Stolpersteine für Saarburg

Saarburg · Sobibor, Buchenwald, Auschwitz: Die Orte stehen für die systematische Vernichtung von Menschen. Im August wird Saarburg seine ersten Stolpersteine bekommen, die an die Opfer erinnern sollen. Eine Arbeitsgruppe hat erschütternde Geschichten von Saarburger Familien zusammengetragen.

Saarburg. Die Tötungsmaschinen der Nazis laufen. Sie laufen perfekt. Am 1. März 1943 werden der jüdische Metzger Hugo Wolf aus Saarburg, seine Frau Hedwig und der 13 Jahre alte Sohn Silwe aus der Trierer Zwangsunterkunft deportiert. Nur zwei Tage später ist die Familie tot. Ermordet im Vernichtungslager Auschwitz. Andere Familienmitglieder sterben in Sobibor, Majdanek oder Treblinka. Ihr Schicksal teilen die Beu riger mit mindestens 20 anderen Juden aus Saarburg. Nur wenigen Verfolgten gelingt die Flucht. Wie den Eheleuten Nathan und Hedwig Meyer, die später nach Saarburg zurückkehren. Ihr Sohn Siegfried und viele andere Familienmitglieder dagegen überleben nicht.In Zukunft sollen Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig an ihre Geschichte erinnern. In ganz Deutschland mahnen bereits viele kleine Messingplatten, eingelassen in den Boden. In Saarburg werden es die ersten sein.Eine parteiübergreifende Aktionsgruppe sucht mit Unterstützung vieler Helfer seit etwa eineinhalb Jahren systematisch nach den Spuren der Opfer von Rassenwahn, Judenverfolgung, politischem Terror oder Euthanasie. "Die Recherchen werden noch lange dauern. Mehr als 25 jüdische Opfer haben wir bisher ermittelt", sagt Edith van Eijck von der Arbeitsgruppe. Im August verlegt Demnig die Betonwürfel, auf denen die Messingplatten mit Namen und Todestag befestigt sind. Er hatte vor etwa 20 Jahren in Köln die Idee zu diesen kleinen Mahnmalen. 2011 war er auch im Saarburger Land: Damals schuf er für Freudenburg 24 Steine. Dort gab es vor dem Krieg eine bedeutende jüdische Gemeinde.Schüler des Saarburger Gymnasiums beteiligen sich eifrig an der Recherche nach dem Leidensweg der Opfer. Sie haben Erfahrung mit dem Thema. Schon für die Freudenburger Biografien steuerten sie wichtige Informationen bei. Der pensionierte Saarburger Geschichtslehrer Günther Heidt hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Schülern akribische Detektivarbeit geleistet. Er gilt als Experte für die Geschichte der Juden in der Region. Nun werden weitere Zeitzeugen und Dokumente gesucht.Etwa 4000 Euro kostet das Projekt, das auf Spenden angewiesen ist. Weitere Kosten entstehen, wenn Angehörige Verfolgter nach Saarburg eingeladen werden. "Der Verein für offene Jugendarbeit hat ein Konto eingerichtet", sagt Beate Zastrau, Vorsitzende des Vereins. Simone Thiel schätzt die Stolpersteine: "Wenn man daran vorbeikommt, muss man automatisch innehalten." Alfred Jager, wie Thiel in der Arbeitsgruppe, sieht das ähnlich: "Das waren doch unsere Nachbarn. Mit den Stolpersteinen rücken sie wieder viel näher an uns heran. Mit einem zentralen Denkmal geht das nicht so gut." Bei der Lektüre der Forschungsergebnisse laufen einem kalte Schauer über den Rücken. Die Nazis hatten die Menschenvernichtung nicht nur perfektioniert. Sie töteten auch noch während der letzten Kriegstage. Siegfried Meyer wird im Sommer 1940 auf eine Odyssee gezwungen, die ihn in 13 verschiedene Lager führt - darunter Poitiers, Auschwitz und Buchenwald. Am 8. Mai 1945 kapituliert die Wehrmacht. Noch im April stirbt Meyer in Halberstadt an Hunger und Erschöpfung.Spendenkonto: Verein für offene Jugendarbeit Saarburg e. V., Sparkasse Trier, Kontonummer 0170 075 246, BLZ 585 501 30, Verwendungszweck: Stolpersteine. Infos bei Edith van Eijck unter Telefon 06581/3336stolpersteine-saarburg.de

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