Selbsthilfe gegen Wildwuchs im Weinberg

Konz-Krettnach · Um ihre Kulturlandschaft zu erhalten, greifen die Winzer im Konzer Tälchen seit acht Jahren zur Selbsthilfe. Einmal im Jahr befreien sie Tausende Quadratmeter brachliegender Weinbergsflächen in freiwilliger Arbeit vom Wildwuchs.

Der Traktoranhänger auf dem Weinbergsweg oberhalb von Krettnach ist gut beladen. An einem Vormittag haben rund 20 freiwillige Helfer an den Rändern der umliegenden Weinbergsbrachen mehrere Zentner Müll eingesammelt. "Von Einheimischen stammt das nicht. Meist sind das Saarländer, die hier kostenlos entsorgen", sagen die Umstehenden.

Einen Tag später soll ein beauftragter Lohnunternehmer mit schwerem Spezialgerät einige Brachen mulchen - dabei wird die wilde Vegetation auf der Fläche gehäckselt und mit dem Erdreich vermischt. Nur niedriger Bewuchs kann dort dann übers Jahr entstehen. Dies verhindert den an vielen Mosel- und Saarhängen gefürchteten undurchdringlichen und hässlichen Wildwuchs von Brombeerbüschen, anderem Gestrüpp und Birken.Kinderstube für Schädlinge


Die damit überwucherten Brachen sind die beste Kinderstube für Schädlinge und Keime sowie ein Rückzugsraum für Wildschweine.
Der Krettnacher Winzer Bernhard Faber, der die Flächenpflege organisiert und leitet, zeigt auf den gesammelten Unrat und meint: "Da wir das jedes Jahr machen, bleibt die Menge inzwischen überschaubar. Als wir 2005 die Aktion starteten, war das anders. Damals kamen 50 Kubikmeter Müll zusammen, aus dem wir nochmals drei Tonnen Metall aussortiert haben."

Schon 2004 hatten sich Winzer, Bauernverbände und Politik mit der zunehmenden Brachenproblematik im Tälchen befasst und sich zum eigenverantwortlichen Handeln entschlossen. Dazu wurden mit Hilfe der Stadt Konz zunächst 1250 Grundstücke erfasst und die 250 Eigentümer ermittelt und angeschrieben.
Für den praktischen Einstieg in die Flächenpflege waren sechs Samstage im Februar und März 2005 veranschlagt.

Zahlreiche freiwillige Helfer rückten an den Tagen mit Radladern, Traktoren, Anhängern, Müllcontainern und Motorsägen an. Auf schwer überwucherten Flächen kamen Spezialmaschinen zum Einsatz.
Insgesamt wurden innerhalb einer Woche rund 45 500 Quadratmeter Rebdrieschen fachgerecht gerodet und in Ordnung gebracht.
Nach diesem massiven Einstieg müssen die Flächen nur noch einmal im Jahr nachbehandelt werden, wie auch in diesem Jahr.Meinung

Darum funktioniert es im Tälchen
Mit ihrer äußerst effektiven Flächenpflege in Eigenregie stehen die Winzer im Konzer Tälchen einzigartig da. Ähnliche Beispiele an Mosel oder Saar gibt es nicht. Auch der Vergleich mit dem Flächenmanagement der Verbandsgemeinde Schweich hinkt, weil es sich dabei um eine amtliche Maßnahme handelt, die nicht auf Privatinitiative beruht. Doch warum geht etwas im Tälchen, was anderswo so nicht denkbar wäre? Vermutlich liegt es an dem eigenartigen Charakter dieses Konzer "Stadtteils", mit seinem besonderen Wir-Gefühl und geringen Konkurrenzdenken untereinander. Nachrichten.red@volksfreund.deExtra

Seitdem der Steillagenanbau auf dem Rückzug ist, stellt sich das Problem überall an Mosel, Saar und Ruwer. In der Verbandsgemeinde (VG) Schweich wird die Sache zum Beispiel seit einigen Jahren gemeindeübergreifend mit dem sogenannten Flächenmanagement angegangen. Dabei kauft die VG die Weinbergsbrachen auf und verwandelt sie - meist als Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen - in Grünland oder in Streuobstwiesen. Auch werden noch bewirtschaftete Flächen durch Tausch zu größeren, rationelleren Weinbergen zusammengelegt. f.k.Extra

Das Konzer Tälchen mit den Gemeinden Krettnach, Obermennig und Niedermennig verfügt über eine Gesamtfläche von rund 2010 Hektar (ein Hektar = 10 000 Quadratmeter, etwa ein Fußballfeld). Rund 122 Hektar davon werden als Rebflächen bewirtschaftet. Vor 20 Jahren betrug der Gesamtumfang der Anbauflächen noch etwa 210 Hektar. 42 Hektar sind heute Weinbergsbrachen und werden jährlich in Eigeninitiative gepflegt. 46 Hektar ehemaliger Rebflächen werden teilweise mit Schafen beweidet, sind als Obstanlagen angelegt oder können als Randflächen, die an Wald angrenzen, der Natur überlassen werden. Struktur: Im Tälchen gibt es rund 20 Haupterwerbswinzer, davon etwa zehn mit über fünf Hektar Fläche. Hinzu kommen rund zehn Nebenerwerbswinzer. f.k.

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