Stadt mit vielen Schwachpunkten

Hermeskeil · Wenn es so weitergeht, dann wird aus Hermeskeil eine Geisterstadt: Das sagen die Mitglieder einer Gruppe, die sich bisher nur auf der Internet-Plattform Wer-kennt-Wen (WKW) austauschen, jetzt aber die Gründung der Interessengemeinschaft "Wir für Hermeskeil" planen. Mit ihr wollen sie auf die Schwachpunkte der Stadt aufmerksam machen, aber auch Lösungsvorschläge erarbeiten. Dafür werden Mitstreiter gesucht.

Hermeskeil. "Wir leben auch gerne in Hermeskeil!" Das betonen Ralf und Rita Justinger, Ronald Schmitt, Karin Etten und Gerhard Bier in bewusster Anlehnung an die gleichnamige Aktion des Trierischen Volksfreunds, die kürzlich zu Ende gegangen ist. Doch dann folgt das große "Aber" der fünf Hochwaldstädter, die bisher nur im Internet, nämlich in der WKW-Gruppe "Neues aus Hermeskeil", eifrig miteinander diskutiert haben. Für sie "liegt in Hermeskeil der Hund begraben" (Ralf Justinger). Es gibt aus ihrer Sicht in der Stadt "viele Schwachpunkte und Missstände, die man abstellen müsste" (Rita Justinger). Ansonsten gerät Hermeskeil auf den "Weg zur Geisterstadt", befürchtet die Gruppe, der auch das frühere Stadtratsmitglied der Linkspartei Heiko Knop angehört.
Exemplarisch dafür nennt sie die rund 20 leerstehenden Läden, die es allein im Innenstadtbereich gibt. "Gerade dort, wo man eigentlich Leben erwartet, fällt das Problem geballt auf. Das hängt aus meiner Sicht damit zusammen, dass die Mieten zu hoch sind", sagt Ronald Schmitt, der selbst bis vor einigen Monaten ein Geschäft in der Saarstraße hatte und es schließen musste. Die WKW-Gruppe meint, dass in der Stadt Restaurants fehlen, in denen man gut bürgerlich essen kann. Zudem mangele es an einem Café, das auch sonntags geöffnet hat. Ganz schlecht sehe es - mit Ausnahme der Jugendherberge und des Hotels Jakobs - mit Übernachtungsmöglichkeiten für Touristen aus, sagt die Gruppe. Sie kritisiert die Stadtwoche, die immer unattraktiver werde und außerdem zu lange dauerte. "Da würde auch ein verlängertes Wochenende ausreichen", meinen die fünf. Außerdem bemängeln sie das Aussehen des Bahnhofsvorplatzes und den Zustand des alten Heimatmuseums ("Ein baufälliger Schuppen") auf dem Neuen Markt.
Zwar sind der Gruppe die Pläne zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes und zum Umbau des Heimatmuseums in das neue Feuerwehrmuseum bekannt. Gerhard Bier betont jedoch: "Wir wollen nicht nur in der Zeitung über irgendwelche Projekte lesen, sondern endlich mal auch etwas sehen."
Die Gruppe will aber nicht mehr nur im Internet diskutieren, sondern eine Interessengemeinschaft (IG) mit dem Titel "Wir für Hermeskeil" aus der Taufe heben. Ein erstes Treffen ist am Sonntag, 20. Mai, ab 18 Uhr im Hotel Erbeskopf. Ausdrücklich sind dazu "alle Bürger, denen Hermeskeil am Herzen liegt", eingeladen.
Wichtig ist den Initiatoren der Hinweis, dass "wir nicht gegen den Stadtrat agieren, sondern mit ihm zusammenarbeiten wollen". Bier bringt es so auf dem Punkt: "Wir wollen unseren Politikern nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Wir wollen ihnen aber klarmachen, dass wir unzufrieden sind und ihnen sagen, was man aus unserer Sicht besser machen könnte."
Insofern hat es sich die IG zum Ziel gesetzt, Lösungsvorschläge - zum Beispiel in Bezug auf die Leerstände - zu erarbeiten. So hält es Schmitt bei diesem Punkt für sinnvoll, dass die Stadt verstärkt an die Vermieter herantritt und diese davon überzeugt, "dass man bei der Neueröffnung eines Geschäfts im ersten Jahr vielleicht mal nur die halbe Miete verlangt."Meinung

