.“

Die Gründe Warum ein zusätzliches Notrufsystem im Dorf? Sind doch selbst Gard und Stein der Meinung, dass Verbandsgemeinde Saarburg und Kreis Trier-Saarburg gut aufgestellt sind. Es gibt einen funktionierenden Rettungs- und Notarztdienst, First-Responder in abgelegenen Regionen wie der Obermosel, das Krankenhaus Saarburg, das im Verbund mit Kliniken der Maximalversorgung in Trier funktioniert, und ein Netz an niedergelassenen Ärzten.

Drei Gründe nennen die beiden Männer für das zusätzliche Notrufsystem: 1.) Kein Rettungssystem der Welt kann optimal arbeiten, wenn gerade bei Herzstillstand und schweren Notfällen keine Hilfe durch Laien vor Ort geleistet wird. 2.) Eine aktive Dorfgemeinschaft, die sich auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten um Notfälle kümmert, macht das Dorf attraktiver und stärkt den Zusammenhalt weiter. 3.) Begleitende einfache Kurse der Notfallhilfe verbessern das fachliche Niveau der Helfer und geben ihnen das notwendige Selbstvertrauen, zu helfen.

Das Projekt Das Notrufsystem besteht aus fünf Elementen:

1.) Nachbarschaftshilfe und freiwillige Helfer: Ein Netzwerk von Mitbürgern ist das Rückgrat des Modells. Dafür sind Fortbildungen im Sektor Gesundheit und Notfallhilfe (siehe Punkt 4) nötig.

2.) Eine Notfalldose im Kühlschrank bei interessierten und gefährdeten Bürgern: Sie wird in der Kühlschranktür positioniert und ist eine einfache Methode, medizinische und allgemeine Informationen zum Bewohner der Wohnung zu liefern, selbst wenn dieser nicht mehr ansprechbar ist. Sie kann unter anderem einen Notfall- und Impfpass enthalten, einen Medikamentenplan und eine Patientenverfügung. Vor allem ältere und anfällige Personen sollten eine solche Dose haben, deren Existenz per Aufkleber auf der Innenseite der Wohnungstür angezeigt wird. Die Informationen sollten mit der Familie, gegebenenfalls mit dem Hausarzt und Pflegediensten, ausgefüllt werden.

3.) Alarmsystem in Form von Notfall-Uhren für Risikopersonen: Diese Uhren werden interessierten und älteren Bürgern in Mannebach zur Verfügung gestellt. Sie sind neben einer Uhr auch ein Handy, das vorgewählte Notfallnummern (Familie, Nachbarn, Notrufnummer 112) anrufen kann. Sie können eine E-Mail-Nachricht an vorher festgelegte Personen senden, erlauben die Ortung mittels GPS, W-Lan und Handynetz, analysieren die Bewegung des Besitzers und einen eventuellen Sturz. Gewisse Modelle können auch die Herzfrequenz bestimmen.

4.) Grundausbildung in Erster Hilfe für interessierte Bürger: Die Menschen sollen einfache Notfallmaßnahmen in Form von kompakten Kursen und auf freiwilliger Basis lernen. Damit sollen sie ermutigt werden, die 112 zu wählen und gleichzeitig einfache Erstmaßnahmen vorzunehmen, die entscheidend für das Überleben in den ersten Minuten sein können. Dabei spielt moderne und erschwingliche Technik, wie ein Pulsoximeter, Blutdruckmessgerät und ein automatischer Defibrillator (Gerät zur Unterbrechung lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen mittels Elektroschock), eine unterstützende Rolle. Bernd Gard plant derzeit einen weiteren Erste-Hilfe-Kurs. Interessierte können sich bei ihm melden (berndgard@t-online.de).

5.) Installation eines automatischen Defibrillators (AED) an einem zentralen Ort in Mannebach, nämlich dem Bürgerhaus: Das Gerät kann den Erfolg einer Herz-Kreislauf-Wiederbelebung, gerade beim plötzlichen Herztod, deutlich verbessern, wenn es rasch angelegt wird. Es erkennt den Herzrhythmus und gibt bei Kammerflimmern einen Elektroschock. Zugleich gibt es klare sprachliche Instruktionen an den Helfer. Bei einem schweren Notfall sollte neben der sofortigen Alarmierung der 112 ein zweiter Helfer den AED zum Notfall bringen. Die Rettungsleitstelle in Trier koordiniert die professionelle Ersthilfe und berät die Ersthelfer am Telefon bis hin zur Telefonreanimation.

Der Stand der Dinge Zur Frage, wie weit die Mannebacher mit dem Aufbau des Notrufsystems sind, sagt Bernd Gard: „Vier Punkte sind abgearbeitet: Der Hintergrunddienst (Nachbarschaft) ist aufgebaut. Der Defibrillator in der Dorfmitte ist installiert. Die Notrufuhr ist ausgewählt, und die Senioren sind eingewiesen in die Notfalldosen.“ Derzeit würden die älteren Mitbürger individuell geschult und lernten den Umgang mit der Notrufuhr.

 ARCHIV - Während einer Übung zur Reanimation übt am 24.09.2015 ein Schüler an einem Dummy in einem Seminarraum die Reanimation. Immer mehr Thüringer erlernen in Kursen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) lebensrettende Handgriffe für den Notfall. Foto: Arno Burgi/dpa zu (lth «Wachsendes Interesse an Erste-Hilfe-Kursen in Thüringen» vom 28.02.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

ARCHIV - Während einer Übung zur Reanimation übt am 24.09.2015 ein Schüler an einem Dummy in einem Seminarraum die Reanimation. Immer mehr Thüringer erlernen in Kursen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) lebensrettende Handgriffe für den Notfall. Foto: Arno Burgi/dpa zu (lth «Wachsendes Interesse an Erste-Hilfe-Kursen in Thüringen» vom 28.02.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Foto: picture alliance / dpa/Arno Burgi

Die Kosten Für 15 Personen kostet das Mannebacher Notrufsystem laut Bernd Gard 2400 Euro. Die Senioren, die an dem System teilhaben, zahlen 30 Euro. 80 Prozent der Kosten trägt der Förderverein Zukunft Mannebach und der Region. Der Verein hat auch 60 Prozent der Kosten für den 2300 Euro teuren Defibrillator im Ort übernommen. Weitere 1000 Euro gab es über die Leader-Förderung der VG Saarburg. Der Ortsgemeinde sind keine Kosten entstanden.

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