Stadt will Parkplätze statt Wohnungen

Saarburg · Der Verkäufer einer Wohn- und Geschäftsimmobilie wirft der Stadt Saarburg Verschwendung von Steuergeld vor. Diese hat, nachdem von ihm ein notarieller Kaufvertrag mit mehreren Interessenten über das Grundstück geschlossen worden war, ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Auf der Fläche will sie Parkplätze einrichten.

 Den Gebäudekomplex rechts vom Gefängnis will die Stadt zumindest teilweise abreißen, um dort Parkplätze zu schaffen.

Den Gebäudekomplex rechts vom Gefängnis will die Stadt zumindest teilweise abreißen, um dort Parkplätze zu schaffen.

Foto: Alexander Schumitz

Rainer Kaspar ärgert sich. Er ist gemeinsam mit seiner Frau der Eigentümer des Gebäudekomplexes Im Hagen 3. Mitte Januar verkaufte er das Objekt für 347 500 Euro an eine interessierte Eigentümergemeinschaft. "Beim Notartermin gingen noch alle Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf ohne Komplikationen über die Bühne laufen würde."
Doch neun Wochen nach dem Notartermin flatterte dem Ehepaar eine Postzustellungsurkunde ins Haus. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es, dass die "Stadt Saarburg das ihr zustehende Vorkaufsrecht" ausübe. Die Stadt begründet dies damit, dass diese Grundstücke - es handelt sich um drei Parzellen - in einem Bereich liegen, in dem ihr laut Satzung ein Vorkaufsrecht (siehe Extra) zusteht.
Weiter heißt es in dem Dokument, dass die Stadt Saarburg seit Längerem beabsichtige, "zusätzliche Parkmöglichkeiten in diesem Bereich zu schaffen. Aufgrund der Nähe zur Innenstadt bieten sich die Grundstücke zur Anlegung innenstadtnaher Parkplätze an".Verhandlungen schon vor Jahren


Was Kaspar an diesem Schreiben besonders erzürnt, ist, dass er mit der Stadt schon mal vor einigen Jahren über den Verkauf der Grundstücke ohne Erfolg verhandelt hat. "Ich hatte damals schon etlichen Mietern gekündigt, denn wir standen kurz vor einem Vertragsabschluss", sagt Kaspar. Allerdings habe die Stadt damals dann von einem Vertragsabschluss Abstand genommen, "weil die Kreisverwaltung wohl die Mittel für den Bau eines Parkhauses seitens der Stadt nicht als genehmigungsfähig angesehen hat". Kaspar hat nach eigenen Angaben dann versucht, den ihm entstandenen Schaden - den er mit rund 20 000 Euro beziffert - vor Gericht durchzusetzen. Seine Klage sei allerdings abgewiesen worden.Vertrag mit Wäscherei


Den Alteigentümer ärgert aber auch, dass acht Wohnungen und eine Gewerbefläche für einen Parkplatz weichen sollen.
Der Vertrag mit der Reinigung in dem Gebäudekomplex laufe erst in zehn Jahren aus, sagt Kaspar. Er habe auch Wert darauf gelegt, die Wohnungen sozialverträglich anzubieten - Quadratmeterpreise will Rainer Kaspar im TV-Gespräch nicht nennen.
Laut dem Immobilienportal immowelt.de liegt in Saarburg derzeit der durchschnittliche Quadratmeterpreis - je nach Größe der Wohnung - zwischen 6,05 Euro und 6,87 Euro.
"Den Gebäudekomplex zu kaufen, ihn abzureißen und dann darauf Parkplätze zu schaffen, halte ich für pure Verschwendung von Steuermitteln", erklärt Kaspar. Er wehrt sich gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts und hat Widerspruch erhoben.
Die Stadt selbst will sich derzeit zu dem laufenden Verfahren nicht äußern.
Meinung

Von
Alexander SchumitzSozialverantwortliches Handeln gefragt
Dass der Verkäufer der Immobilie zwischen Gefängnis und Auffahrt zur Burg nicht gut auf die Stadt zu sprechen ist, ist aus seiner Sicht nachvollziehbar. Hat er doch in der Vergangenheit beim Versuch, den Gebäudekomplex an die Stadt zu verkaufen, schlechte Erfahrungen gemacht. Aber aus Sicht der Stadt darf sich das Mitleid in Grenzen halten. Sie hat sich das Zugriffsrecht auf eine Fläche mit Potenzial vor dreieinhalb Jahren gesichert und übt es jetzt aus. Dagegen ist auch grundsätzlich nichts zu sagen. Aber die Stadt sollte, bevor sie leichtfertig bezahlbaren Wohnraum zerstört, Sorge dafür tragen, dass sie adäquate Wohnungen baut und zu vergleichbaren Preisen vermietet oder mit Sozialauflagen weiterverkauft. Das wäre sozialverantwortliches Handeln, das der Stadt gut zu Gesicht stehen würde. saarburg@volksfreund.de
Extra

Nach Paragraf 25 des Bau-Gesetzbuches (BauGB) kann die Gemeinde in bestimmten Fällen durch Satzung ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten im Rahmen der Bauleitplanung festlegen. Im Falle dieses sogenannten "besonderen" Vorkaufsrechts muss die Gemeinde nach dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrages erklären, ob sie ihr Vorkaufsrecht ausübt oder darauf verzichtet. Die Gemeinde würde, wenn sie ihr Recht nicht ausübt, ein Negativattest ausstellen, das dem Grundbuchamt mitvorzulegen ist, damit es das Eigentum umschreibt. itz

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