Sie nehmen ihre Zukunft in die Hand: Fischer planen Hilfsnetz im Ort - Bürgerversammlung im Herbst vorgesehen

Fisch · Das ehrenamtliche Engagement im kleinen Fisch ist riesig. Dies will der Gemeinderat nutzen, um die frühere Nachbarschaftshilfe gezielt wiederzubeleben und den Ort auch künftig für alle Altersklassen attraktiv zu gestalten. Bei einer Bürgerversammlung im Herbst soll das Thema erörtert werden.

Sie nehmen ihre Zukunft in die Hand: Fischer planen Hilfsnetz im Ort - Bürgerversammlung im Herbst vorgesehen
Foto: (h_sab )

Fisch. Fischs Ortsbürgermeister Otmar Wacht und die Beigeordneten Hans-Peter Wacht und Stefan Kaiser geraten ins Schwärmen, wenn sie von all den Aktionen berichten, die in ihrem Ort laufen. Ehrenamtlich. Ohne großes Geld.

Das Engagement der Fischer: Zum Beispiel der Abriss des gemeindeeigenen Hauses, das für die Kita-Erweiterung weichen muss. Für Wacht war diese Aktion "die Krönung " des bisherigen Engagements. Täglich hätten zehn bis 15 Fischer auf der Baustelle geholfen, 30 insgesamt. Der in der Region tätige Unternehmer Tomasz Styrnol aus Dortmund, der durch persönliche Kontakte nach Fisch gekommen sei, habe die Maschinen komplett selbst gefahren. Er sei vom Dorf so angetan gewesen, sagt Wacht. Drei Wochen hat´ es gedauert. 20 000 Euro hat die Gemeinde so gespart.
So richtig angefangen hat das Engagement im großen Stil laut Wacht mit der Gestaltung des Kita-Außengeländes vor zwei Jahren (der TV berichtete). Innerhalb von drei Monaten war alles fertig. Jeden Abend und am Wochenende hätten bis zu zehn Leute mit angepackt. Vom Achtjährigen bis zum 70-Jährigen sei alles dabei gewesen, sagt Wacht. Viele Neubürger hätten mitgemacht. Andere Fischer hätten die Arbeitenden mit Essen versorgt. Im Folgejahr habe eine Gruppe Freiwilliger einen großen Gehölzstreifen am Neubaugebiet entfernt. Neben den großen Projekten liefen viele kleinere und die stete Arbeit des Lebensfluss-Teams, das auch Seniorentreffs organisiere.

Was hinter dem Engagement steckt: Dem Ortsgemeinderat geht es bei den ehrenamtlichen Aktionen laut Wacht nicht ums Sparen. Der Ortschef betont: "Es geht um die Gemeinschaft. Wir haben es geschafft, die Leute zu motivieren, so dass es Spaß macht. Keiner wird überfordert." Das Zusammensitzen danach mit einem Bierchen gehöre immer dazu.

Das Ziel: Für Wacht und den Gemeinderat ist dieses Engagement die Basis für eine Art Fischer Modell, der etwas andere Weg im Vergleich zum Saarburger Modell (siehe Extra). Bei letzterem sollten die Fischer ursprünglich mitmachen, doch haben sie sich nach langen Beratungen dagegen entschieden. Wacht sagt: "Das Modell ist klasse." Aber die Fischer wollten ihren Weg eben ohne Institution von oben und rein ehrenamtlich gehen. Ziel ist es jeweils, dafür zu sorgen, dass sich alle Menschen, auch die älteren, möglichst lange im Dorf wohlfühlen.

Der Hintergrund: Wacht sagt: "Wir wissen, dass wir in 20 Jahren ein Riesenproblem haben. Viele können dann die Kosten für ein Seniorenheim nicht zahlen. Noch versorgen in den Dörfern viele Kinder ihre Eltern, doch das wird wegbrechen." Generell geht es darum, die demografische Entwicklung - die Menschen werden eher weniger und die Senioren immer mehr und älter - abzufedern. Seit ein paar Jahren beschäftigt sich der Fischer Rat mit den Auswirkungen dieses Wandels und dem Umgang damit. So hat er sich eine Senioren-WG in Damflos und das ehrenamtliche Hilfsnetz in Niederstadtfeld angesehen. Er hat sich zudem im Nachbarort Mannebach, dem Vorreiter des Saarburger Modells, schlaugemacht.

