Saarburg Zehn Jahre Ehrenamtsbörse: Wertschätzung ist das, was zählt

Saarburg/Kell am See · Begleitdienst, Repair-Café, Aktionswoche: Die Saarburger Freiwilligen-Agentur bringt Hilfesuchende und Menschen, die sich engagieren wollen, zusammen. Erstaunlich: Die Zahl der Ehrenamtler nimmt zu.

  Die Ehrenamtsbörse organisiert das beliebte Repair-Café.  Foto. Kilian Zender

Die Ehrenamtsbörse organisiert das beliebte Repair-Café. Foto. Kilian Zender

Foto: Kilian Zender

An seinen ersten Interessenten, den er vor zehn Jahren in ein Ehrenamt vermittelt hat, kann Kilian Zender sich noch gut erinnern: „Der Mann war Mitte 60 und gerade in Rente gegangen. Den Rasen hatte er schon gemäht, die Beete gehackt. Er wollte unbedingt etwas tun!“ Doch was? Lediglich, dass es nichts mit Computern zu tun haben sollte, wusste er.

Kilian Zender, Koordinator der Saarburger Ehrenamtsbörse seit den Anfängen vor zehn Jahren, sagt: „Die meisten wissen, was sie nicht wollen, aber nicht, was sie wollen.“ Klar war: Der Mann arbeitet gerne im Garten. Die beiden überlegten weiter. Zender, der im Hauptjob Vorstand der Lebenshilfe Trier-Saarburg ist, fragte, ob er denn mit Hilfsbedürftigen zusammenarbeiten wollte. Die Antwort: „Vielleicht.“ Aus dem vielleicht wurde ein „bestimmt“. Denn noch immer arbeitet der Ehrenamtler mit Menschen der Lebenshilfe zwei bis drei Mal die Woche zusammen. In der Konzer Werkstatt gab es ein paar Leute, die anderes tun wollten. Nun machen sie  Gartenarbeit.

Für Zender ist das Ehrenamt eine Herzensangelegenheit. Einmal pro Woche bietet er eine Sprechstunde der Ehrenamtsbörse in der Kulturgießerei an. Ein Angebot, das intensiv genutzt wird. 57 Beratungs- und Vermittlungsgespräche hat der Koordinator 2018 geführt. Auf Wunsch stellt der 50-Jährige den ersten Kontakt zwischen Hilfesuchenden und Ehrenamtlern her. Er pflegt eine Datenbank mit Angebots- und Nachfrageliste von möglichen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Die Börse soll Vermittlungsplattform sein. Zender sagt: „Wir sind eher im sozialen Bereich aktiv. Mit der klassischen Arbeit im Verein hat das weniger zu tun.“ Die Ehrenamtsbörse unterstütze Vereine allerdings beratend, beispielsweise in Rechtsfragen.

 Die Ehrenamtsbörse hat zusammen mit dem Arbeitskreis Inklusion die Aktionswoche für Menschen mit und ohne Handicap organisiert .

Die Ehrenamtsbörse hat zusammen mit dem Arbeitskreis Inklusion die Aktionswoche für Menschen mit und ohne Handicap organisiert .

Foto: Günther Kessler

„Wichtigstes Baby der Ehrenamtsbörse“ ist für Zender der Begleitdienst für Menschen in besonderen Lebenssituationen, die also älter sind oder ein Handicap haben. Zwölf bis 14 Ehrenamtler – allesamt qualifiziert – begleiten diese Menschen beim Einkaufen oder beim Arztbesuch, sie gehen spazieren oder trinken Kaffee mit ihnen. Die Nachfrage auf diesem Gebiet ist laut Zender hoch, auch aktuell werden Helfer gesucht. Er wiederum begleitet die Begleiter. Einmal pro Monat trifft sich die Gruppe zum Austausch, dann kocht Zender auch schon mal. Er sagt: „Über allem steht die Wertschätzung. Die ist ganz wichtig.“ Auch fachliche Beratung sei eine Art der Wertschätzung. Im 2018er Bericht der Ehrenamtsbörse heißt es: „Wer Freiwillige für ein Projekt gewinnen will, muss eine Atmosphäre schaffen, in der Menschen freudig und gern in einer Gruppe aufgenommen werden. Der Spaß an der Tätigkeit darf nicht zu kurz kommen.“

