Kultur Sie bringen Flüchtlingsdrama auf die Bühne

Hermeskeil · Die szenische Lesung „Ein Morgen vor Lampedusa“ schildert das Schicksal derjenigen, die hautnah dabei waren, als im Jahr 2013 mehrere Hundert Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertranken. Laiendarsteller aus Hermeskeil bringen das Stück am 24. Februar im Johanneshaus auf die Bühne. Der TV war bei einer Probe dabei.

 Sie proben für die gemeinsame Lesung am 24. Februar: (von links) Regisseur Matthias Leo Webel, Maria Schmitt, Karl-Heinz Lauck, Andreas Flämig, Dechant Clemens Grünebach, Sophie Schäfer, Elisabeth Scherer und Burkhard Gouverneur.

Sie proben für die gemeinsame Lesung am 24. Februar: (von links) Regisseur Matthias Leo Webel, Maria Schmitt, Karl-Heinz Lauck, Andreas Flämig, Dechant Clemens Grünebach, Sophie Schäfer, Elisabeth Scherer und Burkhard Gouverneur.

Foto: Ursula Schmieder

Die fünf Laien üben ihren Text seit Wochen. An diesem Tag lesen sie ihre Passagen im Hermeskeiler Mehrgenerationenhaus (MGH) erst zum zweiten Mal in großer Runde gemeinsam. Sie haben die Sprechrollen übernommen in dem Stück „Ein Morgen vor Lampedusa“, das am Samstag, 24. Februar, 18 Uhr, im Saal des MGH aufgeführt werden soll.

Die Lesung mit Musik und Bildern setzt sich mit einer großen Flüchtlingskatastrophe von 2013 im Mittelmeer vor der italienischen Küste (siehe Info) auseinander – und mit den noch heute spürbaren Folgen.

Sophie Schäfer, Maria Schmitt, Burkhard Gouverneur, Clemens Grünebach und Karl-Heinz Lauck sind die Sprecher der Hermeskeiler Aufführung. Inzwischen wissen sie, welche Sätze sie wann – und vor allem wie – vortragen müssen. Manchmal betonen sie nur ein Wort, damit die Zuhörer ihnen leichter folgen können. Ein andermal gestehen sie ihnen oder auch sich selbst eine kurze Pause ein. Denn selbst eifriges Üben hilft nur bedingt über die schwierigen, hoch emotionalen Passagen hinweg.

 „Es waren viele, unendlich viele“, trägt etwa Karl-Heinz Lauck die Eindrücke eines Mannes vor, der an dem Morgen des 3. Oktober 2013 mit Freunden vor Lampedusa zum Fischen gefahren war. Doch dann sahen sie statt Fischen unvermittelt Leichen, darunter Frauen und Kinder, die zwischen Öllachen auf dem Meer trieben.

Solche Berichte, wie sie vielfach in den Medien zu verfolgen waren, gehen auch Unbeteiligten nah. Doch sie nun selbst vorzutragen, als das, was Augenzeugen hautnah miterlebten, das belastet umso mehr. Denn Szenen wie diese vermitteln einen Eindruck davon, was Überlebende – aber auch Retter – vor Lampedusa verkraften mussten. Für viele der Fischer begann damit beispielsweise auch ein Kampf um die eigene Existenz. Als vermeintliche Schlepper vor Gericht gestellt, drohten ihnen hohe Geldstrafen oder sogar der Verlust ihrer Boote, die teils konfisziert wurden.

Maria Schmitt ist fassungslos angesichts der fehlenden Solidarität und des offenkundigen menschenverachtenden Umgangs mit Flüchtlingen ebenso wie mit ihren Rettern. Denn was die Fischer taten, sei doch auf See das oberste Gebot: Menschen in akuter Lebensgefahr vor dem Ertrinken zu bewahren. Die Schicksale dieser Menschen vor Augen, kämpft sie auch nach mehrmaligem Lesen immer wieder mit den Tränen.

Betroffen sind auch die anderen, die sich als Erzähler der Geschichte abwechseln. Clemens Grünebach, der Dechant des Dekanats Hermeskeil-Waldrach und Leiter der Pfarrei St. Franziskus Hermeskeil, war der Initiator der Aufführung. Er brachte die Idee für die Lesung von „Ein Morgen vor Lampedusa“ von einem Urlaub auf Borkum mit. Dort sah er zufällig eine Aufführung kombiniert mit einem Kunstprojekt, einem mit Bronzefiguren besetzten Schiff in Originalgröße. Die Lesung wurde zwar schon mehrfach öffentlich aufgeführt, bislang aber vorwiegend in Italien und im Norden Deutschlands. Wieder zurück in der Heimat warb der Dechant bei Menschen, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, um Mitstreiter für eine Lesung im Hochwald. Und das mit Erfolg. Die Idee habe im Nu „gezündet“, sagt Grünebach.

Um die Sache professionell aufzuziehen, kam ein Fachmann dazu: Matthias Leo Webel. Der erfahrene Musiker, Komponist und Pädagoge zeichnet für Technik und Regie verantwortlich. Er versteht es, das Laien-Team anzuleiten, aber auch zu fordern, und er gibt wertvolle Tipps für die richtige Vortragstechnik.

Er mache das richtig toll, versichern Andreas Flämig und Elisabeth Scherer. Beide engagieren sich hauptberuflich in der Flüchtlingshilfe und begleiten die von ihnen mit vorbereitete Aufführung als „Tandem Caritas und Pastoral“.

 Für Flämig ist es „erschreckend zu sehen, was Menschen riskieren, um nach Europa zu gelangen“. Und diejenigen, die es schafften, würden dann als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet.

Die Lesung ist für Elisabeth Scherer daher „eine gute Sache“, um Flüchtlingsinitiativen zu unterstützen und das Projekt auch in der Region bekannter zu machen.

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