Das Konzept: Ortsbürgermeister Wacht sagt: "Unser Konzept ist im Entstehen." Es gehe darum, die frühere Nachbarschaftshilfe neu zu beleben. "Fischer unterstützen einander" nennen die Ratsmitglieder ihre Initiative, mit der sie ein "ortsnahes und bedarfsgerechtes Angebot für alle Bürger" etablieren wollen.
Im Herbst soll es dazu eine Bürgerversammlung geben, bei der sie mit Hilfe eines Fragebogens herausfinden wollen, wo der Schuh drückt und welche Wünsche existieren. Wohnsituation und Freizeitgestaltung sowie Sport und Gymnastik sind dabei Themen. Auch wer Hilfe braucht und wer sich engagieren möchte, wird abgefragt. Seniorenbegleiter sollen eingesetzt werden. Bereits jetzt hat der Rat einiges auf den Weg gebracht. So werden Senioren bei Bedarf zum Arzt oder zum Einkaufen gefahren. Tagesmütter zur Betreuung von Kindern - sie werden gebraucht, solange die Kita noch nicht erweitert ist - sind gefunden, müssen aber noch ausgebildet werden. Zusammen mit der Kirchengemeinde soll eine Art Wortgottesdienst mit Nachmittagskaffee auf die Beine gestellt werden, bei dem sich die Generationen zwanglos begegnen.
Die Vereine - sieben an der Zahl im 412 Einwohner zählenden Ort - haben Bereitschaft signalisiert, das Konzept zu unterstützen. Wacht merkt an: "Die meisten Fischer sind Mitglied in mehreren Vereinen."
Die Idee des vorherigen Ortschefs Dieter Schmitt war es, Kita, eine Begegnungsstätte und betreutes Wohnen oder eine Art Senioren-WG in benachbarten Gebäuden unterzubringen. Wacht sagt: "An dieser Vision sind wir hängengeblieben." Doch gerade für eine solche WG brauche die Gemeinde Geld. Otmar Wacht und die Beigeordneten kritisieren, dass für solche Projekte in offiziellen Broschüren zwar laut getrommelt werde, es aber an finanzieller Unterstützung mangele.Extra

Sie nehmen ihre Zukunft in die Hand: Fischer planen Hilfsnetz im Ort - Bürgerversammlung im Herbst vorgesehen
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 Haben Großes vor: Fischs Ortschef Otmar Wacht (rechts) und die Beigeordneten Hans-Peter Wacht (Mitte) und Stefan Kaiser. TV-Foto: Marion Maier

Haben Großes vor: Fischs Ortschef Otmar Wacht (rechts) und die Beigeordneten Hans-Peter Wacht (Mitte) und Stefan Kaiser. TV-Foto: Marion Maier

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Beim Pilotprojekt Saarburger Modell geht es darum, aktive Dorfgemeinschaften à la Mannebach aufzubauen, die dafür sorgen, dass sich alle Menschen, auch die älteren, möglichst lange im Dorf wohlfühlen und gesund bleiben. In Mannebach gibt es beispielsweise Seniorenbegleiter, eine Gesundheitshütte und organisierte Nachbarschaftshilfe. Initiator des Saarburger Modells ist Mannebachs Ortsbürgermeister Bernd Gard, der zum ehrenamtlichen Demografiebeauftragten der Verbandsgemeinde Saarburg ernannt wurde. Er wird bei seiner Arbeit von einer hauptamtlichen Kraft, die bei der Verbandsgemeinde angesiedelt ist und von den Ortsgemeinden mitbezahlt wird, unterstützt. Beteiligt sind am Saarburger Modell bislang Trassem und Kastel-Staadt. Gard teilt mit: "In Trassem und Kastel-Staadt hat der Aktivierungsprozess begonnen. Das Bewusstsein der Bürger für die zukünftigen Herausforderungen wurde in vielen themenbezogenen Veranstaltungen geweckt." In Zukunftswerkstätten würden gemeinsam mit den Einwohnern Visionen entwickelt. Aus den Ergebnissen hätten sich wiederum Arbeitsgruppen gebildet zu Themen wie Aktivierung der Senioren, Gesundheit und Mobilität. Zur Fischer Vorgehensweise merkt Gard an: "Das Saarburger Modell ist klar strukturiert." Doch sagt er den Fischern, mit denen die Mannebacher eng zusammenarbeiten, auch weiterhin jedwede Unterstützung zu. mai

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