Auch das Repair-Café entstand 2015 über die Ehrenamtsbörse. Etwa elf ehrenamtliche Spezialisten, darunter Schneiderinnen und ein Uhrmacher reparieren alles – von der Hose bis zur Bierzapfanlage. An einem Samstag kommen da schon mal 40 bis 50 Anfragen zusammen. 70 bis 80 Prozent der Reparaturen seien erfolgreich, schätzt Zender und schwärmt: „Dort herrscht eine tolle Atmosphäre.“ Zender hat auch viele Anfragenden in die Projekte der Flüchtlingshilfe weiter vermittelt.

 Kilian Zender, Koordinator der Ehrenamtsbörse.   Foto: Archiv/Marion Maier

Kilian Zender, Koordinator der Ehrenamtsbörse. Foto: Archiv/Marion Maier

Foto: TV/Marion Maier

Auch sogenannte Interessensgruppen betreut Zender. Sie haben sich aus zusätzlichen Bedarfen entwickelt. So hat sich auf der Suche nach geeigneten Räumen ein Skatclub und eine Rommé-Damengruppe gegründet. Eine Musikgruppe mit Leuten, die nicht im Verein spielen wollen, hat sich gefunden und tritt gelegentlich auf. Eine Wandergruppe und eine literarische Gruppe treffen sich regelmäßig.

Zu rund 100 Freiwilligen steht die Ehrenamtsbörse laut Zender in Kontakt. Viele von ihnen sind im Rentenalter. Auch die Gruppe der 50- bis 60-Jährigen sei stark vertreten, sagt der Saarburger. Überraschend ist die Beobachtung des Koordinators, dass immer mehr Menschen ein Ehrenamt übernehmen wollen. Ins generelle Bild passt, dass die Freiwilligen aber immer weniger Zeit investieren wollen und seltener Leitungsfunktionen übernehmen. Ihr Engagement ist häufig projektbezogen. Das zeigt sich beispielsweise bei der Aktionswoche für Menschen mit und ohne Handicap, die die Saarburger Ehrenamtsbörse bereits mehrfach mit dem Arbeitskreis Inklusion organisiert hat. Die Woche mit bis zu 140 Besuchern findet einmal im Jahr statt. Ihre Höhepunkt ist das Spiel ohne Grenzen.

Es ist eine ganze Menge, was in zehn Jahren Ehrenamtsbörse entstanden ist, obwohl die Anfänge recht diffus waren. Die Idee kam aus dem lokalen Bündnis für Familie (LBF). Die vielen ehrenamtlichen Aktivitäten sollten gebündelt werden. Wunsch war, dass es eine Stelle gibt, die bei der Vermittlung, Weiterbildung und Schulung der Ehrenamtlichen hilft. Zender erinnert sich: „Das war Neuland.“ Kreis, Land und Verbandsgemeinde unterstützen die Ehrenamtsbörse, die Zender auf Honorarbasis betreut. Inhaltliche Unterstützung fand er beim regelmäßigen Austausch der Freiwilligen-Agenturen auf Landesebene sowie bei der Trierer Schwesternorganisation, der Ehrenamtsagentur.

Eine Herausforderung ist für Zender die Frage, wie die Saarburger Erfahrungen in den Hochwälder Teil der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell transportiert werden können. Von dort gibt es auch Anfragen. Der gebürtige Waldweilerer sagt: „Es gibt da ein reges Vereinsleben, und es wird viel an sozialer Arbeit geleistet.“ Um das noch besser zu koordinieren, sei ein Kümmerer vor Ort von Vorteil. Die Saarburger Ehrenamtsbörse unterstütze gerne mit Fachwissen.

Die Sprechstunde der Ehrenamtsbörse ist donnerstags von 17 bis 20 Uhr. Telefonischer Kontakt über die Kulturgießerei in Saarburg 06581/2336, E-Mail: ehrenamt@kulturgieaaerei-saarburg.de. Mehr Infos im Internet unter
www.kulturgiesserei-saarburg.de/
ehrenamtsboerse

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