Jede gute Idee zählt
Kein Zweifel: Die WKW-Gruppe ist mit ihrer Wortwahl nicht zimperlich: Sie beschreibt ihre Sicht auf Hermeskeil mit Begriffen wie "Geisterstadt" und "Hund begraben" sehr plakativ. Dieses Urteil ist hart und wohl auch etwas zu polemisch. Es sind auch nicht alle Kritikpunkte berechtigt: Beim Bahnhofsvorplatz und dem Feuerwehrmuseum sollen ja nach fast unendlicher Wartezeit den vielen Worten nun bald auch Taten folgen. Die Gruppe nennt aber andererseits auch Schwachpunkte klar beim Namen, die sich in Hermeskeil nicht wegdiskutieren lassen: An erster Stelle gilt das für die Innenstadt. Sie kommt seit dem Hela-Umzug auf die Wiese nach Abtei auf keinen grünen Zweig mehr, und die Politiker beißen sich an den Wiederbelebungsversuchen nun schon seit Jahren die Zähne aus. Nun bleibt zwar abzuwarten, ob die Interessengemeinschaft Anklang beim Rest der Hermeskeiler Bevölkerung findet oder das Engagement der WKW-Gruppe nur ein Strohfeuer bleibt. Eins ist aber festzuhalten: Es ist aller Ehren wert, wenn Leute von der Basis den Schritt aus der virtuellen Welt der Internet-Plattformen herauswagen und aktiv in Hermeskeil etwas bewegen wollen. Denn wie hieß es schon vor fünf, sechs Jahren so schön, als Hermeskeil beim Landeswettbewerb "Werkstatt Innenstadt" mitmachte und man damals um große Bürgerbeteiligung warb: "Jede gute Idee zählt." a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Udo Moser (Bürger für Bürger) betont, "dass ich grundsätzlich bürgerschaftliches Engagement begrüße. Das zeigt, dass den Leuten Hermeskeil nicht egal ist." Den Vorwurf, dass "in Hermeskeil der Hund begraben ist", kann Moser aber nicht nachvollziehen. "Es sind in der Vergangenheit sicher Fehler passiert. Aber wir sind am Gegensteuern", so Moser. Nach seiner Aussage ist die Zahl der Laden-Leerstände in der Innenstadt zurückgegangen. Dass Geschäfte verwaist sind, liege nicht an zu hohen Pachtforderungen der Hauseigentümer. "Das Problem ist in erster Linie der Aussiedlung des Hela-Markts ins Sondergebiet Abtei geschuldet." Das geschah 2002. Moser sagt: "Diese Entscheidung hat der heutige Stadtrat nicht zu verantworten. Die Auswirkungen spüren wir aber bis heute. Denn dadurch ist uns die Besucherfrequenz in der Innenstadt weggebrochen, so dass sich viele Geschäftserwartungen nicht erfüllt haben." Die Stadt bemühe sich nun "verzweifelt" darum, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt wieder zu verbessern und habe beispielsweise in der Fußgängerzone gestalterisch schon einiges getan. Auch der Bau des Feuerwehrmuseums, der nun definitiv nach der Stadtwoche, also im Juli, beginnt, soll zur Belebung der Innenstadt beitragen, betont Moser. Die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes laufe ebenfalls noch dieses Jahr an. Mit Blick auf das Gastronomie- und Übernachtungsangebot räumt Moser jedoch ein, dass dies "ausbaufähig" sei. Der Stadtbürgermeister sagt abschließend: "Ich bleibe dabei: Hermeskeil ist besser als sein Ruf." ax

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