So hilft Konz den Flüchtlingen

Konz · Bei einem Infoabend im Kloster Karthaus haben 200 Bürger ihre Solidarität mit Flüchtlingen bekundet. Hauptthemen waren ehrenamtliches Engagement und die Wohnsituation der Asylbewerber. Eine Erkenntnis: Die Helfer selbst brauchen mehr Unterstützung von Behörden.

So hilft Konz den Flüchtlingen
Foto: (h_ko )

Konz. "Wir haben keine Vorbilder, aber wir machen das saugut", sagt Elisha Weinandi. Sie bringt Flüchtlingskindern in einer extra dafür eingerichteten Klasse der Grundschule St. Johann in Karthaus Deutsch bei. Jetzt ergreift sie leidenschaftlich das Wort beim Infoabend über die Situation der Flüchtlinge in der Verbandsgemeinde (VG) Konz. Sie sei stolz in einer Demokratie zu leben, welche die großen Herausforderungen so gut bewältige. Der Applaus der etwa 200 Bürger ist laut und spiegelt die viel zitierte Willkommenskultur in Konz.

Zahlen: Der Trier-Saarburger Kreissozialdezernent Joachim Christmann und Caritas chef Bernd Kettern schildern die großen Herausforderungen. Deutschlandweit wird mit einer Million Flüchtligen gerechnet. "Seriöse Prognosen gibt es nicht", sagt Kettern angesichts dessen, dass viele der Zugezogenen ihre Familien nachholen wollen. Der Kreis geht von 1400 Menschen aus, die untergebracht und betreut werden müssen. Die Verteilung im Kreis richtet sich nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft der Verbandsgemeinden. Rund um Konz leben derzeit 204 Flüchtlinge - es könnten bis Jahresende 350 sein.
Wohnraum: "In der VG Konz sind die Asylbewerber fast ausschließlich in der Stadt untergebracht", sagt Detlef Schmitz, Abteilungsleiter Soziales bei der Kreisverwaltung. Dafür spreche die Infrastruktur in der Stadt. Deshalb sollen - frühestens im Dezember - in der Roscheider Straße in der Nähe des bestehenden Asylbewerberheims an zwei Standorten Wohncontainer - jeweils mit Gemeinschaftsräumen (Küchen, Duschen und Toiletten) aufgestellt werden. An dem der Innenstadt nähergelegenen Standort sollen Frauen und Familien untergebracht werden (56 Plätze). Am zweiten Standort direkt neben dem Wohnheim sollen Männer leben (30 bis 60 Plätze). Als Schmitz erklärt, dass sich zwei bis vier Flüchtlinge die 12,5 Quadratmeter großen Räume teilen sollen, geht ein Raunen durch das Publikum. Er beschwichtigt: "Wir wollen vermeiden, dass die Menschen in Zelten untergebracht werden müssen."

Holzhäuser als Lösung: Der Konzer Bürgermeister Karl-Heinz Frieden betont, dass weiterer Wohnraum gesucht werde. Miethäuser würden bevorzugt. Zur Not würden leer stehende Gebäude gekauft oder sogar Grundstücke erworben, um darauf günstige Holzhäuser zu errichten. Frieden: "Wenn Sie Wohnraum haben, melden Sie sich!"

Ehrenamt: Thomas Zuche und Bernhard Jocher von der Caritas weisen darauf hin, wie wichtig freiwillige Helfer bei der Flüchtlingsbetreuung sind. Sie arbeiten im Flüchtlingsberatungszentrum in der Beethoven-Galerie am Paul-Magar-Platz haben sich seit Mai um mehr als 80 Flüchtlinge gekümmert. In Konz seien zudem mehr als 70 Flüchtlingshelfer ehrenamtlich aktiv - zum Beispiel als Familien- oder Sprachpaten.
Sein Tipp: "Machen Sie das, was Ihnen Spaß macht und laden Sie Flüchtlinge ein!" Ein Beispiel liefert eine Konzer Freizeit´-Fußballgruppe (siehe Extra). Zuche sucht noch Menschen mit besonderen Sprachkenntnissen: Arabisch, Farsi (Persisch) oder Tigrinya (Dialekt in Eritrea). Er betont aber auch, wie wichtig Courage ist: "Treten Sie fremdenfeindlichen Äußerungen entgegen!"

