Sonnenkraftwerk auf der Kippe

Saarburg · Das geplante Solarkraftwerk im Kammerforst wird nicht, wie geplant, in diesem Sommer ans Netz gehen. Nachdem Naturschützer das Projekt kritisiert hatten, sind neue Gutachten zu seltenen Arten nötig.

Saarburg. Die Idee hört sich gut an: Saarburg bekommt ein großes Solarkraftwerk im Kammerforst. Eine Militärbrache wird so sinnvoll genutzt. Es ist ein Prestigeprojekt. Es wird Ökostrom produziert und Stadt sowie Verbandsgemeinde (VG) sind an dessen Verkauf finanziell beteiligt. Große Unternehmen kaufen Teile der Anlage und produzieren so ihren eigenen Strom. Ende Juni steht die Anlage.
Wirtschaftlichkeit angezweifelt


Daraus wird erst mal nichts. Die Kreisverwaltung hat als untere Naturschutzbehörde neue Analysen zu seltenen Arten gefordert. "Fachgutachter werden den Schießstand insbesondere auf Amphibien, Reptilien und Fledermäuse untersuchen. Das dauert bis September", sagt Bernhard Gillich vom zuständigen Planungsbüros BGH Plan aus Trier. Laut Kreisverwaltung sind bisher nur Biotope kartiert und Vogelvorkommen untersucht worden. Damit steht fest: Die Anlage kommt frühestens Ende des Jahres oder Anfang 2014.
Damit im Kammerforst ein Sonnenkraftwerk entstehen kann, muss der VG-Rat in Saarburg den Flächennutzungsplan (FNP) ändern und der Saarburger Stadtrat einen Bebauungsplan aufstellen. Entwürfe gibt es. Bürger, Behörden und Verbände haben sie gesehen und Stellungnahmen abgegeben. Drei Naturschutzverbände haben mitgeteilt, dass es ihrer Ansicht nach auf dem Schießstand besondere Biotope mit seltenen Tier- und Pflanzenarten gibt. Die bisherigen Untersuchungen bezeichneten sie stellenweise als "groben Unfug", Ausgleichsmaßnahmen als "grotesk". Mit der Rodung der Fläche seien bereits Lebensräume besonders geschützter Tierarten zerstört worden.
Die Verbände hatten den Kahlschlag kritisiert, da das FNP-Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Helmut Lieser, Leiter des Saarburger Forstamtes, das die Rodung genehmigt hat, sagt: "Das musste vor dem März geschehen. Danach ist so etwas aus Naturschutzgründen bis zum Spätherbst nicht mehr ohne weiteres erlaubt." Die Träger öffentlicher Belange seien darüber informiert und Auflagen der Kreisverwaltung berücksichtigt worden.
Zweifel gibt es auch an der Wirtschaftlichkeit des Projektes. Die Stadtwerke Trier (SWT) wollen das Kraftwerk bauen und betreiben. Anschließend könnten Teile an private Unternehmen oder das neu gegründete Energieunternehmen der VG verkauft oder verpachtet werden. Das bereitet vor allem der FWG Bauchschmerzen. "Wir sind grundsätzlich für die Anlage. Aber nach den vorliegenden Informationen können wir nicht erkennen, dass sich das rechnet", sagt Mario Wolter, Fraktionsvorsitzender der FWG. Die freien Wähler hätten eigene Berechnungen gemacht. Solange Fehler darin nicht belegt seien, gehe man von einem Minusgeschäft aus. Nach Ansicht der FWG gibt es auch beim Eigenstromverbrauch (siehe Extra) Probleme.
Auch bei den übrigen Fraktionen scheint die Informationslage dünn. Stephanie Nabinger, Fraktionschefin der Grünen, sagt: "Bisher haben wir nur die Berechnungen der FWG. Von Verwaltung und SWT liegen keine Modelle vor." CDU und SPD verweisen ebenfalls auf die Stadtwerke. Bisher sei es ein Projekt der SWT, eine kommunale Beteiligung erst dann zu prüfen, wenn im Anschluss an die Naturschutzgutachten gesicherte Daten vorlägen.
Wenig Information


Die SWT schweigen. Das Unternehmen mache prinzipiell "keine Angaben zur Wirtschaftlichkeit von unseren Projekten", teilt eine Sprecherin auf TV-Anfrage mit. Rudolf Schöller, Bereichsleiter Erneuerbare Energien, sagt: "Wir müssen die Naturschutzauflagen abwarten. Wir glauben aber an das Projekt. Sollte sich die Kommune nicht beteiligen, würden wir eine Anlage auch alleine betreiben."
Jürgen Dixius, Stadtbürgermeister von Saarburg, sagt: "Zunächst einmal investieren die SWT. Ob wir uns beteiligen, etwa über die AöR der VG, ist offen." Dixius glaubt zudem an das Modell mit dem Eigenverbrauch. "Das ist ein Standortvorteil für Saarburg, wenn Firmen Teile der Anlage übernehmen und so eigenen Strom produzieren."Extra

Die Einspeisevergütung für Ökostrom sinkt stetig. Das Solarkraftwerk kann sich aber nach Ansicht seiner Befürworter trotzdem lohnen. Großabnehmer innerhalb eines Kreises von 4,5 Kilometern um die Anlage können Teile davon übernehmen und dann Eigenstromverbrauch geltend machen. Dadurch haben sie Steuervorteile. Der Strom muss allerdings vom Kraftwerk bis zum Verbraucher geleitet werden. Das ist nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) vorgesehen. "In der Praxis ist das unserer Erfahrung nach nicht möglich", sagt Gerd Benzmüller, Elektromeister und für die FWG im VG-Rat. Der Netzbetreiber weigere sich, den Strom durchzuleiten. thie

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