Sein Herz schlägt für Saarburg
SAARBURG. Jean-Paul Bragny ist ein Mensch, der Außergewöhnliches tut, vor lauter Bescheidenheit aber am liebsten im Erdloch verschwinden würde. Der Ruheständler aus Frankreich verbringt - zum zweiten Mal - zwei Monate in Saarburg, um ehrenamtlich im Mühlenmuseum zu arbeiten.
Als der Trierische Volksfreund Jean-Paul Bragny, wie vereinbart, im Museum der Hackenberger Mühle besucht, wehrt der Franzose mit den großen dunklen Augen und dem grauen Bart zunächst ab: "Ich kann mich schon mit Ihnen unterhalten", sagt er mit charmantem Akzent. "Aber ich möchte keinen Bericht über mich in der Zeitung." Da gebe es doch ganz andere Menschen, die einmal vorgestellt werden müssten. Er tue schließlich nichts Besonderes. Einige Minuten später stimmt er schließlich doch der Berichterstattung zu. Zu einer Foto-Aufnahme von sich ist Jean-Paul Bragny jedoch auch nach mehrmaligen Versuchen nicht zu überreden.Gastfreundschaft ist beeindruckend
Vor fünf Jahren sei der Franzose, der aus Rethel in den Ardennen stammt, zum ersten Mal nach Saarburg gekommen. Eine gebürtige Saarburgerin, die seit langer Zeit in Frankreich lebt, habe ihm den Tipp gegeben. Der heute 56-Jährige sei spontan begeistert gewesen: "Die besondere Gastfreundschaft der Saarburger hat mich sehr beeindruckt. Die Menschen hier kommen mir extrem gelassen vor." Nach diesem ersten Besuch ist der ehemalige Eisenbahner jedes Jahr für eine Woche nach Saarburg gekommen. "Eines Tages habe ich mir gedacht, dass es schön wäre, ein paar Monate bleiben zu können." Als Bragny vor zwei Jahren den vorgezogenen Ruhestand antrat, schrieb er den ehemaligen Stadtbürgermeister Franz-Josef Blatt an, ob es nicht für ihn eine ehrenamtliche Aufgabe zu erledigen gebe. "Im Augenblick hielt ich Sie für einen Verrückten", habe der zunächst geantwortet. Schließlich habe Blatt ihm vorgeschlagen, Kassendienst im Mühlenmuseum zu machen. Jean-Paul Bragny packte seinen Koffer und blieb 2003 gleich für sechs Monate. Im idyllisch gelegenen Museum am Laurentiusberg kassierte der bescheidene Franzose im vergangenen Jahr Eintritt und macht dies auch derzeit wieder. Dieses Mal allerdings nur für zwei Monate. "Ein halbes Jahr war zwar mein Traum. Allerdings brauchte ich bei meiner Rückkehr nach Frankreich sehr lange, um mich dort wieder einzugewöhnen. Ich wusste plötzlich nicht mehr, wo ich hingehöre." Aus diesem Grund bleibe er dieses Jahr kürzer. Der Franzose wohnt privat bei einer älteren Dame, die ihm eine Art Ferienwohnung für wenig Miete überlässt. Die Tätigkeit an der Kasse sei zwar nicht sonderlich anspruchsvoll. "Aber ich kann meine Mitmenschen beobachten. Das gefällt mir." Viele ältere Menschen besuchten das Mühlenmuseum und würden dabei an ihre Jugend erinnert. "Vor kurzem war ein Mann da, der in den 50er-Jahren Lehrling in der Mühle war. Der hat mir alles haarklein erzählt", sagt Jean-Paul Bragny. Der Franzose sei durchaus daran interessiert, auch andere Jobs zu übernehmen. Allerdings sieht er zwei kritische Aspekte: "Ich möchte nicht den Einheimischen die Arbeit wegnehmen, weil ich dafür nicht bezahlt werde. Zudem spreche ich nicht gut genug Deutsch, um alles machen zu können." Das schätzt Stadtbürgermeister Jürgen Dixius anders ein. Er will gemeinsam mit Bragny überlegen, wo die Stadt auf das Angebot des Franzosen eingehen könnte. Sein derzeitiger, unentgeltlicher Einsatz ist für die Stadt eine sehr große Hilfe, weiß Jürgen Dixius. So kann das Museum - sonst nur an Wochenenden dem Publikum zugänglich - derzeit von Dienstag bis Sonntag geöffnet sein. "Monsieur Bragny hilft uns tatsächlich aus der Klemme", sagt Dixius. Ob Bragny allerdings dauerhaft in Saarburg "andocken" wird, ist fraglich. "Ich würde gerne auch den Norden kennen lernen", verrät er. "Die neuen Bundesländer würden mich beispielsweise reizen." Vielleicht müssen sich die Saarburger demnächst dort hin begeben, um den bescheidenen Franzosen zu treffen. . . Lesen Sie morgen in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" einen Bericht über jüdische Zeugnisse im Raum Konz.