Anregungen: Die 200 Zuhörer bringen etliche Anregungen ein. Ein Wiltinger weist darauf hin, dass die Verwaltung Hausbesitzer offensiver über Haftungs- und Mietfragen informieren müsse. Studiendirektorin Jutta Pohl von der Berufsbildenden Schule in Saarburg macht bei der ersten Flüchtlingsklasse ihrer Schule sehr große Unterschiede beim Sprachniveau aus. Da brauche die Schule mehr Unterstützung. Ein Bürger aus Roscheid bittet Norbert Hausen, Leiter der Polizeidirektion in Trier, darum, dass die Polizei den Flüchtlingen die deutschen Verkehrsregeln beibringen möge. Es komme häufiger zu gefährlichen Situationen. Auch die Hilfe für Helfer - interkulturelle Bildung und psychologische Betreuung - werden angesprochen. Da besteht aus der Sicht Bürger und Verantwortlichen Nachholbedarf.
Infos zur Flüchtlingshilfe gibt es in der Beethovengalerie in Konz und telefonisch unter 06501 94571-11.Meinung

Gut vorgearbeitet
Die Konzer haben mit der Bürgerversammlung zur Situation der Flüchtlinge ein positives Signal gesendet: Hilfsbedürftige sind willkommen in Konz! Die größte Stadt im Landkreis Trier-Saarburg bringt auch große Erfahrung in Sachen Integration mit. Denn Konz hat schon lange Bürger aus mehr als 100 Nationen und zwei Moscheegemeinden (türkisch und arabisch) in der Stadt. Zudem sind die katholische, die evangelische und die neuapostolische Kirche vertreten. Und diese Institutionen arbeiten schon länger in einem aktiven interkulturellen Netzwerk aus Vereinen, Verbänden, Behörden und Glaubensgemeinschaften zusammen. Bei der aktuellen Herausforderung durch die Massenflucht aus den Krisengebieten der Welt können sie deshalb auf gewachsene Strukturen zurückgreifen. Das ist bei der Bewältigung der Mammutaufgabe ein großer Vorteil und lässt positiv in die Zukunft blicken. c.kremer@volksfreund.deExtra

So hilft Konz den Flüchtlingen
Foto: (h_ko )
So hilft Konz den Flüchtlingen
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 Die Fußball-AG Asylbegehrende mit den Initiatoren Wolfgang Schwarz (vorne links) und Walter Baer (vorne Dritter von rechts). Foto: privat

Die Fußball-AG Asylbegehrende mit den Initiatoren Wolfgang Schwarz (vorne links) und Walter Baer (vorne Dritter von rechts). Foto: privat

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Die FTG (Fußballtrainingsgemeinschaft) Konz feiert ihr 40-jähriges Bestehen mit einem Spiel gegen die Fußball AG der Asylbegehrenden, in der 20 Menschen aus aller Welt aktiv sind. So wollen die Fußballer bei ihrem Jubiläumsfest am Samstag, 19. September, um 16.15 Uhr auf dem Kunstrasen im Schul- und Sportzentrum Konz ein Zeichen setzen. Nach dem Spiel wird gemeinsam gefeiert. Neben dem Fußballspielen (immer freitags) gehört die Verantwortung für Hilfsbedürftige zur Vereinsphilosophie. Seit 30 Jahren veranstaltet der Verein deshalb ein Hallenfußballturnier in der Saar-Mosel-Halle, in dem Vereine und Gruppierungen aus Konz für Menschen in Not aus der Stadt Konz Fußball spielen. In diesem Zeitraum hat der Verein mehr als 60 000 Euro für caritative Zwecke in Konz gespendet. cmk

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