Solidarität mit ausländischen Bürgern

Konz · In einer dreiviertelstündigen Aktion hat das Interkulturelle Netzwerk Konz am Samstagvormittag auf dem Marktplatz die Namen von 147 Menschen verlesen, die von Neo-nazis seit der Wende in Deutschland ermordet wurden. In Ansprachen wurde deutlich: Dem Rassismus muss mit rechtsstaatlichen Mitteln entschieden entgegengetreten werden.

 Die Mahnwache auf dem Konzer Marktplatz verläuft völlig ruhig, Störungen durch Neonazis gibt es nicht. TV-Foto: Gabriela Böhm

Die Mahnwache auf dem Konzer Marktplatz verläuft völlig ruhig, Störungen durch Neonazis gibt es nicht. TV-Foto: Gabriela Böhm

Konz. Der Tod hat viele Namen: Enver Simsek. Oder Abdurrahim Özüdogru. Oder Süleyman Tasköprü. Es sind drei von mindestens zehn Menschenleben, die von der Neonazi-Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aus Zwickau ausgelöscht wurden.
Für sie und insgesamt 147 Menschen, die seit 1990 von Neonazis in Deutschland umgebracht wurden, flackern auf dem Konzer Marktplatz Teelichter. "Enttäuschend, wie wenig Leute gekommen sind", sagt nicht nur Walter Bamberg zu Beginn der Aktion.
Zu diesem Zeitpunkt sind außer den Veranstaltern hauptsächlich Funktionäre auf dem Platz - doch das ändert sich. Hausfrauen mit gefüllten Einkaufstüten stellen sich zu dem Schweigekreis, Väter schieben ihren Nachwuchs im Kinderwagen näher, und ein altes Ehepaar eilt im Gleichschritt zu der Demonstration. Still blicken die Leute in die kleinen Flammen, als Thomas Zuche und Renate Heineck vom Interkulturellen Netzwerk Konz die Namen der vielen Toten verlesen. Für ein paar Polizeibeamte heißt es, dezente Präsenz zu zeigen - Neonazis sind nicht zu sehen.
"Unsere Solidarität gilt heute vor allem den gläubigen Muslimen in unserer Stadt", sagt Zuche und erinnert daran, dass die Konzer Moschee als mögliches Anschlagziel ins Visier von Rechtsterroristen geriet. "Das ist bestürzend, davon wusste ich gar nichts", sagt Teilnehmer Bora Özpolat, der durch Zufall bei der Kundgebung ist und jetzt gegenüber seinen türkischen Landsleuten Solidarität zeigen will. "Eigentlich bin ich waschechter Pfälzer und in Pirmasens geboren", schmunzelt er - gelebte Integration also.
Das Thema wird auch von Tevhit Yilmaz, Sekretär des Vereins Türkisch-Islamische Union aus Konz, aufgegriffen. "Wir leben hier glücklich und zufrieden, sind Teil der Gesellschaft und haben auch einen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland geleistet!" Das bestätigt Bürgermeister Karl-Heinz Frieden mit noch brüchiger Stimme nach überstandener Erkrankung. "Konz gedeiht von der Zuwanderung! Neun Prozent sind hier ausländische Mitbürger, wir sind eine Vielvölkerstadt!" Er fordert auf: "Nicht wegschauen, Farbe bekennen, widersprechen, wo es notwendig ist!"
Nach einer Dreiviertelstunde löst sich der Schweigekreis langsam auf, die Teelichter werden sorgsam wieder eingepackt. "Wir sind sehr zufrieden", bilanziert Zuche. "Wir hatten nur 15 bis 50 Leute angemeldet, jetzt kamen mehr als doppelt so viele. Ein schönes Zeichen aus der Konzer Bürgerschaft!" gsb

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