Sparpolitik frustriert Kommunalpolitiker

Konz · Von Konz über Pellingen bis Nittel sind fast alle Gemeinden dem kommunalen Entschuldungsfonds des Landes Rheinland-Pfalz beigetreten. Jetzt fürchten die Kommunalpolitiker um die Handlungsfähigkeit ihrer Kommunen.

Konz. Steht der Beitritt zum kommunalen Entschuldungsfonds des Landes Rheinland-Pfalz (Kef) auf den Tagesordnungen der Stadt- und Gemeinderäte, geht es oft hoch her. Viele Kommunalpolitiker sind frustriert. Der Sparzwang gefährde die Handlungsfähigkeit ihrer Gemeinden, argumentieren sie. Letztlich heben die meisten dann doch ihre Hand (siehe Extra), wenn es um den Beitritt zum Kef geht. Der Fonds scheint das einzige Mittel gegen die Schuldenlast in den öffentlichen Haushalten zu sein.
Steuern rauf, Ausgaben runter


Im Prinzip geht es beim Kef darum, die bis zum 31. Dezember 2009 angehäuften Kassenkredite - das entspricht den Überziehungskrediten bei einem privaten Girokonto - der Kommunen abzubauen. Insgesamt sind das auf Landesebene 4,6 Milliarden Euro. Mit Hilfe des Kef sollen mehr als 3,8 Milliarden Euro getilgt werden.
Ein Drittel dieses Betrags tragen die Kommunen selbst. Alle verschuldeten Kreise, Städte und Gemeinden müssen ihren Beitrag zu dem Sparprojekt leisten, indem sie Steuern erhöhen oder Ausgaben senken - jedes Jahr, 15 Jahre lang. Wie groß der Anteil der einzelnen Kommunen ist, errechnet sich aus Faktoren wie der Gesamtschuldenhöhe, der Einwohnerzahl und dem Steuereinkommen vor Ort. Die Stadt Konz, die 2011 voraussichtlich 16,4 Millionen Euro einnimmt und 20,8 Millionen Euro ausgibt, muss beispielsweise pro Jahr 118 000 Euro aufbringen, die Stadt Trier 4,5 Millionen Euro.
Das zweite Drittel kommt aus dem Topf des kommunalen Finanzausgleichs, aus dem das Land Zuweisungen an die Kommunen zahlt. Das letzte Drittel spart das Land in seinem Haushalt ein - zunächst 85 Millionen Euro jährlich.
"Wir haben keine Alternative zu diesem Finanzdiktat", meint Karl-Heinz Frieden, Bürgermeister der Stadt und der Verbandsgemeinde Konz. Grundsätzlich hält er Einsparungen für richtig. Der Entschuldungsfonds sei aber nur ein Mittel zur "Vergangenheitsbewältigung", kritisiert er. Es könnten nur Altschulden abgebaut werden. Die ab 2010 angefallenen Schulden blieben der Kommune erhalten.
Einen Großteil der Verantwortung für die Schulden in den Kommunen sieht Frieden beim Bund und im Land. Dort würden Vorgaben gemacht, ohne dass die Kommunen mehr Geld zugewiesen bekämen. Damit spielt Frieden auf den per Bundesgesetz vorgeschriebenen Ausbau von Kita-Plätzen oder die vom Land geforderte Verkleinerung von Schulklassen an - beides Projekte, die kostspielige Baumaßnahmen nach sich ziehen, die sich in den kommunalen Haushalten niederschlagen.
Er appelliert deshalb an Bund und Land, Vorgaben zum Beispiel für den teuren Brandschutz an Schulen zu überdenken. Es könne nicht sein, dass ständig gesetzliche Standards angehoben werden, ohne dass die Kommunen besser ausgestattet würden. Im Überdenken solcher Standards sieht er große Einsparpotenziale.
Keine Alternative zu Finanzdiktat


Weil solche Potenziale zurzeit noch nicht genutzt werden können, läuft der Beitritt zum Kef meist auf die Anhebung der Grundsteuer B, die für jedes bebaubare Grundstück innerhalb einer Ortslage fällig wird, hinaus. Auf Gegenliebe stößt das bei den Bürgern nicht. Aber auch so manches Ratsmitglied ist frustriert: "Wir werden erpresst. Wenn wir jedes Jahr die Steuern erhöhen, weiß ich nicht, was wir hier noch machen", meinte zum Beispiel ein Ratsmitglied der Unabhängigen Bürger für Nittel, die gegen den Beitritt zum Entschuldungsfonds stimmten. Der Sparzwang erzeugt Frustration bei den ehrenamtlichen Politikern. Trotzdem sehen die meisten ein, dass die öffentlichen Haushalte entlastet werden müssen. Deshalb stimmen sie für den Kef.Extra

In der Verbandsgemeinde (VG) Konz sind bisher in der Stadt Konz sowie in den Gemeinden Nittel, Oberbillig, Onsdorf, Tawern, Temmels, Wawern und Wiltingen Beschlüsse für die Teilnahme am kommunalen Entschuldungsfonds gefasst worden. In Pellingen und Wellen wurde die Entscheidung noch vertagt. Die jährlichen Anteile der Gemeinden bewegen sich im vier- oder fünfstelligen Bereich. Die meisten Gemeinden erhöhen die Grundsteuer B, die für alle bebaubaren Grundstücke innerhalb des eines Orts gezahlt wird, um ihren Anteil leisten zu können. Manche erhöhen auch die Grundsteuer A, die für landwirtschaftliche Flächen anfällt. Wie viel die Gemeinden im Detail selbst zu dem Fonds beitragen müssen, steht laut VG-Verwaltungssprecher Achim Lutz noch nicht endgültig fest. Die VG selbst nimmt nicht am Entschuldungsfonds teil. Sie hat einen ausgeglichenen Haushalt und keine Kassenkredite zum 31. Dezember 2009, die eingerechnet werden müssen. Die Gemeinden Wasserliesch und Kanzem standen am 31. Dezember 2009 finanziell gut da und hatten keine Kassenkredite aufgenommen, die in den Kef eingebracht werden müssen. cmk

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