Dorfentwicklung Die Serriger Schatzsuche hat begonnen

Serrig · Digitalisierung, Dialekt, Dorfkneipe – das waren einige der Themen bei der Serriger Infoveranstaltung zur Dorfmoderation. Dort wurde angeregt diskutiert. Einige der 100 Teilnehmer hatten auch erste konkrete Ideen mitgebracht.

 Besucher bei der Serriger Infoveranstaltung Dorfmoderation

Besucher bei der Serriger Infoveranstaltung Dorfmoderation

Foto: Marion Maier

„Unser Dorf ist unsere Sache! Deshalb wollen wir selber bestimmen, wo es in Zukunft langgehen soll.“ Dieser Einladung an die 1680 Serriger sind am Mittwochabend rund 100 Menschen gefolgt. Ortsbürgermeister Egbert Adam war froh, die Resonanz übertraf seine Erwartungen.

Darum geht’s Denn es war auch klar: Es geht um Arbeit. Der Ortsgemeinderat hat beschlossen, die Dorfmoderation und den Aufbau einer aktiven Dorfgemeinschaft miteinander zu verknüpfen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sollen also das Städtebauliche und das Soziale gemeinsam angegangen werden. Melanie Baumeister, Architektin und Coach, sowie Matthias Faß, Dorfberater der Verbandsgemeinde Saarburg, unterstützten die Gemeinde dabei.

 Dorfberater Matthias Faß, Melanie Baumeister und Ortsbürgermeister Egbert Adam

Dorfberater Matthias Faß, Melanie Baumeister und Ortsbürgermeister Egbert Adam

Foto: Marion Maier

Die Moderatoren „Ich will mit Ihnen auf eine Entdeckungsreise, eine Schatzsuche gehen“, sagte die Architektin, die den Serrigern mehrfach bescheinigte, gut aufgestellt zu sein – sei es bei der Infrastruktur oder den Gremien. Sie lobte ausdrücklich (“das ist super!“), dass es in Serrig die Ausschüsse zu den Themen demografischer Wandel und Dorferneuerung gibt. Soziologe Matthias Faß resümierte kurz die Ergebnisse des Projekts aktive Dorfgemeinschaft in Trassem und Kastel-Staadt. „Es gibt viel mehr Leben in den Dörfern. das ist ein gemeinschaftsstärkendes Projekt.“ Vom Oktoberfest  für Senioren bis zum Kinoabend für Jugendliche – alle Generationen sollten mitgenommen werden.

Digitalisierung und Rollenverständnis Wie ein gut eingespieltes Team moderierten der Ortschef, die Architektin und der Dorfberater die Stoffsammlung, zu der sie die Besucher einluden. Die begann mit der Fragestellung „Was bedeutet demografischer Wandel?“ zunächst zögerlich, entwickelte sich dann aber zu einem lebendigen Austausch, bei dem sich Männer und Frauen, Ältere und Jüngere, Alteingesessene und Zugezogene zu Wort meldeten.

Ein verändertes Rollenverständnis, stärkere Individualisierung, weniger physische, dafür aber mehr psychische Belastung durch die Arbeit wurden als Stichworte genannt. Eine Teilnehmerin beschrieb die Digitalisierung als Mischung aus Fluch und Segen. Einerseits ermögliche sie, dass jeder alles bestellen könne, andererseits führe sie dazu, dass jemand 500 Facebookfreunde haben könne, ohne jemanden zu kennen.

Was Altern heute bedeutet Fatal nannte Baumeister die Tatsache, dass bei steigendem Durchschnittsalter das Alter in der Gesellschaft eher negativ besetzt sei. Die älteren Menschen, die heutzutage relativ gesund seien, stellten ein großes Potenzial dar. Sie müssten neue Möglichkeiten entdecken, eventuell auch gegen den Strom schwimmen. Das erfordere Mut. „Diesen Mut findet man eher im persönlichen Gespräch miteinander“, sagte die Moderatorin und unterstrich an dieser und anderen Stellen, wie wichtig Kommunikation sei. „Generationen verbinden“ war das andere wichtige Thema, das Baumeister benannte und das auf einem Merkzettel über allen anderen Plakaten mit grundlegenden Themenbereichen hing. Ein Bürger sprach dazu das auch in Serrig relevante Thema Generationenwechsel in den Vereinen an.

Neubürger und Dialekt Munter ging es beim Thema Potenziale weiter, bei dem auch erste konkrete Ideen vorgeschlagen wurden. Lesepaten zum Beispiel: Ältere Menschen lesen Kindern vor, Kinder besuchen im Gegenzug  Senioren. Bei dem Vorschlag „Alteingesessene bieten Dorfführungen an“, stand flugs das Thema Neubürger im Raum. „Die Hälfte der Serriger kennen den Ort gar nicht richtig“, sagte ein Mann. „Die Hälfte der Einwohner versteht kein Platt mehr“, sagte ein anderer. Erfreut griff Baumeister diese Einwürfe auf. „Der Dialekt ist total wichtig. Sie müssen sich als Dorfgemeinschaft erkennen.“ Je selbstbewusster die Menschen wüssten, was ihr Dorf ausmache und darüber redeten, desto leichter falle es Neue zu integrieren. Potenzielle Neubürger könnten sich das anschauen und fragen: Passt das? Die Kunst sei es jedoch immer, dem Neuen eine Chance zu geben.

Eine weitere Idee schloss sich an: die Neubürger wie in der französischen Partnergemeinde Charbuy zum Empfang mit Vereinsdarbietungen und -vorsitzenden einzuladen. „Ein gute Idee!“, entfuhr es Ortsbürgermeister Adam. Nach eineinhalb Stunden stellte er erfreut fest: „Das ist jetzt schon ganz schön viel Input, obwohl es ein loses Gespräch ist.“

Dorfkneipe und soziale Mitte Alle Diskussionsbeiträge wurden laut Baumeister protokolliert. Sie kündigte an, sie zu interpretieren und lud dazu ein, ihr und Faß auch vor dem nächsten Treffen weitere Ideen zu nennen. Baumeister selbst nannte eine weitere Idee: eine Dorfkneipe. Sie sagte: „Es ist wichtig, dass sie einen Ort zum Austausch haben, wo sie auch Ideen mal sacken lassen können.“ Wie das Thema umgesetzt werde, sei noch unklar. Auch ein virtueller Austauschort  wurde gefordert. Er soll beim nächsten Treffen Thema sein. Baumeister nannte noch zwei Leitprojekte, die sich in den Vorbesprechungen im Rat herauskristallisiert hätten: eine soziale Mitte in Serrig und eine neue Verkaufsstelle für das Hofgut Serrig.

So geht es weiter Egbert Adam dankte den Teilnehmern und bat sie, beim nächsten Mal wiederzukommen. Diese antworteten mit Applaus. Viele Besucher folgten Adams Einladung zu anschließendem Wein und Imbiss. Angeregtes Geplauder erfüllte den Gemeindesaal. Und so sieht der weitere Zeitplan aus: Die Serriger Ausschüsse werden in einer Strategiewerkstatt am 3. März die nächste große Veranstaltung vorbereiten: die Bürgerwerkstatt am Samstag, 17. März, ab 14 Uhr.

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