Schwarzpulver liegt in der Luft

Konz · Seit mehr als 30 Jahren lädt die Schützengilde St. Sebastianus zu einem Ereignis der besonderen Art ein. Über 80 Schießsportbegeisterte aus der Region haben den Weg nach Konz gefunden, um sich wie die amerikanischen Siedler in der Pionierzeit zu fühlen. Der TV hat den Wilden Westen für einen Tag in Konz besucht.

 Dieter Linster präsentiert sein mit Büffeln verziertes Gewehr. TV-Fotos (2): Jasmin Wagner

Dieter Linster präsentiert sein mit Büffeln verziertes Gewehr. TV-Fotos (2): Jasmin Wagner

Foto: Jasmin Wagner (jwa) ("TV-Upload Wagner"

Konz. Es riecht nach Schwarzpulver, Qualm steigt in die Luft. Von irgendwo her ist Musik von Johnny Cash zu hören. An den Schießständen stehen Männer mit großen Cowboyhüten, Westen und Halstüchern. Einige tragen eine Reihe messingfarbener Patronen und Revolver an ihren Gürteln. Andere haben ein langes Gewehr bei sich.
Die sogenannten Vorderlader sind typische Waffen aus der Zeit des Wilden Westens. Das Gewehr wird durch die Mündung der Waffe mit Schwarzpulver und einem Bleigeschoss geladen. Das benötigte Material hat Stefan Schmidt sorgfältig auf dem Tisch aufgereiht. Konzentriert belädt er seine Waffe. Seit 30 Jahren ist er Mitglied in der Schützengilde. "Für mich ist das Schießen mit dem Vorderlader die traditionsreichste Art", sagt er.Sicherheit hat Priorität


Viel Erfahrung und Wissen sei notwendig im Umgang mit einer solchen Waffe, erklärt Heinz Flesch, der seit 37 Jahren Vereinsmitglied ist. "Ein solche Waffe kann jedermann kaufen, allerdings braucht man für das benötigte Schwarzpulver einen Sprengstoffschein", ergänzt Andreas Bollig, zweiter Vorsitzender der Schützengilde Konz. Dabei betont er, dass Sicherheit oberste Priorität im Schießsport habe. Nur wer über ein Jahr Vereinsmitglied sei und damit ein sogenanntes Bedürfnis zum Schießen glaubhaft machen könne sowie keine Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis besitze, erhalte eine Waffenbesitzkarte. "Man muss im Verein beweisen, dass man das Format besitzt, eine Waffe zu bedienen", sagt Martin Lutz aus Kanzem, der seit zwölf Jahren Sportschütze ist. "Die gefestigte soziale Struktur in unserem Verein gibt Sicherheit."
Um Vorurteilen entgegen zu treten, betreibt der Verein eine offene Informationspolitik. "Auf unserer Homepage kann sich jeder informieren. Wir sehen den Schießsport als Breitensport, der für jedermann offen ist", so Lutz. "Für uns Sportschützen ist es natürlich ein Supergau, wenn so etwas wie der Amoklauf in Winnenden passiert. Deswegen ist es besonders wichtig, dass die Waffen ordentlich aufbewahrt werden und niemandem zugänglich sind", betont Bollig.
Die Verschärfung des Waffengesetzes nach dem Amoklauf hält er für wichtig und sinnvoll. Im Jahr 2009 hatte ein 17-Jähriger sich selbst und 15 andere Menschen mit dem Sportgewehr seines Vaters erschossen, das unverschlossen in einem Schrank gelagert wurde."Vernünftige Menschen"


Auch David Wojciechowski aus Tawern ist es wichtig, mit Vorurteilen aufzuräumen. "Sportschützen sind sehr organisierte und vernünftige Menschen. Nur wenn man keine Vorstrafen hat, darf man hier schießen", sagt er. Seit einem Jahr ist er Mitglied und Schatzmeister des Vereins. Ihm gefalle der Schießsport gut, weil er abwechslungsreich ist: "Man kann traditionell schießen, aber auch sportlich orientiert."
Hugo Niehren ist aus dem saarländischen Quierschied angereist. "Ich komme seit einigen Jahren immer wieder", erzählt der Saarländer, der in seinem Indianerkostüm zwischen all den Cowboys besonders auffällt. Konzentriert fokussiert er mit seinem Gewehr den Kaktus, der als Zielscheibe dient.
Aus 50 Metern Entfernung wird geschossen. Fünf Schuss sind pro Zielscheibe möglich. Je nachdem, wo der Kaktus getroffen wird, gibt es eine gewisse Punktzahl. Der Schütze mit den meisten Punkten gewinnt.
Die Zielscheiben verkauft Dieter Linster gegen eine Startgebühr von sieben Euro. Er habe vor 41 Jahren durch Zufall ein Plakat zur Eröffnung des damals neuen Schießstands gesehen. "Beim Luftgewehrschießen habe ich gleich eine Obstschale gewonnen", erzählt er. Stolz zeigt er sein verziertes Gewehr. Mehrere Büffel und eine Friedenspfeife sind darauf zu erkennen. Heute soll es den Besitzer wechseln. Das dürfte kein Problem sein, denn sogar Schützenfreunde aus den Niederlanden sind angereist. Sie übernachten auf Feldbetten im Schießstand. An der Bar mit Countrymusik und Schwenkbraten lassen sie den Tag ausklingen.Extra

 Ein Indianer unter vielen Cowboys: Hugo Niehren ist aus dem saarländischen Quierschied zum Westernschießen nach Konz gekommen.

Ein Indianer unter vielen Cowboys: Hugo Niehren ist aus dem saarländischen Quierschied zum Westernschießen nach Konz gekommen.

Foto: Jasmin Wagner (jwa) ("TV-Upload Wagner"

Die Schützengilde Konz freut sich über neue Mitglieder. Weitere Informationen gibt es im Internet unter der Adresse www. schützengilde-konz.de. Im Kreis Trier-Saarburg gibt es außerdem noch Schützenvereine in Trier, Leiwen, Wiltingen, Reinsfeld, Zemmer, Irsch/Saar, Mehring, Fell und Igel. Eine Übersicht aller Vereine gibt es hier: www.kreis123.de/vereine.html . Die Geschichte der Schützengilde St. Sebastianus Konz ist lang. Die Chronik des traditionsreichen Vereins reicht weit zurück bis ins 18. Jahrhundert. 1781: Die "Bruderschaft des heiligen St. Sebastian im Contz" ist erstmals in den Archivunterlagen der Pfarrei St. Nikolaus in Konz erwähnt. Zu dieser Zeit gab es oft solche Bruderschaften, die es sich zum Ziel machten, die katholisch-kirchlichen Gebräuchen zu fördern. Dies umfasste nicht zuletzt auch die Wehr- und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitsepidemien und tätliche Bedrohungen von außen. 1857: Die Statuten der Bruderschaft St. Sebastianus werden erstmalig im Wortlaut erfasst. 1935: Die Schützengilde St. Sebastianus Konz-Karthaus wird mit der Weihe und Inbetriebnahme des Schießstandes Im Jeuchen gegründet. Während des Zweiten Weltkriegs sind die Aktivitäten der Schützengilde unterbrochen. 1953: Die Schützengilde wird nach dem Krieg neu gegründet. Der Verein heute: 178 Mitglieder, davon ungefähr zwei Drittel Männer. Alle Daten stammen von der Homepage des Vereins. jwa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort